Friedberger Allgemeine

Auf dem Sofa bei Freunden

Vor 25 Jahren lief die erste Folge der US-Serie „Friends“. Heute ist die Show ein kleines Stück Fernsehges­chichte – und eine der wenigen Sendungen, die immer neue Fans findet

- VON SARAH SCHIERACK

New York Vielleicht muss diese Geschichte am Ende beginnen, in der letzten Szene, dem Finale von „Friends“nach 236 Folgen und zehn Jahren Sendezeit. Dort treffen sich Phoebe, Rachel, Ross, Chandler, Monica und Joey, die sechs Hauptchara­ktere der Serie, noch einmal in der leer geräumten Wohnung von Monica und Chandler. Das Paar hat gerade Zwillinge bekommen, nun ziehen sie aus. Die Freunde legen ihre Haustürsch­lüssel auf den Tresen, einer nach dem anderen. Dann entscheide­n sie, noch einen letzten Kaffee zu trinken – natürlich im „Central Perk“, dem New Yorker Stammcafé mit dem verschliss­enen Teppich und dem sonnengelb­en Plüschsofa.

Es ist eine stille, eine gänzlich unaufgereg­te Szene, und doch gehört sie zu den wohl bewegendst­en Abschieds-Sequenzen der SerienGesc­hichte. Für die sechs Freunde

Zehn Staffeln wurden über die Jahre gesendet

endet in dieser Folge ein Lebensabsc­hnitt, und auch für viele Fans der Sendung fühlte es sich an, als ginge in diesen allerletzt­en Serienminu­ten etwas endgültig und unwiederbr­inglich zu Ende.

Es gab in den vergangene­n Jahrzehnte­n nicht viele Fernsehser­ien, die die Zuschauer so sehr ins Herz geschlosse­n haben wie „Friends“. Die US-Show, die vor 25 Jahren zum ersten Mal ausgestrah­lt wurde, gilt als eine der erfolgreic­hsten Sitcoms überhaupt, als ein Stück Fernsehges­chichte, das einer Zeit entsprunge­n ist, als Handys so groß waren wie Transistor­radios, Computer noch als Seltenheit galten und die Männer Anzüge trugen, die stets zwei Nummern zu groß wirkten.

Zehn Staffeln lang verfolgten Millionen Fans auf der ganzen Welt alle Tiefen und Höhen im Leben der sechs Hauptdarst­eller: Da waren die leicht penible, aber immer hilfsberei­te Monica (Courtney Cox) und ihr Bruder Ross (David Schwimmer), ein leicht exzentrisc­her Wissenscha­ftler. Dazu kamen Rachel (Jennifer Aniston), die zu Beginn der Serie ihren künftigen Ehemann am Traualtar verlässt, und Phoebe (Lisa Kudrow), eine Masseurin mit Hang zu skurrilen Musik-Darbietung­en. Und natürlich der erfolglose Schauspiel­er Joey (Matt LeBlanc) und sein Mitbewohne­r Chandler (Matthew Perry), dessen Job so langweilig ist, dass nicht einmal seine Freunde eine Ahnung haben, was er tagtäglich treibt.

Die Serie hat die bis dahin weitgehend unbekannte­n Hauptdarst­eller zu Weltstars gemacht. In der zehnten Staffel bekam jeder Einzelne von ihnen eine Million US-Dollar Gage – pro Folge. Und doch haben einige von ihnen mit ihrem Star-Dasein gehadert. Lisa Kudrow verriet erst vor kurzem in einem Interview, dass sie jahrelang mit ihrem mangelnden Selbstwert­gefühl gekämpft habe. Matthew Perry litt während der gesamten Dreharbeit­en unter seiner Drogensuch­t.

In der New Yorker Serienwelt von „Friends“ging es weitaus harmonisch­er zu. Die sechs Freunde wuchsen über die Jahre zu einer Art Ersatzfami­lie zusammen. Sie verliebten sich, trösteten einander bei Trennungen und bangten gemeinsam im Krankenhau­s, als Rachel in der achten Staffel ihre Tochter zur Welt brachte. Der Zuschauer war stets dabei, ganz, als säße er einfach nur auf der anderen Seite des gelben Sofas im „Central Perk“.

Das Konzept einer Serie, in der die Freunde füreinande­r zur Ersatzfami­lie werden, haben seitdem viele Sendungen kopiert: „How I met your mother“etwa oder „Big Bang Theory“. An die Brillanz des Originals mit seinen liebevoll gezeichnet­en Charaktere­n, dem pointierte­n Humor und dem komischen Talent jedes einzelnen Hauptdarst­ellers reichten sie jedoch nie ganz heran. „Friends“, urteilte vor kurzem die New York Times, „war einfaches Fernsehen auf Elite-Niveau“.

Dieses Erfolgsrez­ept funktionie­rt auch noch ein Vierteljah­rhundert nach der ersten Ausstrahlu­ng. Die Geschichte von Ross, Rachel, Monica, Phoebe, Chandler und Joey ist so universell, dass sie sich nicht nur weltweit, sondern auch immer wieder erzählen lässt. „Friends“ist eine der wenigen Serien, die von Jahr zu Jahr mehr Zuschauer gewinnt. Seit Netflix die Show in sein Programm aufgenomme­n hat, erlebt sie ein Comeback. Menschen, die jünger sind als die Serie selbst, bekunden im Internet ihre Begeisteru­ng, der Mode-Riese H&M verkauft „Friends“-T-Shirts und in New York hat das Filmstudio Warner Brothers gerade eine Ausstellun­g mit Original-Requisiten eröffnet.

Nur ein Wunsch wird sich wohl weder für alte noch für neue Zuschauer erfüllen: Seit Jahren hoffen die Fans auf eine Neuauflage der Sendung. Marta Kauffman und David Crane, die Schöpfer der KultSerie, halten davon jedoch nichts. Erst vergangene Woche erklärten sie: Ein Wiedersehe­n mit den sechs Freunden auf dem TV-Bildschirm werde es definitiv nicht geben.

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Foto: Disney Channel Die sechs Hauptdarst­eller von „Friends“sind durch die Serie reich geworden (von links): Matt LeBlanc, Lisa Kudrow, David Schwimmer, Matthew Perry und (vordere Reihe) Courtney Cox und Jennifer Aniston.

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