Sind die Bauämter überfordert?
Im Freistaat herrscht akuter Mangel. Deshalb sollen Projekte nach dem Willen der Regierung schneller und günstiger werden. Bürgermeister aus dem Landkreis sehen beschlossene Maßnahmen der Staatsregierung aber kritisch
Aichach-Friedberg Digitale Bauanträge, über die binnen 90 Tagen entschieden werden muss und die sonst als angenommen gelten. Diese und andere Schritte möchte die Bayerische Staatsregierung gegen den Wohnungsmangel ergreifen. Wichtige Maßnahmen zur Lösung des Problems oder eine Überforderung der Kommunen? Das haben wir Bürgermeister aus Aichach-Friedberg und das Landratsamt gefragt.
Bauminister Hans Reichhart (CSU) betitelte zuletzt den Wohnungsbau als „eine der sozialen Fragen unserer Zeit“. Zusätzlich zur Beschleunigung und Digitalisierung der Anträge sollen unter anderem auch Höhen- und Abstandsregelungen flexibler, der Bestandsschutz gestärkt und der Brandschutz gelockert werden. Fördern möchte der Freistaat das Bauen mit Holz, weil es langfristig CO2 speichere. 10000 neue staatliche Sozialwohnungen sind ebenfalls Teil des Konzepts.
Ein Konflikt zeichnet sich dabei zwischen der Landesebene und den Kommunen ab. Ministerpräsident Markus Söder sagte jüngst: „Manchmal wollen wir mehr bauen, als die Kommunen genehmigen wollen.“Das sehen Bürgermeister im Landkreis anders.
● Friedberg Roland Eichmann (SPD) hält die Initiative der Staatsregierung für den falschen Weg. „Wir haben einen riesigen Wucher im Bau- und Planungsrecht, was zum Beispiel Emissionsschutz, Rettungswege, Barrierefreiheit und andere Bereiche angeht. In schwierigen Fällen geht das nicht binnen 90 Tagen“, sagt er. Eichmann beklagt, dass es auf der einen Seite immer mehr Regelungen gebe, andererseits jetzt aber das schnellere Bauen gefordert werde.
Ein weiteres Problem bestehe beim Personal in den jeweiligen Behörden. „Ich finde doch überhaupt keine Mitarbeiter. In Friedberg hat es gerade erst sehr lange gedauert, bis wir eine Vollzeitstelle mit zwei Teilzeitkräften auffangen konnten“, erklärt Eichmann. Er sieht erhebliche Gefahren für den Fall, dass die aktuellen Pläne Realität werden: „Sollen wir ein Mehrfamilienhaus mit Fragezeichen beim Brandschutz einfach durchwinken? Dafür werden wir dann nachher verantwortlich gemacht, wenn etwas passiert.“
Die Staatsregierung gehe gerade den bequemen Weg. „Sie sollte lieber das Baurecht ordentlich durchforsten“, sagt Eichmann. Für fragwürdig hält er das Bestreben, eine Wohnungsoffensive zu starten und gleichzeitig den Flächenverbrauch pro Tag im Freistaat gesetzlich stärker zu begrenzen.
● Mering Vor allem die Landratsämter betroffen sieht Bürgermeister Hans-Dieter Kandler (SPD): „Die könnten als Baubehörde bei 90 Tagen Zeit in Bedrängnis geraten. Für uns gelten ja jetzt schon 60 Tage Frist. Das ist auch keine große Schwierigkeit.“
Beim angestrebten sozialen Wohnungsbau im großen Umfang nennt er ein Beispiel aus der Marktgemeinde, das aus seiner Sicht den Widerspruch selbst innerhalb der Parteien auf Landes- beziehungsweise Kommunalebene deutlich macht. „Wir wollten am Kapellenberg ein gefördertes Neubaugebiet. Doch CSU und Grüne waren dagegen“, sagt Kandler. „Wer so etwas von oben vorgibt, sollte es dann auch vor Ort umsetzen.“Es brauche gewaltige rechtliche Vereinfachungen, um sowohl schneller, aber auch günstiger bauen zu können.
● Schmiechen Josef Wecker (Freie Wähler), Bürgermeister der Gemeinde mit rund 1300 Einwohnern, arbeitet selbst im Bauamt der Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf. „Teilweise habe ich den Eindruck, dass in den Landratsämtern Potenzial bei der Bearbeitungsdauer von Anträgen ist“, sagt er. Skeptisch steht Wecker dem Vorhaben der Staatsregierung dennoch gegenüber. Bisher habe jede geplante Vereinfachung des Baurechts zu einer Verkomplizierung geführt.
Ein zu starkes Wachstum wolle seine Gemeinde ohnehin nicht, da sich im gleichen Ausmaß auch immer die Infrastruktur mitentwickeln müsse. Bisher sei die Zahl der Bauanträge in Schmiechen überschaubar. „Durch unsere Zugehörigkeit zur Verwaltungsgemeinschaft Mering gibt es da wenig Probleme“, meint Wecker.
● Landkreis Das Landratsamt befürwortet Landrat Klaus Metzger (CSU) zufolge eine Entschlackung des Baurechts: „Das würde für viele Bürger, aber auch für die Verwaltung weniger Ärger aufgrund nicht immer nachvollziehbarer Vorschriften bedeuten.“Aichach-Friedberg beteilige sich zur Beschleunigung der Verfahren am Pilotprojekt „Digitale Baugenehmigung“. Metzger erklärt: „Ziel ist, bauaufsichtliche Anträge digital einreichen zu können, die zudem unmittelbar in die Fachanwendungsprogramme eingespeist werden sollen.“Diese Schnittstelle sei Kernstück des Pilotvorhabens.