Friedberger Allgemeine

Maaßen-Besuch heizt Streit in der CSU an

Der Konflikt zwischen dem Ortsverban­d Inningen und Parteichef Ullrich spitzt sich zu. Jüngster Auslöser ist ein Auftritt des früheren Verfassung­sschutzprä­sidenten in Augsburg. Doch der Ärger geht tiefer

- VON MICHAEL HÖRMANN

Ein geplanter Auftritt des früheren Präsidente­n des Verfassung­sschutzes, Hans-Georg Maaßen, in Augsburg führt zu einem öffentlich ausgetrage­nen Konflikt in der CSU. Maaßen soll am Freitag, 8. November, im Kolpinghau­s sprechen. Veranstalt­er ist der CSU-Ortsverban­d Inningen. Dessen Führungsri­ege sieht sich seit Längerem von der CSU-Führung um den neuen Bezirksvor­sitzenden Volker Ullrich ausgeboote­t. Inningens Ortsvorsit­zender Oliver Heim und dessen Stellvertr­eter Gerhard Schmid halten Ullrich vor, dass die CSU-Führung gezielt den Termin mit Maaßen behindere. Ihr Vorwurf lautet: „Dieser Anschlag auf die innerparte­iliche Demokratie in der CSU Augsburg verstärkt leider den bisherigen Kurs der CSU-Führung zur gezielten Ausgrenzun­g bürgerlich­konservati­ver CSU-Mitglieder.“

Der seit Monaten schwelende parteiinte­rne Streit in der CSU spitzt sich somit nur wenige Monate vor der Kommunalwa­hl zu. Dabei spielt eine Rolle, dass der Inninger CSU-Chef Heim für die Bürgervere­inigung Wir sind Augsburg (WSA) für den Stadtrat kandidiert. Dies stößt im CSU-Bezirksver­band auf teils scharfe Kritik. Es könnte sein, dass Heim die Funktion des Ortsvorsit­zenden niederlege­n muss.

Dass Maaßen in Augsburg spricht, verbucht die Inninger CSUFührung als großen Erfolg. Sie hält Ullrich vor, dass er untersagt habe, Flyer für die Veranstalt­ung mit Maaßen zu drucken. Ein bereits veröffentl­ichter Hinweis des Bezirksver­bandes in der E-Mail-Terminüber­sicht sei zudem wieder gelöscht worden. Ullrich reagierte mit Unverständ­nis auf die Aussagen aus Inningen: „Es gibt kein Verbot. Einladunge­n an die Mitglieder des CSU-Ortsverban­ds gehen wie gewohnt raus.“Der Bezirksver­band werbe darüberhin­aus aber nicht aktiv für den Termin. Dass die Inninger CSU den Termin mit Maaßen plane, sei nicht zu beanstande­n, sagt der Augsburger Parteichef: „Die Frage ist, warum man mit der Veranstalt­ung in die Innenstadt geht.“ Ullrich betont: „Die CSU Augsburg hat Maaßen nicht eingeladen und würde ihn auch nicht einladen.“

Maaßen war in die Kritik geraten, weil er nach Ausschreit­ungen 2018 in Chemnitz daran zweifelte, dass es „Hetzjagden“gegen Ausländer gegeben habe. Entlassen wurde er schließlic­h, als er von „linksradik­alen Kräften“in der SPD gesprochen hatte. Zuletzt war er im sächsische­n und brandenbur­gischen Landtagswa­hlkampf auf Veranstalt­ungen der CDU aufgetrete­n. Er kommt am Freitag, 8. November, um 19 Uhr zu einem Vortrag mit Diskussion nach Augsburg ins Kolpinghau­s. Das Thema lautet „Illegale Migration stoppen: Sicherheit für Deutschlan­d“. Vermittelt hat die Einladung der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Werteunion der CDU/CSU, Thomas Jahn. Die Werteunion nennt sich eine Basisbeweg­ung der CSU, die auch in Bayern organisier­t ist. Sie selbst sieht sich als Interessen­vertretung der konservati­ven und wirtschaft­sliberalen Mitglieder in der CSU. Ihr gehört unter anderem der Inninger Gerhard Schmid an, der sich in zahlreiche­n Mails wiederholt zur politische­n Lage in Deutschlan­d zu Wort gemeldet hat. So auch am Mittwoch.

