Kissing greift beim Heckenschnitt durch
Gemeinde sieht Handlungsbedarf und will die gesetzlichen Vorschriften nun von den Bürgern einfordern. Darüber diskutieren die Räte kontrovers
Kissing Nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz müssen Hecken und Sträucher so zurückgeschnitten werden, dass diese bündig mit dem Gartenzaun abschließen beziehungsweise eine uneingeschränkte Nutzung des öffentlichen Gehweges möglich ist. Bürgermeister Reinhard Gürtner sagte in der jüngsten Bauausschusssitzung, dass er von bestimmt 40 Leuten angesprochen worden sei, die sich bei ihm beschwerten, weil Hecken stark in Gehwege hineinragen. In diesem Fall sieht das Gemeindeoberhaupt sofortigen Handlungsbedarf.
„Es fällt immer wieder auf, dass die Hecken bei einem Rückschnitt nicht bündig mit dem Gartenzaun abschließen, sodass insbesondere für Passanten mit Gehhilfe eine uneingeschränkte Nutzung der Gehwege in voller Breite nicht möglich ist“, sagte er. Erst kürzlich sei ihm ein Fall zu Ohren gekommen, bei dem ein Kind sogar gestürzt sei, weil es an der Hecke hängen geblieben ist.
Menschen mit Behinderung oder Eltern mit Kinderwagen haben es stellenweise sehr schwer, wenn Bäume oder Hecken zu weit über den Zaun ragen.
In der Nachbargemeinde Mering hatten einige drastische Fälle schon vor über zwei Jahren zu einer Grundsatzentscheidung geführt. Hecken müssen nun komplett bis zur Grundstücksgrenze zurückgeschnitten werden, wie es auch schon das Bayerische Straßen- und Wegegesetz vorsieht.
Doch bis vor zwei Jahren drückte die Nachbargemeinde oft ein Auge zu. Der Vollzug des Vorhabens sorgte bei Grundstücksbesitzern für Unmut, Spaziergänger wiederum begrüßten das Grundsatzurteil. Auf diese beiden widersprüchlichen Meinungen muss sich wohl auch die Gemeinde Kissing einstellen.
Bürgermeister Gürtner hofft hier auf Verständnis. Gemeinderätin Petra Pfeiffer von der SPD dagegen will „Unverständige“zur Kasse bitten: „Die Eigentümer zu großer Hecken erhalten entsprechende Post von uns. Dann kontrolliert der Bauhof und fordert säumige Heckenschneider mit Frist noch einmal auf, ihrer Pflicht nachzukommen. Wenn das immer noch nicht geschehen ist, sollten wir eine Firma damit beauftragen und dann den Eigentümern den Schnitt in Rechnung stellen.“
Auch Wolfgang Hörig von den Freien Wählern forderte Konsequenzen. CSU-Fraktionsvorsitzender Franz-Xaver Seldmeyr lenkte ein: „Wir haben dieses Thema jedes Jahr wieder – ich bin mir sicher, wenn wir den Bürgern das Für und Wider nahebringen, nehmen sie das ernst.“Was Petra Pfeiffer allerdings bezweifelte. Als Problem erweist sich auch bestimmt eine immer größer werdende Anzahl der beliebten Thuja-Hecken, bei denen ein Rückschnitt ohne erhebliche optische Beeinträchtigung nicht mehr möglich ist. Das heißt, der beliebte Sichtschutz wird nie mehr grün, sondern bleibt scheußlich braun.
Bauamtsleiter Alfred Schatz zitierte aber nochmals das Straßenund Wegegesetz, das besagt: „Der Maßstab ist ein Lichtraumprofil von 2,50 Meter über Geh- und Radwegen sowie 4,50 Meter über dem Straßenraum.“Und das wird keineswegs überall eingehalten. Vorschrift ist aber: Rollstuhlfahrer oder Leute mit Gehwagen müssen die Bürgersteige in voller Breite und ohne Hindernisse nutzen können, damit sie nicht auf die Straße auszuweichen brauchen.
Allen Widrigkeiten zum Trotz stimmten alle Kissinger Bauausschuss-Mitglieder dafür, dass die Verwaltung die Grundstückseigentümer verstärkt darauf hinweisen soll, die überhängenden Zweige und Äste zurückzuschneiden. Falls es rechtlich zugelassen ist, sollen auch wirklich bei „uneinsichtigen Heckenbesitzern“Firmen mit dem Schnitt beauftragt und dann den Ei
gentümern in Rechnung gestellt werden.
In der Nachbargemeinde Mering wird das Ganze mittlerweile nach vielen Beschwerden noch strenger geregelt: Wer sich nicht rechtzeitig um den Rückschnitt seines Grünzeugs kümmert, erhält in Zukunft nicht nur einen blauen Brief vom Bauhof. Die Vorgehensweise ist dreistufig: Zunächst kommt eine schriftliche Bitte in freundlichem Ton, danach eine etwas deutlichere Erinnerung mit einer Fristsetzung. Wer dann immer noch nicht zur Heckenschere greift, muss mit einem formellen Verwaltungsverfahren rechnen.