Zum 40. Geburtstag auf den Pik Lenin
Stefan Loder aus Kissing besteigt in Kirgisistan seinen ersten Siebentausender. Im Zugspitzmassiv hat die Begeisterung fürs Bergsteigen begonnen – allerdings erst ziemlich spät
Steinach/Kirgisistan Ein außergewöhnliches Geschenk machte sich Stefan Loder zu seinem 40. Geburtstag selbst. Er stand nämlich genau eine Woche vor seinem Festtag erstmals auf einem Berggipfel, der höher als 7000 Meter war. Der Steinacher stand ganz oben auf dem Pik Lenin – genau auf 7134 Metern Höhe. Seinen 40. Geburtstag feierte er eine Woche nach diesem unvergesslichen Erlebnis – allerdings schon wieder in heimischen Gefilden. Einen Tag, bevor er 40 wurde, war er aus Kirgisistan zurückgekehrt.
Ende Juli war Loder nach intensiver Vorbereitung zu seiner 24-tägigen Expedition nach Kirgisistan aufgebrochen. Seit Silvester 2018 hatte Stefan Loder fast täglich für sein schwieriges Vorhaben trainiert. Bis Juli war er 700 Kilometer gelaufen, um den anstrengenden Aufstieg zum Pik Lenin mit seinen 7134 Metern bewältigen zu können. Am 11. August stand er schließlich nach 18 Tagen Aufstieg um 9.30 Uhr endlich mit seinem 36-jährigen Bergführer Sebastian Fuchs aus Kufstein und einem 33-jährigen Schwarzwälder auf dem Gipfel seines ersten Berges über 7000 Meter. Überwältigend war die Aussicht, die bis nach China, Kasachstan, Tadschikistan und Usbekistan reichte.
Beim Reiseanbieter „Alpine Welten“hatte der Steinacher die Tour gebucht. „Mein Bergführer Sebastian Fuchs war hoch motiviert. Auch er war zum ersten Mal auf dem Pik Lenin und es war für ihn ebenso sein höchster Berg“, erzählt Stefan Loder begeistert. Der Pik Lenin zähle zu den technisch einfachsten Bergen über 7000 Metern, erfordere aber viel Kondition, sagt Loder. Bei der Einreise gab es keine Probleme, er musste nur eine Expeditionsversicherung vorlegen, die eine Bergrettung in einer Höhe von über 7000 Metern abdeckt.
24 Tage dauerte die Reise. Sie begann mit einem Flug von München nach Istanbul und weiter zur Hauptstadt Bischkek. Von dort ging es über Osh noch sieben Stunden bis zum 280 Kilometer entfernten Basislager auf 3600 Meter Höhe. Dort gab es sechs Übernachtungen, ebenso im Lager 1 auf 4400 Metern.
Von dort bestieg die Gruppe den Petrowsky Peak (4731 Meter) und Yuhin Peak (5130 Meter).
Lager 2 war auf 5300 Metern. Bei einer
Nacht im Lager 3 in 6100 Metern Höhe hatte Loder Schlafprobleme, Schnappatmung und sehr trockene Lippen. Je höher man komme, desto mehr müsse man atmen und öfters Pausen einlegen. „Dort oben heißt es, vier bis fünf Liter Wasser trinken, man ist den ganzen Nachmittag beschäftigt, Schnee zu schmelzen, abzukochen und in die Thermoskanne zu füllen und muss sich gut ausruhen“, erzählt Stefan Loder. Vom Lager 3 stiegen sie auf den Pik Rasdelnaja (6148 Meter), bevor sie sich am 11. August um 3.30 Uhr bei starkem Wind und -15 Grad Celsius Richtung Gipfel aufmachten. „Der Aufstieg war hart, Sand und Eiskristalle flogen uns ins Gesicht, es fühlte sich wie -25 Grad an. Mich traf ein Sandkorn ins Auge und der Führer musste mir wegen der Schmerzen Augentropfen geben. Wir zogen uns Skibrillen auf und gingen weiter. Ich habe es nicht bereut!“, lacht er. Nach sechs statt der angegebenen acht Stunden waren sie nach dem Motto „Wir sind stärker als der Wind und heißer als die Kälte!“auf dem Gipfel.
Stefan Loder mit seinen Bergschuhen. Nach 15 Minuten kehrten sie in drei Stunden ins Lager 3 zurück. Gestartet war die Gruppe mit vier Teilnehmern und dem Bergführer, aber ein 55-jähriger Mann und eine 25-jährige Frau mussten krankheitsbedingt vorzeitig aufgeben. Nachdenklich stimmte es ihn, als Scherpas einen abgestürzten und tiefgefrorenen Russen mit dem Schlitten ins Tal brachten. Er war ohne Bergführer mit zwei Kameraden unterwegs, habe seine Jacke verloren und sei beim Versuch, sie zu holen, abgestürzt, erfuhr er.
Die Begeisterung fürs Bergsteigen erwachte spät. Als Kind war er dreimal im Jahr mit seinen Eltern Ludwig und Viktoria und seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Monika im Allgäu oder den Ammergauer Alpen beim Wandern. Das Solobergsteigen entdeckte der ledige Steinacher im Alter von 25 Jahren und machte es zu seinem Lieblingshobby. Wenn das Wetter an den Wochenenden passt, ist er in den Bergen. Außerdem läuft er, fährt Rennrad und macht Skitouren. Im Jahr 2004 bestieg er erstmals die Zugspitze, die er jetzt etwa fünfmal im Jahr erklimmt. Auch am „Zugspitzlauf“habe er schon teilgenommen. „Inzwischen schaffe ich es, in dreieinhalb Stunden am Gipfel und in drei Stunden wieder im Tal zu sein“, verrät Loder.
Als Berg zu seinem 30. Geburtstag im Jahr 2009 wählte er den Mont Blanc aus, dessen Gipfel er bei Sonnenaufgang erreichte. „Nachts um 2 Uhr ging ich los und zeltete dort oben im Schnee“, erinnert er sich. In einer Tagestour stieg er auf den Großglockner, bevor er im Jahr 2015 den Elbrus im Kaukasus mit einer Höhe von 5642 Metern mit einer Gruppe in zehn Tagen bestieg. Als ein Teilnehmer auf 5000 Metern Höhe einen Herzinfarkt erlitt und auf dem Weg ins Tal starb, nahm er sich vor, noch härter zu trainieren.
Nun wird Stefan Loder mit Freunden noch einige kleinere Berge im Allgäu besteigen. An den Pik Lenin erinnern ihn ein Zertifikat und eine Medaille, die er am letzten Tag im Basislager erhielt.