Friedberger Allgemeine

Handwerker müssen Aufträge sausen lassen

Viele Betriebe dürften eigentlich noch arbeiten, doch es gibt viele andere Probleme. Im Service will man das Angebot so lange wie möglich aufrecht erhalten, für manche Gewerke wird das schwer

- VON MICHAEL HÖRMANN UND JONAS VOSS

Thomas Maier ist in diesen Tagen wegen der Coronakris­e besonders gefragt. Er ist Geschäftsf­ührer der Firma KHL Heizung. Als Kreishandw­erksmeiste­r vertritt er aber auch die Interessen seiner Mitgliedsb­etriebe und ist darüber hinaus für das Personal in der Geschäftss­telle mit verantwort­lich. Im eigenen Unternehme­n hat Maier reagiert: „Wir fahren derzeit eher einen Notbetrieb.“Dies passiere auch deshalb, um Mitarbeite­r vor einer möglichen Ansteckung zu schützen. Manche Aufträge würden auch verschoben. Maier nennt ein Beispiel: „Wir wollten in einer Wohnanlage die Wasserleit­ung reparieren“. Wenn er dann aber über mehrere Stunden hinweg das Wasser gegenwärti­g abstelle, sei dies nicht ideal, wenn Familien mit Kindern ihre Zeit derzeit zuhause verbringen müssen. Der Auftrag werde zu einem anderen Termin erledigt, sagt Maier. Es sei kein Notfall.

In der Geschäftss­telle der Kreishandw­erkerschaf­t gibt es vier Teilzeitkr­äfte. Man hat sich darauf verständig­t, sagt der Kreishandw­erksmeiste­r, dass nun aufgrund der speziellen Lage die Kolleginne­n wöchentlic­h wechseln.

Auch in anderen Handwerksb­e

reagiert man auf die Coronakris­e. Karl Preiser ist Zimmerer und Lehmbauer, sein Unternehme­n hat sich auf den Innenausba­u spezialisi­ert. Er erklärt, den Kundenkont­akt habe man ausschließ­lich auf Telefon und Internet verlegt. „Wirkliche Akquise und Beratung können wir so nicht mehr machen, da hat man schon einige Absagen.“Vor einem Monat habe es noch so ausgesehen, als seien die Auftragsbü­cher für das Jahr gut gefüllt – ähnlich wie in den vergangene­n Jahren. Noch sei Arbeit für ein paar Monate da, dann müsse er weitersehe­n. Auf Baustellen arbeiten Preiser und seine Mitarbeite­r nur noch in Zweierteam­s und achten darauf, nicht mit anderen Firmen im selben Zimmer zur selben Zeit tätig zu sein. „In Treppenhäu­sern oder Aufzügen von Wohnanlage­n bewegen wir uns nur noch mit Mund- und Handschutz.“Preiser erklärt, Auswirkung­en auf den Preis spüre er bisher nicht.

Das sagt auch Maik Schmidt. Er führt eine Spenglerei in Haunstette­n. „Vor wenigen Monaten musste ich mir noch keine Sorge um die Auftragsla­ge machen, jetzt werden Kundentele­fonate weniger und private Auftraggeb­er bleiben aus.“Noch könne man von aktuellen Aufträgen zehren, allerdings würden sich bereits Baustellen aufgrund von Lieferengp­ässen oder weil die Mitarbeite­r anderer Gewerke in Quarantäne oder außer Landes seien verzögern. Schmidt erklärt, „ich habe bereits von zwei Mitarbeite­rn auf einen reduziert.“Auf den Baustellen sei man auf Abstand zum

Kollegen und zu Mitarbeite­rn anderer Firmen bedacht, auch wasche man sich noch öfter als gewöhnlich die Hände. Mancher Kunde sei überrascht, dass Schmidt noch komme. „Das ändert aber nichts an unseren Preisen – schließlic­h leiste ich immer noch die gleiche Arbeit wie vor Corona.“Wer jetzt noch einen Handwerker brauche, könne den natürlich viel schneller als noch vor einiger Zeit bekommen.

Reagiert hat die Innung für Elektround Informatio­nstechnik, die für den Elektro-Notdienst zuständig ist. Sie teilt mit: „Um die Austrieben breitung des Coronaviru­s einzudämme­n, befinden wir uns seit Montag für zwei Wochen im Homeoffice“. Man könne auf den Anrufbeant­worter sprechen oder eine Mail senden an: info@elektroinn­ung.org. Danach werde man sich umgehend melden.

Vor Ort ist es auch in Augsburg so, dass die meisten Handwerksb­etriebe ihre Leistungen erbringen. Darauf ist die Bevölkerun­g gerade auch jetzt angewiesen, weil Abstand in Bäckereien, Metzgereie­n und auch Konditorei­en Lebensmitt­el des täglichen Bedarfs verkaufen. Was nun auch bundesweit gilt, ist, den Mindestabs­tand von Verkäufer zu Kunden einzuhalte­n. Nach Auskunft der Handwerksk­ammer funktionie­ren die Lieferkett­en. Hier gilt: Je regionaler diese sind, umso besser klappt es noch. Erste Einschränk­ungen gibt es aber wegen der Coronakris­e. Fliesenleg­er berichtete­n zuletzt, dass sie kein Material mehr aus Italien bekommen.

Ulrich Wagner, Hauptgesch­äftsführer der Kammer, sagt: „Das Handwerk wird speziell im Serviceber­eich für die Kunden verfügbar sein, damit es hier keinesfall­s zu Versorgung­sproblemen kommt“. Dazu gehören Autowerkst­ätten, Installati­onsbetrieb­e oder Dachdecker.

Problemati­sch ist nach Angaben der Kammer in einigen Betrieben allerdings die personelle Situation: Teilweise könnten Mitarbeite­r wegen Kinderbetr­euung oder auch, weil sie selbst unter Quarantäne stehen, nicht zur Arbeit kommen, heißt es. Das behindere die Firmen bei der Ausübung ihrer Arbeiten. Auch darauf sollten die Bürger jetzt vorbereite­t sein.

Im Wirtschaft­sraum Augsburg sind mit mehr als 10000 Handwerksb­etrieben die meisten Unternehme­n in Schwaben angesiedel­t. Wagner sagt: „Das Handwerk muss sich wie die gesamte Wirtschaft auf schwere Zeiten einstellen“. Es werde die staatliche­n Schutzschi­rme und Förderprog­ramme brauchen, damit die Unternehme­n mit ihren Mitarbeite­rn diese Zeit meistern könnten.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Friseure müssen ihre Läden nun schließen, andere Handwerksb­etriebe könnten eigentlich weiterarbe­iten. Doch so einfach ist das nicht.
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