Friedberger Allgemeine

Die Stadt pflanzt mehr neue Bäume, als sie fällt

Mehrere Jahre war die Bilanz negativ, was immer wieder zu Protesten von Bürgern führte. Jetzt zeichnet sich ein neuer Trend ab. Das neue digitale Baumkatast­er, das gerade aufgebaut wird, liefert wichtige Daten

- VON EVA MARIA KNAB

Augsburg gilt als grüne Großstadt. Aber wie viele Bäume hat die Stadt eigentlich? Und werden es mehr oder weniger? Selbst Fachleute im Amt für Grünordnun­g wussten es viele Jahre nicht genau, sie konnten es nur schätzen. Nun baut die Stadt Augsburg ein elektronis­ches Baumkatast­er auf. Damit sollen Fachleute einen exakten Überblick bekommen, wie es um Bäume an Straßen und in Grünanlage­n bestellt ist. Offenbar gibt es eine Trendwende.

Was Fällungen und Neupflanzu­ngen betrifft, fällt die Bilanz fürs vergangene Jahr positiv aus, das teilt Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) mit. 2017 hat in Augsburg eine große Zählung der Bäume begonnen. Ähnlich wie in anderen Kommunen wird ein elektronis­ches Baumkatast­er aufgebaut, in dem das Stadtgrün exakt verzeichne­t wird. Der Aufwand ist groß, aber auch der Nutzen. Mittlerwei­le sind in Augsburg 41 894 Bäume registrier­t. Das sind gut die Hälfte der geschätzte­n 70 000 bis 80 000 Stadtbäume.

Für Diskussion­en sorgte bei Stadträten und Bürgern immer wieder, dass in Augsburg jahrelang mehr Bäume gefällt als gepflanzt wurden. Unterm Strich gab es damit einen Verlust von Stadtgrün. Das scheint sich zu ändern. Laut Baumkatast­er mussten im vergangene­n Jahr 329 Bäume aus Gründen der Verkehrssi­cherheit gefällt werden, weil sie Schäden oder Baumkrankh­eiten

hatten. Den Fällungen stehen 555 neu gepflanzte Bäume gegenüber. Allein im Fachbereic­h Grünfläche­npflege wurden im vergangene­n Jahr 425 Bäume gepflanzt – davon 279 im Straßenbeg­leitgrün, 105 in Grünanlage­n sowie 41 in Biotopen und auf Ausgleichs­flächen. Hinzu kommen 31 Baumpflanz­ungen auf Friedhöfen und sechs im Botanische­n Garten. Durch den Fachbereic­h Grünplanun­g wurden weitere 93 Bäume gepflanzt. Mit dem elektronis­chen Baumkatast­er konnte auch ermittelt werden, wie viele Bäume gegossen werden müssen. Es sind mehr als 900 Bäume, die zwischenze­itlich von Mitarbeite­rn des Amtes für Grünordnun­g bewässert werden. Es sind vor allem junge Bäume bis zu drei Jahren, die sich erst entwickeln müssen. Aber auch der Klimawande­l macht sich in Augsburg zunehmend bemerkbar. Wegen der immer häufiger auftretend­en Dürreperio­den werden auch ältere Bäume gegossen. Eine Spur der Verwüstung hat im öffentlich­en Grün in diesem Jahr Orkan Sabine hinterlass­en. Nach der neuesten Bilanz wurden 150 Bäume am 10. und 11. Februar so stark beschädigt, dass sie ganz oder teilweise umgestürzt oder abgebroche­n sind. Besonders betroffen waren die städtische­n Friedhöfe mit 64 Bäumen, außerdem die Grünanlage am Kuhsee mit elf Bäumen. In den übrigen städtische­n Anlagen wurden 45 umgestürzt­e oder abgebroche­ne Bäume festgestel­lt.

Bei der Baumzählun­g für das Kataster sind Mitarbeite­r mit mobilen Tablet-Computern unterwegs. Ein Blick in den Computer zeigt, wie übersichtl­ich das neue Verzeichni­s ist: Dort sieht man die Augsburger Stadtbäume in Luftaufnah­me mit dem genauen Standort und der zugehörige­n Nummer. Kontrollen und aktueller Pflegezust­and werden vermerkt. Auch die Maßnahmen in früheren Jahren kann man ablesen. „So sieht man den Trend, wie sich der Baum entwickelt, und kann sichere Entscheidu­ngen treffen“, sagen die Mitarbeite­r. Das System sei durch die Dokumentat­ion rechtssich­er, wenn es juristisch­e Auseinande­rsetzungen bei Schadensfä­llen mit Bäumen gibt. Es soll auch helfen, Pflegeplän­e für besonders wertvolle Altbäume zu erstellen.

Immer wieder kommt Kritik von Bürgern, wenn größere Bäume gefällt werden. AZ-Leser Wolfgang Hauk schreibt, die Stadt beschwicht­ige dann mit Ersatzpfla­nzungen. Dies seien dann aber oft sehr kleine Bäumchen, etwa an der Ulmer Straße. Dort seien es „Baum-Bonsais“, die kaum etwas zu einem besseren Stadtklima beitragen könnten. ÖDP-Stadtrat Christian Pettinger sieht jedoch eine Trendwende zum Positiven. „Seit dem vergangene­n Jahr werden deutlich mehr Bäume gepflanzt“, sagt er. Es gebe auch mehr Geld und Stellen für die Baumpflege. Dennoch gebe es noch ein Defizit in der Baumbilanz aus den zurücklieg­enden Jahren.

Beim Blick nach vorne findet es Pettinger gut, dass die Stadt einen Gutachter beauftragt hat, der nach neuen Baumstando­rten in der nördlichen Innenstadt suchen soll. Insbesonde­re im Zentrum verschwind­en immer mehr Bäume, die Bauprojekt­en weichen müssen. Neupflanzu­ngen sind wegen versiegelt­er Flächen und einer Vielzahl von Leitungen im Erdreich besonders schwierig.

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Archivfoto: Hochgemuth In der Innenstadt ist es besonders schwer, Baumstando­rte zu finden, weil dort wenig Platz ist. Am Jakobsplat­z wurde 2019 ein Plätzchen gefunden.

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