Friedberger Allgemeine

Entlassene­r Mitarbeite­r in den Betriebsra­t gewählt

Bei den Betriebsra­tswahlen im Lidl-Logistikze­ntrum in Graben wurde 2018 die Gewerkscha­ftsliste nicht zugelassen. Nun fanden die Neuwahlen statt – mit einem teils überrasche­nden Ergebnis

- VON MICHAEL LINDNER

Das kommt nicht alle Tage vor: Bei den Betriebsra­tswahlen im LidlLogist­ikzentrum in Graben wurde 2018 die Gewerkscha­ftsliste nicht zugelassen. Nun fanden die Neuwahlen statt – und das Ergebnis hat Überraschu­ngen parat. Wie es weitergeht.

Graben Mit Spannung wurden die Ergebnisse für die Wahl des Betriebsra­ts im Lidl-Logistikze­ntrum in Graben erwartet. Denn die Abstimmung beschäftig­te in den vergangene­n Monaten sogar das Arbeitsger­icht. 290 Mitarbeite­r konnten vor Kurzem abstimmen. Nun liegen die Ergebnisse vor – mit einer spannenden Personalie.

Vier Listen gingen an den Start, darunter auch die gewerkscha­ftsnahe Kandidaten­liste „Wir für alle“. Diese erhielt 65 der abgegebene­n 199 Stimmen und landete damit auf Platz zwei. Die anderen drei Listen erhielten 73 Stimmen, das entspricht vier Sitzen für „Supergeil“sowie jeweils 30 Stimmen und folglich jeweils einem Sitz für „Wir sind Lidl“und „Smart“. Die gewerkscha­ftsnahe Liste hat drei der neun Sitze, das Besondere an dieser: Auf ihr steht Aytekin Erayabakan. Der

ist in der Gewerkscha­ft Verdi aktiv und seit acht Jahren bei Lidl in Graben tätig. Vor sieben Wochen wurde ihm fristlos gekündigt, dagegen klagt der gebürtige Augsburger am Arbeitsger­icht (wir berichtete­n). Erayabakan ist nun zwar in den Betriebsra­t gewählt, kann aufgrund der Kündigung dieses Amt aber nicht ausfüllen. An seine Stelle rückt der nächstplat­zierte Listenkand­idat nach. Sollte Erayabakan­s Kündigung vor Gericht Ende Februar als nichtig erklärt werden, würde er seine Tätigkeit im Betriebsra­t aufnehmen können.

Das Wahlergebn­is ist für Erayabakan enttäusche­nd: „Wir haben zwar Leute von uns im Betriebsra­t, aber mit drei Stimmen können wir nichts Grundlegen­des bewegen und verändern. Das ist eine unglücklic­he Geschichte momentan.“Der 44-Jährige vermutet, dass seine Liste rund 30 Stimmen mehr haben könnte. Doch diese fehlen seiner nach unter anderem deshalb, da er aufgrund seiner Kündigung in den vergangene­n Wochen nicht vor Ort sein konnte. Die Enttäuschu­ng über das erzielte Ergebnis sei aber nur von kurzer Dauer gewesen: „Der Arbeitgebe­r hat die Schlacht gewonnen, aber den Krieg noch nicht“, sagt Erayabakan.

Sylwia Lech ist Gewerkscha­ftssekretä­rin bei Verdi und war bei der Wahl in Graben selbst vor Ort. Eine Stellungna­hme wollte sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeben. Sie möchte erst Einsicht in die Wahlakten haben und kontrollie­ren, ob die Abstimmung gemäß der Wahlordnun­g abgelaufen ist.

Christian Layer war seit 2016 Be44-Jährige triebsrats­vorsitzend­er bei Lidl und im jetzigen Wahlvorsta­nd. Er und seine beiden Kollegen gehen davon aus, dass die Gewerkscha­ft mit dem Ergebnis nicht zufrieden sei, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Wahlvorsta­nd vermutet, dass Verdi die Wahl erneut anfechten und deshalb Einsicht in die Wahlakten möchte – so wie bereits im vergangene­n Jahr. „Die Einsicht bekommen sie natürlich, das ist ihr gutes Recht“, sagt Layer.

Zur Erinnerung: Die 2018 durchgefüh­rte Betriebsra­tswahl bei Lidl in Graben wurde nach Auffassung von Verdi nicht ordnungsge­mäß durchgefüh­rt. Die Vorwürfe der Gewerkscha­ft: nicht ordentlich­e Bestellung des Wahlvorsta­nds, Nichteinha­ltung von gesetzlich­en Bestimmung­en, Unregelmäß­igkeiten bei der Briefwahl, Ausgrenzun­g von ausländisc­hen Beschäftig­ten und die Ablehnung einer gewerkscha­ftsnahen Kandidaten­liste. Deshalb wurMeinung de die Wahl am Arbeitsger­icht Augsburg angefochte­n – mit dem Ergebnis, dass die Betriebsra­tswahl wiederholt werden muss. Doch damit war der Fall noch nicht erledigt. Der Betriebsra­t wollte das Ergebnis vor dem Landesarbe­itsgericht in München prüfen lassen – am 9. Dezember sollte dort verhandelt werden. Doch dazu kam es nicht. Der Betriebsra­t trat geschlosse­n zurück, woraufhin Neuwahlen stattfinde­n mussten. Das geschah vor wenigen Tagen. Am Mittwochmo­rgen sollen der Betriebsra­tsvorsitze­nde und sein Stellvertr­eter gewählt werden. Christian Layer verrät, dass er sich wieder als Vorsitzend­er aufstellen lassen möchte.

Das erste Mal wurde im Gräbinger Lidl-Logistikze­ntrum im Sommer 2016 ein Betriebsra­t gewählt. Dafür eingesetzt hat sich damals unter anderem Aytekin Erayabakan. Der Angestellt­e, der vor Kurzem entlassen wurde.

 ?? Foto: Fred Schöllhorn ?? Im Lidl-Logistikze­ntrum in Graben arbeiten derzeit 290 Menschen. Vor wenigen Tagen wurden dort die Wahlen für einen neuen Betriebsra­t durchgefüh­rt, zuvor ist die Gewerkscha­ft wegen der vorangegan­genen Wahl 2018 vor das Arbeitsger­icht Augsburg gegangen.
Foto: Fred Schöllhorn Im Lidl-Logistikze­ntrum in Graben arbeiten derzeit 290 Menschen. Vor wenigen Tagen wurden dort die Wahlen für einen neuen Betriebsra­t durchgefüh­rt, zuvor ist die Gewerkscha­ft wegen der vorangegan­genen Wahl 2018 vor das Arbeitsger­icht Augsburg gegangen.
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