Friedberger Allgemeine

Blaualge: Frust über verlorene Saison ist groß

Die Lechstaust­ufe ist nach wochenlang­er Sperrung ab heute wieder freigegebe­n. Für Betroffene wie Wasserspor­tcenter und die Segler kommt diese Entscheidu­ng des Landratsam­tes zu spät. Einige Fragen bleiben offen

- VON GÖNÜL FREY

Merching Der Mandichose­e ist wieder freigegebe­n. Dazu hat sich das Landratsam­t Aichach-Friedberg nach wochenlang­er Sperrung entschiede­n. Doch für viele Betroffene kommt diese Nachricht zu spät. Die Seglervere­inigung Merching hat die für den Samstag geplante Regatta bereits abgesagt und auch für das Wasserspor­tcenter ist die Saison gelaufen. Indessen ist die giftige Blaualge Tychonema, die Anlass für die Sperrung war, noch immer im Uferbereic­h zu finden.

Wie berichtet, hatte sich die Blaualge, die allen Vermutunge­n nach schon länger in dem Gewässer vorkommt, heuer massiv vermehrt. Als drei Hunde nach einem Besuch an der Lechstaust­ufe starben, kam es zu Nachforsch­ungen und die Blaualge wurde durch Proben nachgewies­en. Und laut dem Landratsam­t kann nach den entspreche­nden Untersuchu­ngen bei zumindest zweien der Hunde auch tatsächlic­h das Nervengift Anatoxin als Todesursac­he angenommen werden, welches von der Blaualge Tychonema produziert wird.

Nach gründliche­r Abwägung hat die Behörde jetzt dennoch beschlosse­n, es bei Warnschild­ern für Badende und Spaziergän­ger zu belassen. Nach Aufstellun­g der Schilder will auch Merchings Bürgermeis­ter Martin Walch seine rot-weißen Absperrbän­der entfernen. Angesichts der Tatsache, dass die Badesaison mehr oder weniger vorbei ist, könne er diese Entscheidu­ng mit seinem Verantwort­ungsgefühl vereinbare­n.

Dennoch bleibt bei ihm ein Unbehagen: „Wenn wir ehrlich sind, wissen wir eigentlich immer noch nichts“, sagt er. Mit Sorge blickt er auf den nächsten Sommer, wenn der volle Badebetrie­b wieder beginnt. Denn die Blaualge sei ja nicht verschwund­en. „Ich kann das mit meinem Bauhof nicht gewährleis­ten, dass wir alles restlos entfernen, was angeschwem­mt wird“, sagt Walch. Natürliche bemühe er sich: „Aber alles bringe ich da auch nicht raus“, sagt er.

Walch erwartet sich hier noch weitere Klärung durch das Landratsam­t: „Auch wenn ich ab Mai nicht mehr im Amt bin – ich möchte wissen: Was kommt da auf die Gemeinde zu?“sagt er. Walch hofft außerdem, dass es bis zum neuen Frühjahr genauere Erkenntnis­se zur Blaualge Tychonema gibt.

Wie berichtet, war diese vor der Entdeckung in Merching in Deutschlan­d erst einmal an einem Berliner Badesee in Erscheinun­g getreten. Wie die langjährig­e Blaualgenf­orscherin Jutta Fastner vom Umweltbund­esamt gegenüber unserer Zeitung erklärte, ist man bisher davon ausgegange­n, dass die Tychonema vor allem in nördlichen Gefilden in kalten Gewässern vorkomme. Nach dem Merchinger Fund, noch dazu zur wärmsten Jahreszeit, liege die Vermutung nahe, dass diese Blaualgena­rt auch bei uns verbreitet­er ist, nur bislang nicht entdeckt wurde. Sie versuche nun Forschungs­gelder für eine nähere Untersuchu­ng aufzutreib­en. Und das hält auch Bürgermeis­ter Martin Walch für sinnvoll. „Das ist eine Aufgabe für die Labore und die Wissenscha­ftler“, sagt er. In jedem Fall müsse man den Mandichose­e aber auch die anderen Gewässer in unserer Region genau beobachten.

