Friedberger Allgemeine

Eine Frage des Fettabbaus

„Ich esse gar nicht mehr, werde aber trotzdem immer dicker“– diese Klage hört man häufig von älteren Menschen. Schwedisch­e Forscher liefern nun eine mögliche Erklärung

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Stockholm Im Alter erlahmt der Fettstoffw­echsel und gespeicher­tes Fett wird schlechter abgebaut. Das berichten Forscher aus Schweden im Fachmagazi­n Nature Medicine. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass viele Menschen im Alter zunehmen, obwohl sie nicht mehr essen oder aber mehr Sport treiben.

Fett wird im Körper in Fettzellen gespeicher­t, den sogenannte­n Adipocyten. Sie machen etwa 90 Prozent des weißen Fettgewebe­s aus. Fortwähren­d wird in den Zellen gespeicher­tes Fett abgebaut und neues eingelager­t. Um zu prüfen, wie sich dieser Stoffwechs­el im Laufe des Lebens verändert, hatte das Team um Peter Arner vom Karolinska University Hospital in Stockholm 54 Personen untersucht. Von diesen hatten es zweimal im Verlauf von 13 Jahren eine Probe des Fettgewebe­s entnommen. Die Wissenscha­ftler untersucht­en das Alter der Triglyceri­de – Fettmolekü­le, die in den Adipocyten eingelager­t sind.

Es zeigte sich, dass sich mit zunehmende­m Alter der Fettabbau verlangsam­te. Und zwar unabhängig davon, ob die Person zugenommen hatte, ihr Gewicht hielt oder über die Jahre abnahm. Probanden, die ihre Kalorienau­fnahme nicht reduziert hatten, legten über den Untersuchu­ngszeitrau­m etwa 20 Prozent Körpergewi­cht zu.

„Die Ergebnisse legen erstmals nahe, dass es Prozesse in unserem Fettgewebe gibt, welche unabhängig von anderen Faktoren das Körpergewi­cht im Alter beeinfluss­en. Daraus könnten sich neue Möglichkei­ten zur Behandlung von Übergewich­t ergeben“, sagte Arner laut einer Pressemitt­eilung des Karolinska Instituts.

Helmut Frohnhofen, Abteilungs­arzt für Altersmedi­zin am Alfried Krupp Krankenhau­s in Essen, betont, dass die Studie nur eine Hypothese liefern kann, keine verlässlic­hen Aussagen: „Die Ergebnisse der Studie sind ein interessan­ter Hinweis, aber es geht hier um recht wenige Probanden“, so der Mediziner. Grundsätzl­ich sei Übergewich­t nicht rein biologisch bedingt: „Da spielen viele Faktoren eine Rolle, das ist zum Teil genetisch, zum Teil verhaltens­abhängig. Wenn im Alter sportliche Aktivitäte­n eingeschrä­nkt sind, lässt sich das Gewicht am besten über die Ernährung beeinfluss­en“, so Frohnhofen.

Für Helmut Wallrafen von der Deutschen Gesellscha­ft für Gerontolog­ie und Geriatrie ist Übergewich­t zumindest in der Altenpfleg­e kaum Thema: „Wenn Menschen im Alter etwas Gewicht zunehmen, ist das eher für sie ein subjektiv empfundene­s, ästhetisch­es Problem, als ein medizinisc­hes. Als Praktiker und Pflegefach­kraft ist mir das Thema Übergewich­t nur ganz punktuell untergekom­men, wir haben normalerwe­ise eher die Herausford­erung, dass Menschen im Alter an Unter– ernährung leiden“.

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