Maaßen-Besuch heizt Streit in der CSU an
Der Konflikt zwischen dem Ortsverband Inningen und Parteichef Ullrich spitzt sich zu. Jüngster Auslöser ist ein Auftritt des früheren Verfassungsschutzpräsidenten in Augsburg. Doch der Ärger geht tiefer
Ein geplanter Auftritt des früheren Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, in Augsburg führt zu einem öffentlich ausgetragenen Konflikt in der CSU. Maaßen soll am Freitag, 8. November, im Kolpinghaus sprechen. Veranstalter ist der CSU-Ortsverband Inningen. Dessen Führungsriege sieht sich seit Längerem von der CSU-Führung um den neuen Bezirksvorsitzenden Volker Ullrich ausgebootet. Inningens Ortsvorsitzender Oliver Heim und dessen Stellvertreter Gerhard Schmid halten Ullrich vor, dass die CSU-Führung gezielt den Termin mit Maaßen behindere. Ihr Vorwurf lautet: „Dieser Anschlag auf die innerparteiliche Demokratie in der CSU Augsburg verstärkt leider den bisherigen Kurs der CSU-Führung zur gezielten Ausgrenzung bürgerlichkonservativer CSU-Mitglieder.“
Der seit Monaten schwelende parteiinterne Streit in der CSU spitzt sich somit nur wenige Monate vor der Kommunalwahl zu. Dabei spielt eine Rolle, dass der Inninger CSU-Chef Heim für die Bürgervereinigung Wir sind Augsburg (WSA) für den Stadtrat kandidiert. Dies stößt im CSU-Bezirksverband auf teils scharfe Kritik. Es könnte sein, dass Heim die Funktion des Ortsvorsitzenden niederlegen muss.
Dass Maaßen in Augsburg spricht, verbucht die Inninger CSUFührung als großen Erfolg. Sie hält Ullrich vor, dass er untersagt habe, Flyer für die Veranstaltung mit Maaßen zu drucken. Ein bereits veröffentlichter Hinweis des Bezirksverbandes in der E-Mail-Terminübersicht sei zudem wieder gelöscht worden. Ullrich reagierte mit Unverständnis auf die Aussagen aus Inningen: „Es gibt kein Verbot. Einladungen an die Mitglieder des CSU-Ortsverbands gehen wie gewohnt raus.“Der Bezirksverband werbe darüberhinaus aber nicht aktiv für den Termin. Dass die Inninger CSU den Termin mit Maaßen plane, sei nicht zu beanstanden, sagt der Augsburger Parteichef: „Die Frage ist, warum man mit der Veranstaltung in die Innenstadt geht.“ Ullrich betont: „Die CSU Augsburg hat Maaßen nicht eingeladen und würde ihn auch nicht einladen.“
Maaßen war in die Kritik geraten, weil er nach Ausschreitungen 2018 in Chemnitz daran zweifelte, dass es „Hetzjagden“gegen Ausländer gegeben habe. Entlassen wurde er schließlich, als er von „linksradikalen Kräften“in der SPD gesprochen hatte. Zuletzt war er im sächsischen und brandenburgischen Landtagswahlkampf auf Veranstaltungen der CDU aufgetreten. Er kommt am Freitag, 8. November, um 19 Uhr zu einem Vortrag mit Diskussion nach Augsburg ins Kolpinghaus. Das Thema lautet „Illegale Migration stoppen: Sicherheit für Deutschland“. Vermittelt hat die Einladung der stellvertretende Vorsitzende der Werteunion der CDU/CSU, Thomas Jahn. Die Werteunion nennt sich eine Basisbewegung der CSU, die auch in Bayern organisiert ist. Sie selbst sieht sich als Interessenvertretung der konservativen und wirtschaftsliberalen Mitglieder in der CSU. Ihr gehört unter anderem der Inninger Gerhard Schmid an, der sich in zahlreichen Mails wiederholt zur politischen Lage in Deutschland zu Wort gemeldet hat. So auch am Mittwoch.
Schmid und Heim werfen der Augsburger CSU im Streit um den Maaßen-Auftritt vor, dass der Bezirksverband „notwendige Diskussionen über das weiterhin ungelöste Problem der illegalen Migration“behindern wolle. Weil Deutschland Flüchtlinge aus Italien aufnehmen wolle, könne „Augsburg noch stärker als bisher Ziel der illegalen Migration vor allem aus Schwarzafrika werden“, schreiben die Inninger. Ihr Vorwurf: „Die CSUSpitze in Augsburg scheint dieses Vorhaben zu teilen und wird damit auch der Stadt und ihrer Bevölkerung schaden, auch durch Behinderung einer Veranstaltung, die dieses Problem thematisiert.“
Der Ortsverband Inningen hat etwas mehr als 20 Mitglieder. Heim und Schmid gelten seit Langem als parteiinterne Kritiker. Offen zutage traten die Differenzen im Sommer, weil kein Vertreter aus Inningen auf der CSU-Stadtratsliste steht. Nach Kritik sagte Oberbürgermeisterkandidatin Eva Weber: „Dass die CSU in Inningen nicht auf der Stadtratsliste der CSU berücksichtigt wurde, ist selbst verschuldet. Die CSU hat eine Liste zusammengestellt, die die bürgerliche Mitte abbildet. In Inningen gibt es dagegen Personen, die eher am rechten Rand anzusiedeln sind.“
Schmid antwortete: „Wer kritisch und konservativ als rechten Rand bezeichnet, stellt sich gegen die Grundsätze der CSU, die bürgerliche, liberale und konservative Auffassungen als Volkspartei bündelt.“Die politische Vita von Schmid ist durchaus spannend. Er war im Frühjahr 1968 ein bekanntes Gesicht in der linken Szene in Augsburg. Damals organisierte er Ostermärsche, hielt Vorträge über die Arbeiterbewegung und engagierte sich im Kritischen Seminar, einer Art Volkshochschule für Freidenker. Manche nannten ihn den „Dutschke von Augsburg“. Später folgte ein politischer Kurswechsel. Seit dem Jahr 1999 ist Schmid Mitglied der CSU. Im Ortsverband Inningen gilt er neben Heim als treibende Kraft.
Oliver Heim, der Mann mit CSUParteibuch, kandidiert nun bei der Wahl 2020 auf der Stadtratsliste der Bürgervereinigung Wir sind Augsburg (WSA), deren bekanntestes Gesicht der frühere Kulturreferent Peter Grab ist. Heim steht auf Platz 26, der als wenig aussichtsreich gilt. Vielmehr wurde die Kandidatur, als sie Mitte August bekannt wurde, eher als Politikum gesehen.
Es sieht nach einer CSU-internen Abrechnung aus, hieß es. Ullrich bestätigt, dass die Augsburger Führung genau auf das Geschehen in Inningen schaue: „Immerhin kandidiert jetzt der Ortsvorsitzende auf einer anderen Liste.“Ein Parteiausschlussverfahren stehe aktuell nicht zur Diskussion. Es werde allerdings zu prüfen sein, ob Heim Ortsvorsitzender bleiben könne. Darüber werde man bald im Kreisvorstand West beraten. Laut CSU-Satzung hätte Heim für die Kandidatur auf der WSA-Liste eine Genehmigung benötigt. Dies sei nicht geschehen. Es könne nicht angehen, sagt Ullrich, dass eine Führungsperson der Inninger CSU Veranstaltungen nutzen könnte, um für eine andere Partei zu werben. »