Diese Augsburger paddeln um WM-Titel
Doch bei den Meisterschaften in den spanischen Pyrenäen geht es um mehr – nämlich um die endgültige Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. So kämpft Sideris Tasiadis noch ums Ticket
Der Höhepunkt des Wettkampfjahres steht den deutschen Slalomkanuten bevor. Von 24. bis 29. September werden sie bei der Weltmeisterschaft im spanischen La Seu d‘Urgell aber nicht nur um die WM-Titel fahren, sondern, viel wichtiger – um die Olympiatickets für die Sommerspiele 2020 in Tokio. Allein vier Augsburger sind unter den zwölf deutschen Nationalmannschaftsmitgliedern, mit Ricarda Funk ist zudem eine Paddlerin dabei, die seit Jahren in Augsburg lebt und trainiert.
● Hannes Aigner Im Jahr 2018 hat der Kanute des Augsburger KajakVereins (AKV) auf der ehemaligen Olympiastrecke in Rio de Janeiro eindrucksvoll gezeigt, wie man sich einen Weltmeistertitel sichert. Der Bronzemedaillengewinner von London setzte sich in Brasilien mit einem starken Finalrennen gegen die internationale Konkurrenz durch und sicherte sich damit den bisher größten Erfolg in seiner Karriere. Nun reist Aigner als Titelverteidiger im Kajak Einer nach Spanien. Er kennt die Strecke aufgrund von zahlreichen Lehrgängen und Wettkämpfen bestens. „Im vergangenen Jahr beim Weltcup war ich dort Vierter. Es ist generell nicht einfach, dort eine vordere Platzierung zu erreichen. Aber ich denke, dass ich vorne mitfahren kann. Und vielleicht sogar gewinnen kann.“
Schon die laufende Saison verlief für den 30-jähringen Augsburger bisher hoch erfolgreich. Er gewann im K1 nicht nur die nationale Qualifikation auf seiner Heimatstrecke am Augsburger Eiskanal, sondern war auch bei den Weltcuprennen in London und Markkleeberg bestes deutsches Boot. Damit hat Aigner sein Olympiaticket so gut wie sicher in der Tasche. Allerdings muss das deutsche Kajak-Männerteam bei der WM noch einen Startplatz für Tokio herausfahren. Doch das sollte mit einem Platz unter den ersten 18 durchaus möglich sein. „Die Priorität liegt natürlich darauf, den Olympiastartplatz zu sichern und dann, je nachdem wie die Rennen laufen, den Titel zu verteidigen. Davon wird abhängen, ob ich auf Nummer sicher gehe oder Vollgas gebe“, sagt Hannes Aigner über seine Taktik. ● Sideris Tasiadis Die dritte Olympiateilnahme hat der Canadierspezialist von Kanu Schwaben Augsburg vor Augen. Allerdings befindet er sich noch mitten im Zweikampf mit seinem deutschen Nationalmannschaftskollegen Franz Anton (KC Leipzig) um den einzigen Olympia-Startplatz, den die deutschen Canadier-Männer überhaupt haben werden. Derzeit führt Tasiadis nach Siegen in der nationalen Qualifikation und beim Weltcup in London zwar mit 28 Punkten, doch Konkurrent Franz Anton hat mit einem dritten Platz beim Weltcup in Markkleeberg aufgeholt und sitzt Tasiadis dicht im Nacken. „Um meinen Olympiaplatz zu bekommen, muss ich gegen den amtierenden Weltmeister ran. Bis jetzt bin ich drei Punkte voraus, aber das kann sich natürlich ganz schnell ändern. Wenn er bei der WM vor mir liegt, dann ist es schon rum. Deshalb muss alles unbedingt passen.“
Allerdings hat der olympische Silbermedaillengewinner von London 2012 schon oft gezeigt, dass ihn Druck erst richtig motiviert. Die Strecke in La Seu d´Urgell kennt Tasiadis von zahlreichen Wettkämpfen wie Weltcups und Meisterschaften bestens. „Vom Wildwasser her ist sie nicht ganz so schwer, aber es gibt zwei, drei Walzen, die muss man perfekt fahren. Und man muss die engste Linie finden, weil auch die anderen Jungs richtig Gas geben werden.“Denn schließlich gehe es auch für die anderen Nationen darum, den Olympiastartplatz zu sichern.
