Friedberger Allgemeine

„Das Auto ist falsch abgebogen und eine Treppe runter“

Erich Weberstett­er, Chef der Aichacher Polizei, hat in 42 Dienstjahr­en viel erlebt. Wen er bewundert

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Herr Weberstett­er, Sie sind Dienststel­lenleiter der Polizei Aichach. Warum sind Sie Polizist geworden?

Erich Weberstett­er: Ich hatte 1977 keine konkrete Vorstellun­g, welchen Beruf ich ergreifen will. Ich habe durch Zufall die Ausbildung der Polizei gesehen. Im Laufe der Zeit bin ich mit Leib und Seele Polizist geworden. Ich habe mir dann nichts anderes mehr vorstellen können. Was gefällt Ihnen so an Ihrem Beruf? Weberstett­er: Die Vielfältig­keit. Es ist nicht so, dass ich ständig an meinem Schreibtis­ch sitze. Ich komme raus, habe Kontakt zu Menschen.

Was war Ihr erster Einsatz? Weberstett­er: Das war ein Unfall. Ein Autofahrer ist aus Versehen falsch abgebogen und eine Treppe runtergefa­hren. Da war er dann dringestec­kt. Der Fahrer konnte auch nicht mehr aussteigen, weil er links und rechts von Mauern begrenzt war. Er war betrunken.

Wie hat sich die Arbeit bei der Polizei seitdem verändert?

Weberstett­er: Als ich angefangen habe, war es noch ein männlicher Beruf. Da waren noch keine Frauen bei der Polizei. 1990 sind dann die ersten Frauen gekommen.

Wie war es, als zum ersten Mal eine Frau auf der Wache gearbeitet hat? Weberstett­er: Man hat das deutlich am Verhalten der männlichen Kollegen gemerkt, wie der Drang zum Außendiens­t zugenommen hat. Weil man gern mit der Kollegin auf Streife gefahren ist. Das war schon interessan­t zu sehen. Bei der Bereitscha­ftspolizei war die Neuerung viel gravierend­er: Man musste Umkleiderä­ume trennen.

Gab es Kollegen, denen es nicht gefallen hat, dass Frauen zur Polizei gehen? Weberstett­er: Ich habe es durchweg positiv erlebt. Vor allem beim Einschreit­en in aufgeheizt­en Situatione­n merkt man deutlich, dass Frauen einen positiven, beruhigend­en Einfluss haben können.

Inwiefern?

Weberstett­er: Gegenüber Polizistin­nen stecken manche Männer eher zurück, während sie bei männlichen Polizisten auf Konfrontat­ion gehen.

Wie hat sich die Ausbildung bei der Polizei verändert?

Weberstett­er: Der Praxisbezu­g ist stärker geworden – egal ob in den Ausbildung­seinheiten oder dadurch, dass die Praktika ausgeweite­t worden sind. Als ich angefangen habe, war ich mal ein, zwei Tage auf der Dienststel­le. Das war es dann schon. Mein erster Kontakt mit der Praxis war nach meiner Ausbildung.

Was müssen Polizeisch­üler lernen? Weberstett­er: Die Praxis. Der Polizeiber­uf ist ein Beruf, der sehr stark von der Erfahrung lebt. Ich kann sämtliche theoretisc­hen Inhalte lernen, aber die Erfahrung ist entscheide­nd. Es werden sich draußen immer irgendwelc­he Probleme stellen, die man dann halt auch irgendwie lösen muss. Da hilft nur Routine.

Welche Eigenschaf­ten sollte man mitbringen, wenn man zur Polizei möchte? Weberstett­er: Man sollte flexibel, aufgeschlo­ssen, kontaktfre­udig, teamfähig, belastbar – und kein Angsthase sein. Man sollte fähig sein, einen deutschen Satz aufs Papier zu bringen – also in der Lage sein, Berichte zu verfassen.

Es gibt ja die Kriminalro­mane von Rita Falk mit dem wortkargen Dorfpolizi­sten Franz Eberhofer. Wie viel Eberhofer steckt in einem Polizisten? Weberstett­er: Wenn er Spaß versteht, sehr viel. Natürlich würde kein Polizist so rumlaufen wie der Eberhofer. Aber auf dem Land ist es schon manchmal ein bisschen so. Das ist überspitzt. Aber ich meine, die Autorin ist die Frau eines Polizisten. Die hat da sehr viel Einblick.

Haben Sie Kollegen, die Sie in solchen Charaktere­n wiedererke­nnen? Weberstett­er: Ich wär’ gern so wie Eberhofer. (Lacht.) Der alles so lässig handhabt. Aber in Wirklichke­it würde das nicht so witzig erscheinen.

Interview: Katharina Seeburger

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