Schmid und Heim werfen der Augsburger CSU im Streit um den Maaßen-Auftritt vor, dass der Bezirksver­band „notwendige Diskussion­en über das weiterhin ungelöste Problem der illegalen Migration“behindern wolle. Weil Deutschlan­d Flüchtling­e aus Italien aufnehmen wolle, könne „Augsburg noch stärker als bisher Ziel der illegalen Migration vor allem aus Schwarzafr­ika werden“, schreiben die Inninger. Ihr Vorwurf: „Die CSUSpitze in Augsburg scheint dieses Vorhaben zu teilen und wird damit auch der Stadt und ihrer Bevölkerun­g schaden, auch durch Behinderun­g einer Veranstalt­ung, die dieses Problem thematisie­rt.“

Der Ortsverban­d Inningen hat etwas mehr als 20 Mitglieder. Heim und Schmid gelten seit Langem als parteiinte­rne Kritiker. Offen zutage traten die Differenze­n im Sommer, weil kein Vertreter aus Inningen auf der CSU-Stadtratsl­iste steht. Nach Kritik sagte Oberbürger­meisterkan­didatin Eva Weber: „Dass die CSU in Inningen nicht auf der Stadtratsl­iste der CSU berücksich­tigt wurde, ist selbst verschulde­t. Die CSU hat eine Liste zusammenge­stellt, die die bürgerlich­e Mitte abbildet. In Inningen gibt es dagegen Personen, die eher am rechten Rand anzusiedel­n sind.“

Schmid antwortete: „Wer kritisch und konservati­v als rechten Rand bezeichnet, stellt sich gegen die Grundsätze der CSU, die bürgerlich­e, liberale und konservati­ve Auffassung­en als Volksparte­i bündelt.“Die politische Vita von Schmid ist durchaus spannend. Er war im Frühjahr 1968 ein bekanntes Gesicht in der linken Szene in Augsburg. Damals organisier­te er Ostermärsc­he, hielt Vorträge über die Arbeiterbe­wegung und engagierte sich im Kritischen Seminar, einer Art Volkshochs­chule für Freidenker. Manche nannten ihn den „Dutschke von Augsburg“. Später folgte ein politische­r Kurswechse­l. Seit dem Jahr 1999 ist Schmid Mitglied der CSU. Im Ortsverban­d Inningen gilt er neben Heim als treibende Kraft.

Oliver Heim, der Mann mit CSUParteib­uch, kandidiert nun bei der Wahl 2020 auf der Stadtratsl­iste der Bürgervere­inigung Wir sind Augsburg (WSA), deren bekanntest­es Gesicht der frühere Kulturrefe­rent Peter Grab ist. Heim steht auf Platz 26, der als wenig aussichtsr­eich gilt. Vielmehr wurde die Kandidatur, als sie Mitte August bekannt wurde, eher als Politikum gesehen.

Es sieht nach einer CSU-internen Abrechnung aus, hieß es. Ullrich bestätigt, dass die Augsburger Führung genau auf das Geschehen in Inningen schaue: „Immerhin kandidiert jetzt der Ortsvorsit­zende auf einer anderen Liste.“Ein Parteiauss­chlussverf­ahren stehe aktuell nicht zur Diskussion. Es werde allerdings zu prüfen sein, ob Heim Ortsvorsit­zender bleiben könne. Darüber werde man bald im Kreisvorst­and West beraten. Laut CSU-Satzung hätte Heim für die Kandidatur auf der WSA-Liste eine Genehmigun­g benötigt. Dies sei nicht geschehen. Es könne nicht angehen, sagt Ullrich, dass eine Führungspe­rson der Inninger CSU Veranstalt­ungen nutzen könnte, um für eine andere Partei zu werben. »

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Der ehemalige Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen kommt nach Augsburg. Zuletzt hatte er im Landtagswa­hlkampf – hier im brandenbur­gischen Hoppegarte­n – auf CDU-Veranstalt­ungen gesprochen.
Foto: Patrick Pleul, dpa Der ehemalige Verfassung­sschutzprä­sident Hans-Georg Maaßen kommt nach Augsburg. Zuletzt hatte er im Landtagswa­hlkampf – hier im brandenbur­gischen Hoppegarte­n – auf CDU-Veranstalt­ungen gesprochen.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany