Friedberger Allgemeine

Schwere Zeiten im Altenheim

Im Heim der Arbeiterwo­hlfahrt gibt es drei Infizierte. Bei einigen Angehörige­n liegen deshalb die Nerven blank

- VON EVA MARIA KNAB

Bei einigen Angehörige­n liegen die Nerven blank. Seit im Altenheim der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) in Göggingen drei Senioren mit dem Corona-Virus infiziert sind und isoliert werden mussten, sind schwere Zeiten durchzuste­hen. Nicht nur für die über 70 Bewohner des Heims und deren Angehörige. Auch das Heimparlam­ent ist besonders gefordert. „Es gibt Angehörige, die sehr besorgt sind“, sagt dessen Sprecher Franz Kießling.

Im AWO-Heimparlam­ent sind Bewohner und deren Angehörige vertreten. Es wird alle zwei Jahre neu gewählt. Kießling, der für das Gremium spricht, betreut selbst eine 92-jährige Seniorin in der Einrichtun­g in Göggingen. Deshalb kennt er die Sorgen und Probleme, die seit der Coronakris­e viele Angehörige umtreiben, etwa das generelle Besuchsver­bot in allen Altenheime­n,

das die Senioren besser vor Ansteckung schützen soll, das aber auch seit Wochen auch einen engeren Kontakt mit deren Familien verhindert. Besonders angespannt ist die Situation im AWO-Heim Göggingen, seit dort drei Bewohner an Covid-19 erkrankt sind. Nicht nur sie wurden isoliert. Aus Sicherheit­sgründen müssen jetzt alle Bewohner auf ihren Zimmern bleiben. Dazu mehren sich die Nachrichte­n aus anderen Altenheime­n in Schwaben und Bayern, in denen Senioren am gefährlich­en Virus starben.

Franz Kießling sagt, das Hauptanlie­gen vieler Angehörige­r sei, wann sie wieder auf Besuch ins Heim kommen können. Zwar gebe es bei der großen Mehrheit ein Verständni­s für das Besuchsver­bot. Einzelne seien jedoch verärgert. Da kochen schnell Emotionen hoch. „Einen Anrufer mussten wir kürzlich eine Stunde lang beruhigen, aber es war nicht möglich.“Kießling

versichert in solchen Fällen, dass die Bewohner auch unter den erschwerte­n Umständen gut versorgt würden. Das Heimperson­al sei schnell wieder aufgefüllt worden, nachdem einige Mitarbeite­r in Quarantäne mussten. Allerdings hätten die Mitarbeite­r nun einen erhöhten Aufwand bei der Essensausg­abe, Betreuung und Pflege, weil alles auf den Zimmern erfolgen muss und nichts mehr in den Gemeinscha­ftsräumen stattfinde­n kann. Der Sprecher des Heimparlam­ents sagt aber auch, dass die Senioren in ihren Zimmern nicht komplett von der Außenwelt abgeschnit­ten sind. Die Bewohner in den beiden Wohngruppe­n hätten überwiegen­d ein Telefon, um mit Angehörige­n zu sprechen. Fast alle hätten auch Fernsehen und Radio im Zimmer. Angehörige können außerdem Dinge im Heim abgeben, die sie den Senioren zukommen lassen wollen.

Besonders schwierig ist die Situation allerdings derzeit für demente Heimbewohn­er. „Sie können nicht verstehen, dass sie plötzlich keinen Besuch mehr bekommen“, sagt Kießling. Sie können auch nicht selber ans Telefon gehen. Deshalb seien die Angehörige­n dieser Menschen oft auch besonders beunruhigt. Er verweist darauf, dass Anrufer jederzeit Informatio­nen bekommen können, allerdings nur über mit ihnen verwandte Heimbewohn­er und nicht über andere. „Die sensible Situation der Demenzkran­ken ist für uns alle eine große Herausford­erung“, sagt der Sprecher des Heimparlam­ents. Es gebe jedoch insgesamt viel Lob und Dank für die Mitarbeite­r im AWO-Heim – und nur vereinzelt Kritik.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Im Seniorenhe­im der AWO in Göggingen gibt es drei Corona-Fälle. Deshalb müssen derzeit alle Bewohner auf ihren Zimmern bleiben.
Foto: Klaus Rainer Krieger Im Seniorenhe­im der AWO in Göggingen gibt es drei Corona-Fälle. Deshalb müssen derzeit alle Bewohner auf ihren Zimmern bleiben.

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