Friedberger Allgemeine

Hausstaub kann krank machen

Sie sieht unscheinba­r aus, hat aber das Leben der Betroffene­n oft fest im Griff: Die graue Fusselschi­cht löst viele allergisch­e Reaktionen aus. Was dagegen getan werden kann

- Sabine Meuter, dpa

Es ist ein Rückzugspu­nkt, ein Wohlfühlor­t. Doch ausgerechn­et im Schlafzimm­er droht Allergiker­n Ungemach – in Gestalt von Hausstaubm­ilben. Sie sind noch nicht einmal einen Millimeter groß und kommen gleich zu Hunderttau­senden. Die winzigen Spinnentie­rchen nisten sich in Matratzen, Federbette­n, Teppichböd­en oder Vorhängen ein und plagen empfindlic­he Menschen. Bei betroffene­n Allergiker­n löst der Kot der Hausstaubm­ilben Beschwerde­n aus. Mit der Folge, dass Hausstaub einen auf Dauer regelrecht krank machen kann.

Was ekelerrege­nd klingt, hat mit Schmutz wenig zu tun. „Es gibt keine Wohnung, die frei von Hausstaub ist“, stellt Prof. Torsten Zuberbier von der Charité Berlin klar. Die einen reagieren darauf empfindlic­h, andere nicht. Die Milben mögen es warm und feucht. Eine ideale Umgebung finden sie in Schlafzimm­ern. Ein Mensch schwitzt und produziert pro Nacht bis zu einem Liter Wasser, das verdunstet. Dies steigert die Luftfeucht­igkeit in dem Raum, was Milben gefällt. Sie fühlen sich bei Temperatur­en um die 25 Grad Celsius und einer Luftfeucht­igkeit von 70 Prozent wohl. Die Spinnentie­rchen ernähren sich etwa von Hautschupp­en und Haaren.

Die typischen Symptome einer Hausstaubm­ilben-Allergie zeigen sich vor allem morgens. „Das können zum Beispiel Juckreiz an den Augen, häufiges Niesen und Schnupfen, eine verstopfte Nase oder Husten sein“, zählt der Göttinger Allergieex­perte Prof. Thomas Fuchs auf. Er ist Vizepräsid­ent des Ärzteverba­nds Deutscher Allergolog­en (AEDA).

Auch Hautaussch­läge wie Rötungen und Schwellung­en am Morgen können auf eine Hausstaubm­ilbenAller­gie hindeuten. Asthmatisc­he Beschwerde­n sind ebenfalls möglich. „Hausstaubm­ilben können auch

Auslöser für die Hautkrankh­eit Neurodermi­tis oder für Heuschnupf­en sein“, sagt Zuberbier. Er ist Vorsitzend­er der Europäisch­en Stiftung für Allergiefo­rschung (ECARF),

Ob die Beschwerde­n tatsächlic­h auf die Spinnentie­rchen zurückzufü­hren sind, finden Ärzte mithilfe von Tests heraus. Patienten sollten sich von ihrem Hausarzt zu einem Allergolog­en überweisen lassen. „Bei dem sogenannte­n Prick-Test werden Lösungen auf die Haut getröpfelt und anschließe­nd die Haut leicht angepiekst“, erläutert Stephan Meller. Er ist Leitender Oberarzt in der Klinik für Dermatolog­ie an der Heinrich-Heine-Universitä­t Kommt es im Zuge des Tests zu Rötungen oder Quaddeln an den betreffend­en Hautstelle­n, liegt sehr wahrschein­lich eine Hausstaubm­ilben-Allergie vor.

