Nachfrage nach Heizöl explodiert
Ein Preiskampf der Förderländer haben den Ölpreis auf Talfahrt geschickt – mit Folgen für die Verbraucher: Tanken ist nun deutlich billiger geworden. Warum die sinkenden Preise aber beim Heizöl nicht so stark durchschlagen
Hamburg Viel Angebot und wenig Nachfrage haben einen beispiellosen Preisrutsch auf dem Ölmarkt ausgelöst. Der Weltmarktpreis für Rohöl über alle Sorten hinweg reduzierte sich von knapp 69 Dollar pro Fass (159 Liter) Anfang Januar auf gerade noch 26 Dollar am Freitag, also um ungefähr zwei Drittel. Für die Nordsee-Sorte Brent, die auf dem europäischen Markt eine wichtige Rolle spielt, sieht es ähnlich aus: von 70 auf 27,40 Dollar. Das ist ein weit stärkerer Rückgang als bei anderen Rohstoffen oder am Aktienmarkt. Der drastische Preisrückgang bei Rohöl und Produkten wie Benzin und Heizöl entlastet die Verbraucher in Deutschland.
Der Preis für Heizöl reduzierte sich den Daten des Messgeräte-Herstellers Tecson zufolge von seinem Jahreshoch von 71,20 Euro in der ersten Januarwoche auf nunmehr 57,20 Euro im bundesweiten Durchschnitt (für 100 Liter beim Kauf von 3000 Litern, inkl. MwSt). Dabei ist der Preis zuletzt wieder angestiegen, zwischenzeitlich lag er noch um einige Euro niedriger.
Auch sind große regionale Unterschiede von bis zu zehn Euro zu beobachten, vor allem zwischen Nordund Süddeutschland. Hintergrund ist die große Nachfrage nach Heizöl, die von den tiefen Preisen ausgelöst wurde, und vielleicht auch von der Coronavirus-Angst. „Der gesamte
Handel bedauert es sehr, derzeit keine besseren Preise anbieten zu können“, sagt der Heizöl-Makler Josef Weichslberger. „Das verhindern vor allem die weiterhin extrem hohe Nachfrage und die dadurch völlig ausgeschöpften Lager- und Lieferkapazitäten. Die Lieferzeiten liegen vielerorts bei zehn bis zwölf Wochen.“Das hält die Preise hoch. Tatsächlich kostet Heizöl ungefähr so viel wie auch schon bei einem Rohöl-Preis von 55 Dollar je Barrel. Da ist noch Luft nach unten.
Für Autofahrer wird es in Deutschland dagegen deutlich billiger. „Im Zuge des Ölpreisverfalls sind auch die Kraftstoffpreise stark gesunken“, berichtet Alexander von
Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) in Berlin. Benzin (Super E5) kostet je Liter 18 Cent weniger und lag zuletzt im Bundesdurchschnitt bei rund 1,27 Euro. Diesel verbilligte sich durchschnittlich um 20 Cent auf 1,12 Euro je Liter. Dass die Preise nicht noch stärker zurückgegangen sind, liegt wesentlich am hohen Steueranteil von rund zwei Dritteln. Damit liegen die Benzinpreise ungefähr dort, wo sie angesichts des Rohölpreises auch hingehören.
Benzin zu hamstern ist laut ADAC übrigens überflüssig, weil die Versorgung gesichert ist. Und es sei auch verboten und gefährlich. Niemand darf mehr als 200 Liter
Diesel oder 20 Liter Benzin in seiner Garage lagern.
Neben dem Einbruch der Nachfrage ist es vor allem ein Preiskampf zwischen den Ölgiganten Russland und Saudi-Arabien, der die Preise in den Keller geschickt hat. SaudiArabien hat seine Produktion hochgefahren und drückt große Mengen Rohöl in den Markt. Russland hält mit, das Überangebot ist riesig. Auf der Nachfrageseite gab es schon zu Beginn des Jahres Sorgen um die Konjunktur – und dann kam das Coronavirus. Erst drosselte China seine Industrieproduktion, nun haben viele andere Länder ihre Wirtschaftsleistung radikal heruntergefahren.