● Florian Breuer Als dritter Canadier-Fahrer neben Tasidis und Anton hat sich Florian Breuer vom Augsburger Kajak-Verein (AKV) in der nationalen Qualifikation für das deutsche Trio qualifiziert. Allerdings ist er der Unglücksrabe im deutschen Team. Breuer verletzte sich früh in der Saison im Trainingslager in London bei einen Unfall mit seinem Boot, als er an einem Hindernis hängen geblieben war. „Daraus resultierten extreme Rückenschmerzen, sodass wir entschieden haben, dass ich mich auf die Reha konzentriere und die WM fahre, aber die anderen Wettkämpfe weglasse“, so Breuer.
Weil er entsprechend auch Trainingsrückstand hat, sieht er seine sportlichen Ziele in Spanien nüchtern. „Mit dem Weltmeistertitel wird es nichts, das kann ich schon mal sagen“, sagt er lachend, hofft aber auf einen für ihn versöhnlichen Saisonabschluss. „Grundsätzlich habe ich ein gutes Gefühl. Ein Semifinalplatz oder unter die Top 20, das wäre so mein Ziel.“
● Elena Apel Die 21-Jährige ist die Jüngste im Team. Als Überraschung zu Beginn der Saison paddelte sie sich sowohl im Kajak Einer als auch im Canadier Einer der Frauen ins Nationalteam – was für die junge Sportlerin der Kanu Schwaben Augsburg allerdings auch eine immense Doppelbelastung darstellt, da sie bei allen großen Wettkämpfen in beiden Bootsklassen an den Start geht. So auch in Spanien, denn selbst bei der Weltmeisterschaft will sie an ihrer Wettkampf-Routine nichts ändern.
Im Canadier Einer hat Apel auch durchaus die Chance, mit einer Top-Platzierung der derzeit Führenden Andrea Herzog das Olympiaticket noch abzuluchsen. Die Favoritin vom KC Leipzig hat derzeit einen Vorsprung von fünf Punkten.
Ein Patzer von Herzog bei der WM und Apel könnte die Nutznießerin werden. „Schon wenn ich darüber rede, bekomme ich Gänsehaut“, sagt Elena Apel mit Blick auf die durchaus noch mögliche Olympia-Qualifikation, „das wäre das Größte. Aber andererseits, wenn es nicht klappt, hätte ich ja noch 2024. Dann wäre es nicht so schlimm. Aber mein Anspruch ist natürlich, alles zu geben und es zu schaffen.“● Ricarda Funk Die Kajakfahrerin vom KSV Bad Kreuznach, die seit vielen Jahren ihren Lebensmittelpunkt in Augsburg und am Eiskanal hat, ist in ihrer Bootsklasse bereits als Olympiastarterin gesetzt. Selbst durch einen Sieg bei der WM würde keine deutsche Konkurrentin mehr an sie herankommen. Sollte das Team Deutschland, wie zu erwarten ist, einen K1-Frauen-Startplatz für Tokio herausfahren, wird Funk ihre erste Olympia-Teilnahme feiern können. „Ich kann daran noch gar nicht richtig denken, denn ich will die Konzentration für die WM erhalten. Für die Psyche war es bis jetzt schon eine sehr anstrengende Saison“, gesteht Funk. Doch nach ihren Top-Ergebnissen in den drei Olympia-Qualifikations-Wettkämpfen gilt natürlich auch sie als heiße Kandidatin auf den WM-Titel im Kajak Einer der Frauen.