Er graviert auch für Könige
Graveurmeister Michael Egger aus dem Pöttmeser Ortsteil Gundelsdorf entwirft in traditioneller Handarbeit Schützenketten, graviert Medaillen oder fertigt Gebrauchsgegenstände an. Warum er nicht Herrgottsschnitzer wurde
Pöttmes-Gundelsdorf „Das macht der Mick“, sagen die Schützenkönige und -königinnen, wenn sie eine neue Medaille für die Schützenkette brauchen. Das sagen diejenigen, die ein Schmuckstück renoviert haben wollen, sagen die Sieger, die ihren Namen auf einen Pokal eingravieren lassen. Der Graveur Michael Egger ist ein Meister seines Fachs und weit über die Grenzen des Wittelsbacher Lands bekannt und geschätzt.
„Ich war zeichnerisch begabt und wollte eigentlich Herrgottsschnitzer werden“, sagt der 64-jährige gebürtige Gundelsdorfer. Dass daraus leider nichts wurde, lag an der einjährigen Wartezeit der Schule in Oberammergau. Der 15-Jährige wollte nicht so lange warten und begann stattdessen im renommierten Münz- und Prägewerk Carl Poellath in Schrobenhausen eine Ausbildung als Reliefgraveur. Nach seiner Gesellenzeit wechselte er an die Meisterschule in Pforzheim (BadenWürttemberg) und war mit Mitte 20 Graveurmeister. Im Anschluss arbeitete er eine Zeit lang in einem Graveurbetrieb in Aichach, bevor er sich mit 28 Jahren selbstständig machte und seitdem seine Graveurwerkstatt im Pöttmeser Ortsteil Gundelsdorf betreibt.
Die Anfänge waren abenteuerlich. Hinter dem Elternhaus richtete er sich im unbeheizten Gartenhäuschen eine provisorische Werkstatt ein und hatte auf Anhieb einen beachtlichen Kundenstamm. „Die kamen zum Teil aus Pforzheim und fanden das hier bei mir sehr idyllisch“, sagt Egger. Im Winter sei es allerdings eine Katastrophe gewesen. „Da stand ich mit Pelzstiefeln an der Werkbank!“Mit der „Gartenhaus-Idylle“war es nach vier Jahren vorbei. Egger baute das Erdgeschoss des Elternhauses in der Forststraße als Laden und Werkstatt um. Sein Renommee als exzellenter Könner seiner Kunst lockte Kunden aus der Münchner Gegend, dem Allgäu und dem Schwäbischen an. Ganz zu schweigen von den zahlreichen Schützenvereinen im und außerhalb des Landkreises, für die er die prestigeträchtigen Schützenkönigsketten anfertigt. Für die Trachtler entwirft er Hutabzeichen, Broschen oder Schnallen, die als Unikate immer seine besondere Handschrift zeigen. „Viele legen Wert auf etwas Originelles, was Wertiges“, weiß Egger. Vergleichsweise Routinearbeit ist die Beschriftung und das Gravieren von Vereinspokalen. Weit und breit dürfte es kaum eine silberne Trophäe geben, die nicht auf seiner Werkbank lag. „Die Pokale beschriftet gelegentlich auch meine Frau Centa. Die hab ich angelernt“, meint Egger.
Dank seiner Fingerfertigkeit, seiner Kreativität und seinem Sinn für Ästhetik entstehen Schmuckstücke, die durchaus aus einer Goldschmiedewerkstatt stammen könnten. Bereits in seiner Pforzheimer Zeit habe er aus neugierigem Interesse bei den Goldschmieden vorbeigeschaut und einiges gelernt. Hier hat er seine ersten Ringe und Halsketten graviert, mit einer Kunstfertigkeit, die er später kontinuierlich verfeinerte. Zumal er zu dem überschaubaren Kreis der Handgraveure zählt, die, wie Egger, sogar die Arbeitsgeräte zum Teil selber machen. „Für mich wäre es eine Katastrophe“, sagt Egger und meint die modernen Gravur- oder Laserbeschriftungsmaschinen, die wichtige Arbeitsschritte maschinell erledigen. Oder die Computertechnik, die Skizzen, Embleme und Motive dreidimensional erstellt und nachbessert. Angehende Graveure wüssten oft gar nicht mehr, welche Handgriffe oder welches handwerkliche Rüstzeug nötig seien, um der Graveurkunst den speziellen Stempel aufzudrücken, was es bedeutet, mit Stichel, Meißel oder Bunzen dem Adler sein Federkleid aufs Feinste anzulegen; Coletta Möritz aus dem nahen Ebenried, der „Münchner Schützenliesl“, den nötigen tänzerischen Schwung zu geben, die MiniaturAhorn- oder Lorbeerornamente ranken zu lassen. Millimeterarbeit ist das, bei der gelegentlich die Metallspäne ins Auge gehen.
Aus Eggers Schatzkästlein darf der Kunde die Medaille seiner Wahl wählen oder eigene Motivvorschläge machen. „Da denk ich manchmal halbe Nächte drüber nach, wie ich das umsetzen kann“, gesteht Egger. Bisher habe sich noch niemand beschwert. Der Meister formuliert das auf seine eigene Art: „Die Kunden haben mich in all den Jahren ganz schön verwöhnt.“Ans Aufhören denkt er noch nicht. Ganz im Gegenteil. „Ich mache alles gern, und mir fällt immer was Neues ein.“
„Viele legen Wert auf etwas Originelles, was Wertiges.“
Graveurmeister Michael Egger