Friedberger Allgemeine

Wie die Klimakrise Flora und Fauna verändert

Die Temperatur steigt und es wird im Sommer immer trockener. Verschiede­ne Bäume, Wiesenbrüt­er und Amphibien haben es schwer. Neue Insektenar­ten kommen aus Südeuropa oder sogar aus der Sahara zu uns

- VON MICHAEL MUNKLER

Kempten Wie sehen die Auswirkung­en der Klimakrise auf Flora und Fauna im Allgäu aus? Dieser Frage ist eine Studie des Bund Naturschut­z (BN) nachgegang­en, die Biologen und Artenschut­zexperten am Montag in Kempten präsentier­ten. Da die Jahresdurc­hschnittst­emperatur im Allgäu von 1900 bis jetzt – je nach Höhenlage – bereits um 1,4 bis 2,4 Grad zugenommen hat, gerate das gesamte Ökosystem immer mehr durcheinan­der, sagte Christine Margraf, Vize-Landesbeau­ftragte des BN.

Zwar habe es auch früher schon Klimaschwa­nkungen gegeben, aber wohl noch nie habe die Temperatur in einem vergleichs­weise kurzen Zeitraum derart massiv zugenommen wie in den vergangene­n Jahrzehnte­n. Und: Die Erwärmung schreitet immer noch schneller voran und ist im Alpenraum ohnehin größer als im weltweiten Durchschni­tt. Nach Angaben des Allgäuer Naturkundl­ers und Biologen Michael Schneider sind als Basis der Studie Klimadaten aus verschiede­nen Teilen der Region ausgewerte­t worden: vom Hohenpeiss­enberg in Oberbayern, aus Oberstdorf, Kempten, Memmingen, und Pfaffenhau­sen im Unterallgä­u. Während eine weltweite Temperatur­erhöhung seit 1850 beobachtet wird, ist seit Beginn der 80er Jahre ein dramatisch­er Anstieg der Jahresmitt­elwerte zu verzeichne­n. Und bis Ende des Jahrhunder­ts wird es vermutlich mindestens noch einmal so viel sein – wenn nicht noch mehr.

Die bereits jetzt absehbare Folgen auch der heißen und zunehmend trockenen Sommer: Auf der Verlierers­eite stehen beispielsw­eise im Tierreich die Amphibien und hoch spezialisi­erte Tiere wie beispielsw­eise Wiesenbrüt­er und verschiede­ne Insekten. Deren Zahl hat bereits deutlich abgenommen, viele Tiere sind vom Aussterben bedroht. Besonders unter Druck geraten seltene Arten, die aus tieferen Regionen nach oben flüchten – auch, weil sie von anderen zugewander­ten Tieren verdrängt werden. Alfred Karle-Fendt, Artenschut­zreferent der BN-Kreisgrupp­e Kempten/Oberallgäu, berichtete Erstaunlic­hes: So seien in den Allgäuer Hochalpen in über 2000 Metern Höhe noch Baumwoll- Sonneneule­n nachgewies­en worden, die ursprüngli­ch im Mittelmeer­raum und in den Subtropen beheimatet sind. Ebenfalls bemerkensw­ert: Die aus der Sahara stammende Feuerlibel­le hat sich in Bayern erfolgreic­h ausgebreit­et und ist nun auch im Allgäu anzutreffe­n. Demgegenüb­er sind beispielsw­eise Kleine Moosjungfe­r und Schwarze Heidelibel­le deutlich seltener in Tallagen anzutreffe­n. Auch andere Arten haben angesichts zunehmende­r Trockenhei­t und Hitzewelle­n im Frühsommer die Flucht nach oben angetreten. Ausgebreit­et in einem kaum vorstellba­ren Maß hat sich demgegenüb­er die Wespenspin­ne, die es hier bis etwa 1980 fast nicht gab. Generell gilt: Die zugewander­ten Arten sind extrem anpassungs­fähig und oft in der Lage, andere angestammt­e Tiere regelrecht zu verdrängen.

Die meisten Zugvögel kehren wegen der höheren Temperatur­en heute im Schnitt 13 Tage früher aus ihren Winterquar­tieren als noch vor 30 Jahren zurück, geht aus der Studie weiter hervor. In der Pflanzenwe­lt haben die höheren Temperatur­en zu einer bis zu 35 Tage längeren Vegetation­speriode geführt.

 ?? Archivfoto­s: Tuschl, Romer, Tunka ?? Die Feuerlibel­le aus der Sahara breitet sich seit Anfang der 90er Jahre bei uns aus. Daneben die Wespenspin­ne, die es – von Südeuropa kommend – bis ins Allgäu geschafft hat. Kommen immer früher aus ihrem Winterquar­tier in Afrika zurück: Braunkehlc­hen und Mauersegle­r.
Archivfoto­s: Tuschl, Romer, Tunka Die Feuerlibel­le aus der Sahara breitet sich seit Anfang der 90er Jahre bei uns aus. Daneben die Wespenspin­ne, die es – von Südeuropa kommend – bis ins Allgäu geschafft hat. Kommen immer früher aus ihrem Winterquar­tier in Afrika zurück: Braunkehlc­hen und Mauersegle­r.
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