Bauen, bauen, bauen – aber wie?
Bayern braucht dringend bezahlbaren Wohnraum. Der Freistaat stellt viel Geld bereit. Doch die Probleme liegen oft ganz woanders. Experten erklären, wie Projekte gelingen können
Friedberg „Die soziale Frage unserer Zeit“nennt Ministerpräsident Markus Söder den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Bayern immer wieder. Beantwortet ist diese Frage allerdings noch lange nicht. „Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum steigt immer noch an“, sagte am Donnerstag Brigitta Brunner vom bayerischen Bauministerium in Friedberg. Dort hatten sich zahlreiche kommunale Bauexperten zu einer Fachtagung versammelt und über ihre Erfahrungen, Ideen und Schwierigkeiten diskutiert.
Längst seien nicht mehr nur Geringverdiener oder Senioren von dem Wohnungsproblem betroffen, auch Familien und Besserverdiener hätten es immer schwerer, eine geeignete Wohnung zu finden, referierte Brunner. Der Freistaat habe reagiert, betonte sie: Er investiere Rekordsummen in Fördergelder – allein im vergangenen Jahr seien es rund 700 Millionen Euro gewesen. Darüber hinaus baue die Staatsregierung über ihre Gesellschaft Bayernheim auch selbst. „Innerhalb des ersten Jahres haben wir 2500 Projekte auf den Weg gebracht“, sagte Brunner.
In vielen bayerischen Städten und Dörfern fehlt es aber oftmals nicht am Geld für neuen Wohnraum. Das machten in Friedberg Bauherren und kommunale Vertreter aus Schwaben und Oberbayern deutlich. Gleichzeitig zeigten sie auf, welche Ansätze in ihren Regionen erfolgversprechend seien.
So hält beispielsweise der Lindauer Bürgermeister Gerhard Ecker eine bedarfsgerechte Planung für ein Kernstück bei der Bekämpfung des Wohnungsmangels: „Es muss zunächst klar sein, für welche Bevölkerungsgruppen überhaupt dringender Bedarf besteht.“Er habe bei seinem Amtsantritt 2012 gleich eine Wohnungsoffensive gestartet. In einem Großprojekt baue die Stadt derzeit einen neuen Wohnblock, der verschiedene Milieus durchmischt. „136 der 409 Einheiten sind Sozialwohnungen. Um Begegnungsorte zu schaffen, sind eine Kita und ein Spielplatz integriert“, sagte Ecker.
Ähnlich äußerte sich Doris Schmid-Hammer von der Regierung von Oberbayern. Mehrgenerationen-Wohnen oder neuer Wohnraum in denkmalgeschützten Gebäuden sind ihrer Meinung nach zwei Ansätze, die Abhilfe schaffen können. Denkbar sei auch, Gebäude in Innenstädten zunehmend gemischt zu nutzen – also sowohl ein Geschäft unterzubringen als auch kleine Wohnungen. Diese könnten besonders für Senioren interessant sein. „Das führt gleichzeitig dazu, dass mehr Häuser für Familien frei werden“, meinte Schmid-Hammer.
Die 5000-Einwohner-Gemeinde Wörthsee im Landkreis Starnberg ergriff ebenfalls zuletzt die Initiative beim Bauen, wie Bürgermeisterin Christel Muggenthal erklärte. Wie in vielen anderen Orten drohte auch hier die Innenstadt auszusterben, als der traditionsreiche Kirchenwirt verkauft werden sollte. Die Gemeinde griff zu und schafft nun 65 Sozialwohnungen. Eigentlich sollte auch das bisherige Wirtshaus erhalten bleiben, was jedoch an zu hohen Lärmschutzauflagen scheitern könnte. „Es müssen dringend Veränderungen her, denn das ist kein Einzelfall“, sagte Muggenthal.
Das Baurecht nahm auch Mark Dominik Hoppe von der Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Augsburg ins Visier. „Manchmal scheitern wir daran, dass irgendwo zwei Bäume im Weg stehen. Das darf so nicht bleiben, da muss das Baurecht geändert werden“, forderte er in Friedberg.
Als alternativen Baustein im Kampf gegen den Wohnungsmangel stellten Michael Anderer und Harald Kucharchik ein genossenschaftliches Mehrgenerationen-Projekt vor. Sie bauen in Olching 32 Wohnungen nach dem Solidarprinzip – Eigentumswohnungen sollen hier Sozialwohnungen mitfinanzieren. Doch auch hier gebe es etliche Probleme. Banken seien skeptisch, Hartz-IV-Empfänger wegen fehlenden Eigenkapitals schon von vornherein ausgeschlossen. Darüber hinaus bräuchten junge Familien mit Kindern oft schnell Wohnraum. Ein genossenschaftliches Projekt dauere aber mehrere Jahre. Hier sei laut Anderer auch die Regierung gefragt, um derartige Bauvorhaben mit zu hohen Auflagen nicht zusätzlich zu erschweren. »