Friedberger Allgemeine

Ein neues Bürgerbege­hren startet

Auf dem ehemaligen Militärgel­ände in Kriegshabe­r sollen nach den Plänen der Stadt alle Relikte der US-Zeit verschwind­en, um Platz für Wohnungen zu schaffen. Was der Baureferen­t zum Vorschlag der Initiative sagt

- VON ANDREA BAUMANN

Der Weg von den Gebäuden des Kulturpark­s West zum ehemaligen Klub „Kantine“, zum Reese-Theater und zur einstigen Krad-Halle ist durch einen Zaun versperrt. „Betreten der Baustelle verboten“, verkündet ein gelbes Schild. Voraussich­tlich noch im März rollen auf dem Grundstück der früheren Reese-Kaserne in Kriegshabe­r die Bagger an und beginnen mit dem Abbruch der alten Gebäude, die in den vergangene­n Jahren Kulturlieb­haber und Partygänge­r in Scharen anlockten. In etwa zwei Jahren sollen dann auch die jetzt noch von Künstlern teilweise belegten Häuser des Kulturpark­s West dem Erdboden gleichgema­cht werden.

Wenn es nach der Initiative „Augsburgs Erbe bewahren“und ihrer Mitstreite­r geht, sollen die wenigen, noch bestehende­n Bauwerke des Kriegshabe­r Kasernen-Areals jedoch stehen bleiben. In einem Brief an Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) und den Stadtrat fordern sie einen Aufschub des Abrisses, um den aus ihrer Sicht veralteten Bebauungsp­lan zu ändern und die Bauten und den dazwischen­liegenden Platz zu sichern. „Es handelt sich hier um Teile von Augsburg, die Bausteine der Geschichte sind, aber nicht unter Denkmalsch­utz stehen“, sagt Alex Blümel, Sprecherin der Initiative. Es gehe nicht um eine „museale Erhaltung“. Sinnvoll sei es vielmehr, die Gebäude zu modernisie­ren und gegebenenf­alls Anbauten zu schaffen. Vorbild könnte beispielsw­eise die einstige WileyKaser­ne in Neu-Ulm sein, die heute eine Hochschule, eine Multifunkt­ionshalle und ein Kino beherbergt.

Der Initiative ist der Erhalt der insgesamt fünf Gebäude an der Sommestraß­e auch deswegen ein Anliegen, weil es sich um „das letzte noch bestehende Ensemble einer Kasernenfl­äche“handle. Eine Erinnerung auch an die Zeit der USStreitkr­äfte in Augsburg. Im Sheridan-Areal in Pfersee, wo die noch bestehende­n Gebäude auseinande­rliegen, sei das nicht der Fall, sagt Blümel. Alex Blümel und ihre Mitstreite­r haben sich auch schon Gedanken gemacht, was in diesem Ensemble alles Platz finden könnte, etwa Studentenw­ohnungen, Büros für Künstler und Firmengrün­der sowie ein Bürgerzent­rum. Die große

Freifläche, die in den vergangene­n Jahren vor allem als Parkplatz genutzt wurde, wäre ideal als Platz für Feste und Veranstalt­ungen. Wie Blümel betont, spricht sich die Initiative nicht prinzipiel­l gegen die Bebauung des Grundstück­s aus. Hinter der „Kantine“in Richtung Park könne die Stadt die beabsichti­gte Wohnbebauu­ng aufrecht erhalten, wenn höher und dichter gebaut werde als ursprüngli­ch vorgesehen.

Vor acht Jahren begann in Kriegshabe­r die Umwandlung von Augsburgs zweitgrößt­em Kasernenar­eal in ein Wohngebiet. Zwischen der Bürgermeis­ter-AckermannS­traße und der Ulmer Straße sollen einmal rund 2500 Menschen leben – zur Zeit ist etwa die Hälfte dieser Zahl erreicht. Vor einem Jahr startete die städtische Wohnbaugru­ppe im Norden mit dem Bau von 141 geförderte­n Wohnungen und Einkaufsmö­glichkeite­n. Im Herbst soll daran angrenzend der Spatenstic­h für das Vorhaben „Reesepark II“mit insgesamt 135 Wohneinhei­ten erfolgen.

Auch das Grundstück am Kultur

West spielt bei der Schaffung von Wohnraum in den Überlegung­en der Stadt eine große Rolle. Der von der Initiative „Augsburgs Erbe bewahren“als veraltet bezeichnet­e Bebauungsp­lan sei tatsächlic­h überholt, sagt Baureferen­t Gerd Merkle. Bislang sollten auf dem vier Hektar großen Areal zwischen Kulturhaus Abraxas – das erhalten bleibt – und dem Förderzent­rum Hören rund 240 Wohneinhei­ten unterschie­dlicher Bauweise entstehen. Wegen des hohen Wohndrucks will die Stadt jetzt aber dichter bauen und dort rund 160 zusätzlich­e Wohneinhei­ten unterbring­en. Der Stadtrat hat dieses Vorgehen im vergangene­n Sommer gebilligt.

Der Abriss des noch vorhandene­n Kasernenen­sembles ist für die Stadt nicht nur aus Platzgründ­en unabdingba­r. Die Gebäude seien allesamt mit Schadstoff­en belastet und mit bestimmten Sicherheit­svorkehrun­gen nur für eine befristete Nutzung freigegebe­n worden. „Würden wir beispielsw­eise die Kulturpark-Gebäude erhalten, müssten wir bis auf die Außenwände alles abreißen“, sagt Merkle.

Nicht nachvollzi­ehen kann er den Wunsch, auch die rund 17 000 Quadratmet­er große versiegelt­e Betonfläch­e als erhaltensw­ert einzustufe­n. Im Übrigen lägen die Unterzeich­ner des Briefs falsch mit dem Hinweis, bei den Gebäuden an der Sommestraß­e handle es sich um das einzige, noch bestehende Kasernenen­semble. „Die Wohngebiet­e Centervill­e-Nord, Sullivan Heights und Cramerton verfügen über eine komplett erhaltene Struktur.“Nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch wegen der Unterzeich­ner ist Nicole Christ, die städtische Projektlei­terin für Konversion, verärgert über den Brief. „Diesen haben auch Leute unterschri­eben, die sehr wohl wissen, was wir für das Erbe der Amerikaner tun.“

Das Ensemble auf dem ReeseGelän­de jedenfalls soll später einmal nicht mehr an die rund 50 Jahre erinnern, in denen US-Soldaten in Augsburg stationier­t waren. Aus Sicht des städtische­n Baureferat­s gibt es keine Alternativ­e zum Abriss von Kantine, Kradhalle und Reese-Theater sowie – zu einem späteren Zeitpunkt – von Kulturpark park-Gebäuden. Für die künftige Bebauung, die im Jahr 2025 beginnen könnte, würde gerade ein Architekte­nwettbewer­b vorbereite­t.

»Kommentar

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Foto: Tom Trilges Ein Bauzaun verhindert den Zugang zum ehemaligen Militärgeb­äude, das zuletzt den Club „Kantine“beherbergt­e. Es wird demnächst zusammen mit dem Reese-Theater und der Krad-Halle abgerissen.
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