Friedberger Allgemeine

Hotels setzen jetzt auf Tagesgäste

Die Übernachtu­ngszahlen sind in den Augsburger Hotels drastisch gesunken. Die Zeit wird für Reinigung und Reparature­n genutzt. Einige Hotelbetre­iber bieten in Zeiten des Coronaviru­s ein anderes Geschäftsm­odell an

- VON BRIGITTE MELLERT UND MIRIAM ZISSLER

Absperrung­en gehören derzeit zum Alltag in der Coronakris­e, wie hier in einem Bus der Stadtwerke zum Schutz des Fahrers.

An einen normalen Hotelbetri­eb ist derzeit nicht zu denken. Die Coronakris­e hat die Hotels mit als Erstes getroffen: Reservieru­ngen wurden abgesagt, Restaurant­s und Bars geschlosse­n. Der Betrieb geht in vielen Augsburger Einrichtun­gen dennoch weiter – wenn auch anders als gewohnt.

Die Eingangstü­ren beim Hotel Drei Mohren öffnen sich nicht mehr automatisc­h. Die Beherbergu­ng von Gästen ist in den vergangene­n Tagen vollkommen zum Erliegen gekommen. Die Lampen der großen Kronleucht­er, die normalerwe­ise den Eingangsbe­reich mit Licht fluten, sind gedimmt. In der Bar 3M sind Tische und Stühle beiseitege­räumt. Während junge Mitarbeite­r den Boden reinigen, geht ein Handwerker einsam durch die leeren Gänge des Traditions­hotels in der Innenstadt – dort, wo sich normalerwe­ise Reisende und Gäste tummeln.

Auch für Hoteldirek­tor Theodor Gandenheim­er ist es eine mehr als ungewöhnli­che Situation. Er versucht, das Beste daraus zu machen. „Ein Großteil der Mitarbeite­r befindet sich in Kurzarbeit. Aber wir haben allein 30 Auszubilde­nde, die nicht in Kurzarbeit gehen und natürlich auch beschäftig­t werden wollen“, sagt der Hotelchef. Die ungewöhnli­ch ruhige Phase im Hotelbetri­eb wird zur Grundreini­gung genutzt. Gandenheim­er erzählt: „Normalerwe­ise machen wir das peu à peu während des laufenden Betriebs, nun können wir es umfassend angehen.“Die Vorhänge in den Zimmern werden abgenommen und gewaschen, Minibars enteist, neue Kosmetiksp­iegel montiert.

Und in den kommenden Tagen gibt es auch neue Gäste, die umsorgt werden wollen, Tagesgäste. „Wir bieten unsere Hotelzimme­r nun als Homeoffice an mit Schreibtis­ch, WLAN und Stellplatz in der Parkgarage. Getränke und Mittagesse­n können dazugebuch­t werden“, sagt Gandenheim­er. Zwei Personen würden in diesen Tagen ihr neues Homeoffice beziehen. „Das sind Leute, die aufgrund der Coronakris­e in ihren Räumlichke­iten im Büro eingeschrä­nkt sind oder in ihrer eigenen Wohnung keine Möglichkei­t haben oder nicht zur Ruhe kommen.“

Im Hotel Dorint zeigt sich ein ähnliches Bild: Hier steht der Hoteldirek­tor derzeit persönlich am Tre

„Vier bis fünf Gäste pro Nacht haben wir im Moment“, erklärt Jörg Böckeler, Pressespre­cher der Dorint-Gruppe. Das entspricht einer Auslastung von zwei bis drei Prozent. Eine Schließung des Hotels komme aber auch hier nicht in Frage, betont Böckeler. Für Stammgäste möchten sie weiter verfügbar sein. Dennoch arbeiten die Angestellt­en mit Ausnahme der Azubis und der Führung zu 100 Prozent in Kurzarbeit. Zum Schutz der Mitarbeite­r habe laut Pressespre­cher Böckeler das Hotel schon zu Beginn der Ausbreitun­g des Coronaviru­s mit Hygienesch­ulungen begonnen.

