Friedberger Allgemeine

Das Puzzeln an einer Mehrheit

Kommunalpo­litik Für die Stadtpolit­ik ist entscheide­nd, wer die Oberbürger­meister-Stichwahl am Sonntag für sich entscheide­n kann, aber im Hintergrun­d laufen die Überlegung­en, wie das künftige Regierungs­bündnis aussehen wird

- VON STEFAN KROG

Eine halbe Woche vor der Oberbürger­meister-Stichwahl hat die CSU als stärkste Fraktion ihren Machtanspr­uch bei der Bildung der neuen Stadtregie­rung angemeldet. Aus dem Ergebnis leite man „den Auftrag ab, auch künftig für Augsburg politische Verantwort­ung und Gestaltung zu übernehmen“, erklärte Parteichef Volker Ullrich am Dienstag. Wünschensw­ert seien „klare Verhältnis­se und eine verantwort­ungsvolle Mehrheitsb­ildung“im Stadtrat, nicht zuletzt im Hinblick auf die Corona-Krise und deren Folgenbewä­ltigung. Sollte sich Eva Weber (CSU; 43 Prozent im ersten Wahlgang) in der Stichwahl gegen Dirk Wurm (SPD; 18,8 Prozent) durchsetze­n, müsse sie sich auf eine starke Fraktion und eine breite Mehrheit im Stadtrat stützen können. Knappe Mehrheiten mit vielen Partnern würden „den großen Aufgaben nicht gerecht“, so Ullrich.

Wie berichtet hatte die V-Partei ein Bündnis unter grün-roter Führung ins Gespräch gebracht, das aber nicht zuletzt wegen der hauchdünne­n Mehrheit momentan von niemandem ernsthaft verfolgt wird. Ein konservati­v-liberales Bündnis unter Führung der CSU als Gegenmodel­l würde rechnerisc­h gar keine Mehrheit zusammenbr­ingen.

Was das künftige Verhältnis der drei größten Fraktionen CSU (20 Sitze), Grüne (14) und SPD (9) betrifft, äußert sich momentan niemand – erst müsse man einmal die Stichwahl abwarten. Ab Montag soll es telefonisc­he Sondierung­en in alle Richtungen geben.

Nachdem Linksparte­i und V-Partei Wahlempfeh­lungen für SPD-Mann Wurm abgegeben haben, versucht die SPD aktuell noch, weitere Parteien zu gewinnen. Der Abstand zwischen Weber und Wurm im ersten Wahlgang war zwar beträchtli­ch, die SPD will aber vermutlich möglichst viele Prozente für Wurm holen, um auch im Fall einer Niederlage gestärkt in etwaige Verhandlun­gen gehen zu können. Unter anderem ist die SPD mit den Freien Wählern in Gesprächen wegen einer Wahlempfeh­lung, bestätigen beide Seiten – das sei aber weder entschiede­n, noch gehe es um mehr.

Seit einigen Tagen wabert in politische­n Kreisen neben anderen nebulösen Vermutunge­n das Gerücht herum, dass die SPD an einer Zusammenar­beit mit den Freien Wählern interessie­rt sei. Das würde der SPD womöglich dazu verhelfen, in Gemeinscha­ft mit den Freien Wählern zusammen auf zwölf Sitze (neun SPD, drei FW) zu kommen. Hintergrun­d: Ab zehn Sitzen stehen Fraktionen mehr Mitarbeite­r zu. Und es gibt eine Folgeüberl­egung: Zwölf Sitze von SPD und Freien Wählern würden zusammen mit den 20 CSUSitzen und der OB-Stimme (egal, ob von Weber oder Wurm) 33 Sitze ergeben – eine Mehrheit. In dieser Konstellat­ion könnte es der SPD womöglich gelingen, zwei Referenten­posten zu halten. Von einer stabilen Mehrheit, wie sie die CSU will, ist man aber entfernt. SPD-Fraktionsc­hef Florian Freund winkt bei diesen Gedankensp­ielen ab. „Wir konzentrie­ren uns auf die Stichwahl. Um nichts anderes geht es gerade.“

Rechnerisc­h läge nach wie vor ein Zweierbünd­nis aus CSU und Grünen mit 34 Sitzen zuzüglich der OBStimme nahe. Für eine breite Mehrheit könnte ein weiterer Partner, etwa SPD oder FW, dazugenomm­en werden. Es ist offensicht­lich, dass Eva Weber und Grünen-Fraktionsc­hefin Martina Wild gut miteinande­r können. Ob an den Basen beider Parteien eine Koalition, die über die bisherige Kooperatio­n hinausgeht, Beifall finden würde, ist eine andere Frage. Inhaltlich gibt es Andockstel­len, aber auch viele Differenze­n, wobei dies auch für die SPD gilt. Letztlich, sagt Grünen-Fraktionsc­hefin Martina Wild, entschiede­n am Ende die inhaltlich­en Schnittmen­gen über eine Zusammenar­beit.

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Foto: Ulrich Wagner Wer hat künftig die Mehrheit im Augsburger Rathaus? Im Hintergrun­d wird schon gearbeitet.

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