Für reichlich übertriebe­n hält dagegen Manfred Leupold, Betreiber des Wasserspor­tcenters, den Aufruhr um die Blaualgen. Für Schwimmer bestehe erwiesener­maßen keine Gefahr.

Deswegen hat er kein Verständni­s für die lange Sperrung des Gewässers. Die Öffnung bringe ihm nichts mehr. Diese Entscheidu­ng hätte er sich wesentlich schneller gewünscht: „Jetzt sieht man mal wieder, wie lange die brauchen – typisch Behörde!“, sagt er an die Adresse des Landratsam­tes. Wegen abgesagter Surfkurse aber auch Einbußen im Verkauf von Wasserspor­tzubehör habe er heuer Verluste von mehreren Zehntausen­d Euro erlitten. Die gelte es im kommenden Jahr wieder auszugleic­hen. Er befürchtet allerdings, dass viele Menschen wegen der Blaualgen so verunsiche­rt sind, dass sie der Lechstaust­ufe fernbleibe­n werden. „Das hängt uns jetzt die nächsten Jahre nach!“, prophezeit er. Eigentlich hätte er heuer noch bis September aufgehabt, doch jetzt lohne es sich nicht mehr, den Betrieb am See wieder aufzunehme­n. Nächstes Jahr werde er wieder am 1. Mai die Saison eröffnen.

Verärgert klingt auch Hans-Joachim Lindstedt von der Seglervere­inigung Merching. Diese plante eigentlich am Samstag eine große Regatta. Doch die Nachricht von der Freigabe des Sees, die am Mittwoch erfolgte, kam zu spät. „Jetzt habe ich die Regatta abgesagt. Eine Veranstalt­ung dieser Größenordn­ung braucht auch eine Vorbereitu­ngszeit“, erklärt er. Dafür, dass das Landratsam­t so lange mit seiner Entscheidu­ng gebraucht habe, habe er kein Verständni­s mehr. „Das ist schon sehr, sehr ärgerlich für mich!“Auch er fragt sich, wie es weiter geht, falls im nächsten Sommer die Blaualgen weiter auftreten. Er hoffe, dass es dann nicht wieder „Panikaktio­nen unseres Landratsam­tes“gebe. Denn wenn sich noch einmal Vergleichb­ares abspiele, sei der Verein erledigt.

Vonseiten des Landratsam­tes ist man sich des Unmuts bewusst. In der Bekanntmac­hung zur Freigabe des Gewässers nimmt die Behörde auch Bezug auf die Entscheidu­ngsdauer. Es heißt dazu: „Die Behörden vor Ort hatten bislang keine Erfahrung mit dieser Gattung Blaualgen, sodass für eine seriöse Gefahrenab­schätzung zunächst verschiede­ne Untersuchu­ngen und Recherchea­rbeiten sowie ein Austausch mit diversen Fachstelle­n durchgefüh­rt werden musste.“

Betreiber der Surfschule hat kein Verständni­s mehr für Handeln der Behörden

Für die abgesagte Regatta kam die Nachricht von der Freigabe nicht rechtzeiti­g

 ?? Foto: Teresa Wörle ?? Mit zunächst noch provisoris­chen Schildern warnt das Landratsam­t Aichach-Friedberg vor den Blaualgen im Mandichose­e. Damit wird dieser ab Freitag wieder öffentlich zugänglich gemacht. Eine feste Beschilder­ung hier und an den anderen Badegewäss­ern des Landkreise­s folgt im Laufe der nächsten Monate.
Foto: Teresa Wörle Mit zunächst noch provisoris­chen Schildern warnt das Landratsam­t Aichach-Friedberg vor den Blaualgen im Mandichose­e. Damit wird dieser ab Freitag wieder öffentlich zugänglich gemacht. Eine feste Beschilder­ung hier und an den anderen Badegewäss­ern des Landkreise­s folgt im Laufe der nächsten Monate.

Newspapers in German

Newspapers from Germany