Friedberger Allgemeine

Im Karriere-Ende wohnt ein Anfang

Eishockey-Profi Marcel Goc wollte sich mit dem deutschen Meistertit­el verabschie­den. Stattdesse­n ist seine Laufbahn ganz plötzlich vorbei – doch er hat schon eine neue Aufgabe

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Mannheim Im vielleicht schönsten Moment seiner Karriere dachte Marcel Goc an seinen Sohn. Jonas habe gesagt, es sei okay, wenn der Papa seinen Geburtstag verpasse, wenn er denn eine Medaille mitbringe, erzählte Goc im Februar 2018 gerührt. Das Wunder der Olympische­n Spiele von Pyeongchan­g war mit einem 4:3 im Jahrhunder­tspiel gegen Kanada wahr geworden. Mit Goc als Kapitän gewann das deutsche Eishockey-Nationalte­am am Ende Silber. „Ich habe immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke“, sagte Goc rückblicke­nd.

Die Szene von Pyeongchan­g passt zu Goc – er ist als Familienme­nsch bekannt. Im Moment jedoch hat der 36-Jährige gerade viel früher als erhofft viel Zeit für seine Kinder. Seine herausrage­nde Karriere ging aufgrund der Coronaviru­s-Pandemie abrupt zu Ende. Als er erfuhr, dass für ihn alles ganz plötzlich vorbei brachte Goc seinen Sohn gerade zum Eishockey-Training, auch die Tochter war dabei. Vor zwei Wochen brach die Deutsche Eishockey Liga ihre Saison ab. Ohne Play-offs. Ohne ein letztes Spiel für Goc und ohne eine Ehrenrunde, auf der er sich hätte verabschie­den können. Wie im „falschen Film“fühlte sich Goc zunächst.

„Das ist schon traurig. Ich hätte ihm natürlich ein viel besseres Ende gewünscht“, sagte sein OlympiaKol­lege Christian Ehrhoff. Das hätte Goc auch verdient gehabt. Doch statt sich in diesen Tagen mit dem Titelkandi­daten Mannheim näher zum Play-off-Finale zu kämpfen, macht er nun Hausaufgab­en mit seinem Sohn, spielt Gesellscha­ftsspiele oder hält sich im Garten fit – die Karriere ist plötzlich zu Ende.

699 Mal kam der defensivst­arke Angreifer in der nordamerik­anischen Profiliga NHL zum Einsatz, nahm an acht Weltmeiste­rschaften und drei Olympische­n Spielen teil. 2010, als Deutschlan­d bei der HeimWM mit Platz vier überrascht­e, schoss Goc das Team im Halbfinale gegen Russland (1:2) sogar in Führung. „Er hat unseren Sport immer als Führungssp­ieler vertreten. Marcel ist der Vorzeigesp­ortler schlechthi­n“, lobte Verbandspr­äsident Franz Reindl.

Schon mit 16 Jahren hatte Goc sein Debüt in der DEL gegeben und mehr als zehn Jahre in der NHL gespielt, für die San Jose Sharks, die Nashville Predators, die Florida Panthers, die Pittsburgh Penguins und St. Louis. Trotz seiner Vita fiel Goc manchmal nicht besonders auf. Er ist zwar ein „geselliger Typ“, wie Ehrhoff ihn beschreibt, aber ein „ruhiger Vertreter“. Als er kein neues NHL-Team fand und ihm die ständigen weiten Reisen ebenso wie die Gefahr eines plötzliche­n Transfers zu viel wurden, wechselte er zurück nach Mannheim. Er hatte etliist, che Verletzung­en, vor einem Jahr aber hatte der Angreifer mit den Adlern nach zwei fast Jahrzehnte­n im profession­ellen Eishockey seinen ersten Titel gefeiert – die deutsche Meistersch­aft.

Seine berufliche Zukunft hat Goc jetzt schnell geklärt. Als neues Mitglied im Trainertea­m der Mannheimer soll er am individuel­len Können der Profis feilen und mit verletzten sowie jungen Spielern arbeiten. „Dass ich nun mit Profis zusammenar­beiten werde und nicht mehr in der Kabine sitze, wird sicherlich eine Umstellung. Aber ich freue mich riesig auf meinen neuen Lebensabsc­hnitt“, sagte Goc.

Sein letztes Spiel war der Hauptrunde­nabschluss gegen Schwenning­en. Auch das passte irgendwie, wie er sagte, denn es war sein erster Profiklub. Die Adler Mannheim wollen sich trotzdem noch über einen würdigeren Abschluss für den Kapitän Gedanken machen.

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Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa Die Eishockey-Karriere von Marcel Goc fand durch das Coronaviru­s ein abruptes Ende. Nun hat er einen neuen Job.

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