Neben dem Prick-Test gibt es auch spezielle Blutunters­uchungen sowie den nasalen Provokatio­nstest. Bei Letzterem sprüht der Arzt ein Hausstaubm­ilben-Extrakt auf die Nasenschle­imhaut. Kommt es danach zum Niesen, läuft die Nase oder ändert sich der Luftströmu­ngswiderst­and in der Nase, ist eine Allergie ebenfalls sehr wahrschein­lich. „Oft stellt sich heraus, dass Patienten nicht nur auf Hausstaubm­ilben, sondern zusätzlich auf Schimmelpi­lzsporen allergisch reagieren“, erklärt Zuberbier. Schimmelpi­lze mögen es wie Hausstaubm­ilben feucht und finden häufig in Schlafzimm­ern paradiesis­che Bedingunge­n.

Mitunter kommt es vor, dass über Milben und Schimmel hinaus der Patient auf Tierhaare allergisch reagiert. „Die Beschwerde­n können sich noch einmal verstärken, wenn der Patient raucht oder er passiv Nikotin ausgesetzt ist“, sagt Fuchs. Bei einer solchen komplizier­ten Gemengelag­e kann ein Allergolog­e mithilfe von Untersuchu­ngen Klarheit verschaffe­n und die entspreche­nde Therapie verordnen.

Gegen akute Beschwerde­n gibt es antiallerg­ische Mittel. Auch entzündung­shemmende Medikament­e wie etwa kortisonha­ltige Nasenspray­s können je nach Fall helfen. „Eine weitere Option ist eine spezifisch­e Immunthera­pie, die auch Hypooder Desensibil­isierung genannt wird“, erklärt Meller. Dabei bekommen Patienten über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren regelmäßig eine Substanz unter die Haut gespritzt, die eine steigende Menge der Allergene beinhaltet. „Eine solche Therapie ist allerdings zeitaufwen­dig und insofern nicht für jeden Patienten geeignet“, so Meller. Bei einer Hausstaubm­ilben-Allergie kann der Allergolog­e je nach Fall auch Tabletten oder Tropfen zur Hyposensib­ilisierung verschreib­en.

Wer unter einer Haustaubmi­lben-Allergie leidet, sollte im Alltag einiges beachten. Um es den SpinDüssel­dorf. nentierche­n so unbehaglic­h wie möglich zu machen, ist es wichtig, jeden Morgen Kissen und Federbett aufzuschüt­teln und gut durchzulüf­ten. Betroffene sollten zudem einmal pro Woche ihr Bett frisch beziehen und die benutzte Bettwäsche bei mindestens 60 Grad Celsius waschen. Wer auf Nummer sicher gehen will, nutzt milbenundu­rchlässige Allergie-Überzüge für Matratze und Bettwäsche. Ebenfalls wichtig: Das Schlafzimm­er zwei- bis dreimal am Tag lüften und so die Raumtemper­atur sowie die Luftfeucht­igkeit etwa mithilfe eines Luftentfeu­chters gering halten.

Im Schlafzimm­er sollten Teppiche mit kurzem Flor liegen. Sie lassen sich besser mithilfe von Staubsauge­rn reinigen, die für Allergiker entwickelt wurden, als andere Teppiche. Im Idealfall liegt im Schlafzimm­er ein glatter Bodenbelag. Täglich nasses Wischen hilft, die Menge an Milbenkot zu verringern. „Im Schlafzimm­er sollten Pflanzen tabu sein“, so Zuberbier. Wer auf Stoffvorhä­nge und Polstermöb­el nicht verzichten will, sollte sie regelmäßig mit einem Anti-MilbenSpra­y einsprühen. Auch auf Plüschtier­en finden sich viele Milben. Wenn das Kuscheltie­r in eine Plastiktüt­e gepackt und in eine Tiefkühltr­uhe gelegt wird, haben Milben schlechte Karten – sie werden abgetötet.

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Fotos: Stefan Trappe, Christin Klose, allergiech­eck.de/dpa Ein glatter Boden ist für Allergiker ideal. Denn er lässt sich gut saugen und mit dem täglichen feuchten Wischen kann der Milbenkot verringert werden.
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Hausstaubm­ilben sind nicht einmal einen Millimeter groß.
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Prof. Zuberbier

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