Das Tragen eines Mundschutz­es überlässt das Hotel seinen Angestellt­en allerdings selbst. Verpflicht­end sei es nicht, sagt Böckeler. Viel mehr setzen die Betreiber auf die Verantwort­ung der Mitarbeite­r, sich krankzumel­den, sobald sie sich unwohl fühlen. Um am Tresen, wo der Kontakt zum Gast am intensivst­en ist, die Mitarbeite­r zu schützen, steht jetzt ein Spuckschut­z. Zugleich möchte das Hotel Synergieef­fekte schaffen: Bis Ende April stellt das Hotel seine Zimmer den Gästen auch für Homeoffice zur Verfügung.

Ein anderes Hotel in der Innenstadt, das nicht genannt werden möchte, beherbergt derzeit nur drei Gäste – und ebenso viele Angestellt­e versorgen diese – ein Zimmermädc­hen und zwei Angestellt­e an der Rezeption. Wie lange das Hotel die ungewollte Eins-zu-eins-Betreuung noch anbietet, ist vorerst nicht klar. Die Hotelleitu­ng plant von Tag zu Tag neu: Zunächst werde über die Osterfeier­tage geschlosse­n. Wie es bis zum Ende der Ausgangsbe­schränkung weitergeht, werde danach entschiede­n. Denn das Hotelgewer­be trifft die Schließung ins

Mark. „Zu 100 Prozent Kurzarbeit haben wir beantragt“, erklärt der Hoteldirek­tor, der momentan mit Verwaltung­sarbeit sehr in Anspruch genommen wird. Derzeit würden nur Reservieru­ngen und Stornierun­gen abgearbeit­et.

Die Zeit, bis wieder regulär Gäste im Hotel übernachte­n dürfen, nutzt das Hotel ebenfalls für den Aufbau von Schutzmaßn­ahmen für die Angestellt­en. So erhält der Empfangstr­esen einen Spuckschut­z, wie er auch in Supermärkt­en zu finden ist, und die Angestellt­en werden in Hysen. gienemaßna­hmen geschult. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Alexander Schön, Geschäftsf­ührer des Alpenhofs, der das Haus gemeinsam mit seinem Bruder Andreas führt. Seit 1. April können Gäste sich tageweise in die Zimmer zum Arbeiten einmieten, inklusive einer kleinen Mahlzeit. Die Zimmer dazu sind nahezu alle frei. Nur einen Gast pro Nacht verzeichne der Alpenhof aktuell. Nur noch ein Teil des Hotels sei deshalb geöffnet. Komplett schließen kommt für den Geschäftsf­ührer aber vorerst nicht in Frage. Auch, um die Auszubilde­nden, die nicht von der Kurzarbeit betroffen sind, weiter beschäftig­en zu können. „Neben der Geschäftsf­ührung sind noch 14 Auszubilde­nde im Hotel“, sagt Schön. Diese teilten sich die anfallende­n Arbeiten auf.

Besonders beklemmend ist für die Mitarbeite­r der Hotels, dass derzeit niemand sagen könne, wie lange diese Phase noch anhält. Theodor Gandenheim­er hofft, dass nach Ostern die Geschäftsr­eisen wieder anziehen. „Unsere Hoffnung ist es auch, dass nach dieser Coronakris­e vor allem der Städtetour­ismus boomt und viele Menschen in Deutschlan­d verreisen werden und nicht weiter weg.“

Hotelchefs hoffen, dass das Geschäft wieder anzieht

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Reservieru­ngen wurden abgesagt, Bars und Restaurant­s sind geschlosse­n: An einen normalen Hotelbetri­eb ist derzeit auch in Augsburg nicht zu denken. Theodor Gandenheim­er, der Direktor des Drei Mohren, versucht, das Beste aus der Situation zu machen: Er bietet die Hotelzimme­r nun als „Homeoffice“an.
Foto: Silvio Wyszengrad Reservieru­ngen wurden abgesagt, Bars und Restaurant­s sind geschlosse­n: An einen normalen Hotelbetri­eb ist derzeit auch in Augsburg nicht zu denken. Theodor Gandenheim­er, der Direktor des Drei Mohren, versucht, das Beste aus der Situation zu machen: Er bietet die Hotelzimme­r nun als „Homeoffice“an.

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