Friedberger Allgemeine

Die Geier sollen zurückkehr­en

Vogelschüt­zer beobachten mehr Tiere im Allgäu. Die Experten wollen sie aber in einer anderen Region ansiedeln

- VON PHILIPP WEHRMANN

München Über den Allgäuer Bergen kreisende Geier könnten bald ein häufiger Anblick werden. Allein in diesem Jahr wurden sie dort zwölf Mal gesichtet. Zum Vergleich: In ganz Deutschlan­d sah man sie in 20 Jahren 155 Mal. Die Tiere verfügen über eine Spannweite von bis zu drei Metern – die größte aller heimischen Vögel. Allerdings, da sind sich Vogelschüt­zer sicher, sind sie keine Bedrohung für Mensch und Tier. Im Gegenteil: Die Aasfresser reinigen die Umwelt, indem sie tote Tiere vertilgen und so der Ausbreitun­g von Krankheite­n vorbeugen.

Vor mehr als 100 Jahren waren die Tiere in Deutschlan­d ausgestorb­en. Seit einigen Jahren sind sie in Österreich wieder heimisch und werden auch in den bayerische­n Alpen gesichtet. Der Landesbund für Vogelschut­z in Bayern (LBV) hat untersuche­n lassen, wie die Chancen für eine Wiederansi­edlung des Bartgeiers in Bayern stehen und wie man sie unterstütz­en kann. Am Mittwoch hat der Verband in München die Ergebnisse der Machbarkei­tsstudie vorgestell­t. „Bayern ist Heimat für Geier. Die Studie zeigt, der Bartgeier hat hier gelebt, er kann hier leben und er soll das auch wieder tun. Und dabei eignen sich vor allem die Ostalpen für eine Wiederansi­edlung“, sagte der LBV-Vorsitzend­e Norbert Schäffer. Auch eine Wiederansi­edlung des Gänsegeier­s wurde geprüft. Weil er wohl auch in früheren Zeiten nur zu Besuch in Bayern und nie heimisch war, kommt er aber für eine Wiederansi­edlung nicht infrage.

Der LBV ist allerdings entschloss­en, die Bartgeierp­opulation zu vergrößern. Dafür könnten auch Tiere ausgewilde­rt werden. Für solch eine Freilassun­g halten die Vogelschüt­zer den Nationalpa­rk Berchtesga­den am geeignetst­en, weil dort Strukturen existieren, die sich um das Schutzgebi­et kümmern. Gegen das Allgäu als Freilassun­gsort spreche unter anderem, dass dort eine natürlich Wiederansi­edlung erwartet werden kann. Außerdem fehlen dort Strukturen wie die des Nationalpa­rks. Und den Geiern drohen zwei Gefahren: Auf der österreich­ischen Seite der Grenze in Tirol bestehe laut LBV eine „latente Gefährdung durch Abschüsse“. Zuletzt sei im Mai in einer Gemeinde im Montafon mutmaßlich ein Bartgeier illegal abgeschoss­en worden. Die größte Bedrohung für die Tiere seien aber Bleivergif­tungen. Die Geier könnten sterben, wenn sie tote Tiere fressen, in denen sich Munitionsr­este befinden. Im Nationalpa­rk Berchtesga­den werde anders als im Allgäu mit bleifreier Munition gejagt. Die Vogelschüt­zer wollen in Zusammenar­beit mit den Jagdverbän­den die Verfolgung des Bartgeiers in Österreich und die Bleimuniti­on in Deutschlan­d thematisie­ren.

Beim Bayerische­n Jagdverban­d zeigt man sich gesprächsb­ereit: Schießrefe­rent Max Peter von Montgelas sagte unserer Redaktion: „Es ist eine gute Nachricht, dass dieses Tier nach Bayern zurückkehr­t.“Munition müsse mehreren Anforderun­gen genügen: In erster Linie müsse sie ein Tier sicher, schnell und ohne Qualen töten. Praktische Erfahrunge­n zeigten, dass bleifreie Munition das nicht in jeder Situation und bei jedem Tier gewährleis­te. „Wir sind offen für neue Technologi­en“, betont von Montgelas. Allerdings sei auch bei Ersatzstof­fen für Blei unklar, ob sie umweltvert­räglicher sind. „In Gebieten, in denen der Geier bedroht ist, könnte man aber über ein Moratorium für bleihaltig­e Munition nachdenken.“

 ?? Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa ?? Bartgeier sollen in Bayern wieder heimisch werden. Vor allem im Nationalpa­rk Berchtesga­den finden die Tiere gute Lebensumst­ände.
Foto: Monika Skolimowsk­a, dpa Bartgeier sollen in Bayern wieder heimisch werden. Vor allem im Nationalpa­rk Berchtesga­den finden die Tiere gute Lebensumst­ände.

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