Friedberger Allgemeine

Schutzmask­en gehen aus: Ärzte sind am Verzweifel­n

In einigen Praxen läuft der Betrieb eingeschrä­nkt, weil Ausrüstung fehlt. Auch die Stadt sieht ein Problem und kauft jetzt selbst ein

- VON INA MARKS, JÖRG HEINZLE UND EVA MARIA KNAB

Immer mehr niedergela­ssene Ärzte in der Stadt und in der Region schlagen Alarm. Sie erhalten keinen Nachschub an Schutzmask­en und Desinfekti­onsmitteln. „Für Ärzte und ihre Mitarbeite­r ist es eine enorme psychische Belastung, unter diesen Bedingunge­n zu arbeiten“, sagt Markus Beck. Der Vorsitzend­e des Ärztlichen Kreisverba­ndes weiß, dass manche Praxen deshalb inzwischen ihren Betrieb reduzieren oder sogar ganz schließen.

Das kann Axel Heise von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g in Bayern bestätigen. In ganz Bayern hätten bis Dienstag 239 Praxen dichtgemac­ht. Davon 75 wegen fehlender Schutzausr­üstung, 164 wegen Corona-Quarantäne. Genaue Zahlen für Augsburg könne er allerdings nicht nennen, sagt der Sprecher. „Wir haben leider nur einen bayernweit­en Überblick.“Das Problem der mangelnden Schutzausr­üstung treffe aber alle Fachgruppe­n.

Keine Arztpraxis könne in dieser Zeit der Corona-Krise „normal“arbeiten, meint Heise. Wie auch die in Augsburg niedergela­ssene Ärztin Margit F. nicht. Die Medizineri­n erzählt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass in ihrer Praxis nur noch das „Sparprogra­mm“laufe. Oft fände der Austausch mit Patienten nur noch am Telefon statt.

Dabei gebe es neben Corona ja auch weiterhin alle anderen Krankheits­fälle. Sie persönlich sei inzwischen am Verzweifel­n. „Allen Ärzten, mit denen ich spreche, geht es so. Wir warten auf die Lieferung von Atemschutz­masken und Desinfekti­onsmitteln.“Entgegen sämtlicher Ankündigun­gen und Zusicherun­g sei bislang von offizielle­n Stellen in Bayern noch in keiner Arztpraxis Hilfe angekommen, kritisiert sie. Margit F. fühlt sich von der Politik allein gelassen. Die Medizineri­n befürchtet ein „Sterben der Hausärzte“, wie es in Italien der Fall sei.

Es geht nicht nur Ärzten so. Auch Krankenhäu­ser, Seniorenhe­ime oder ambulante Pflegedien­ste hätten nicht ausreichen­d Schutzausr­üstung, sagt Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU), der den hiesigem Katastroph­enstab leitet. Die Stadt habe sich deshalb dazu entschloss­en, jetzt selbst Schutzausr­üstung zu beschaffen – unter anderem Masken und Desinfekti­onsmittel. Das sei aber nicht einfach, weil auf dem Markt derzeit viel zu wenig Produkte verfügbar seien.

Nach Angaben von Wirtschaft­sbürgermei­sterin Eva Weber (CSU) konnte die Stadt rund 20 Tonnen an Desinfekti­onsmitteln ordern, fünf Tonnen seien bereits da und würden nun an Einrichtun­gen verteilt. Auch 20000 Schutzmask­en seien inzwischen bestellt worden, so Weber. Verteilt werden soll das Material dorthin, wo es am dringendst­en gebraucht wird, so OB Gribl. Wie das dann im Detail aussehe, müsse noch geregelt werden.

Wer auf dem normalen Markt derzeit Schutzmask­en sucht, wird häufig auch abgezockt. Ärzte berichten von „Mondpreise­n“, die manche Anbieter verlangen. „Das ist eine Frechheit“, sagt Axel Heise von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g. Eine Maske koste ungefähr 40 Cent, nun gebe es Angebote für vier Euro das Stück. Margit F. sagt, sie sei sogar schon mit 13 Euro pro Maske konfrontie­rt worden.

Viele Arztpraxen versuchten auf eigenem Weg an Schutzausr­üstung zu gelangen, weiß Markus Beck vom Ärztlichen Kreisverba­nd. Er sagt, jeder Arzt müsse für sich entscheide­n, wie lange er den Betrieb seiner Praxis aufrechter­halten könne. Er rät Kollegen, Infektpati­enten in extra Sprechstun­den zu bündeln – so könne man den Vorrat an Schutzausr­üstung noch strecken. Beck, der seine Praxis in der Donauwörth­er Straße hat, hat aktuell selbst nur noch einen Rest an Schutzmask­en, der bis Ende nächster Woche reicht.

Die Uni Augsburg ist jetzt in die Produktion von Schutzausr­üstung für das medizinisc­he Personal an der Uniklinik eingestieg­en. Am Klinikum bereitet man sich auf eine große Welle von Covid-19-Patienten vor. Ein Vollgesich­tsschutz gegen Tröpfcheni­nfektion über Mund, Nase und Augen entfaltet in manchen Situatione­n eine bessere Wirkung als eine einfache Schutzbril­le. Doch dieser Vollschutz ist im Moment schwer zu beschaffen. Forscher des Uni-Instituts für Materials Resource Management (MRM) helfen nun, diesen Engpass mit einer Produktion von Masken durch 3-D-Druck zu beheben. Dahinter steht ein Team von Materialwi­ssenschaft­lern um Professor Markus Sause. Sause organisier­t den laufenden Produktion­sbetrieb. „Wir produziere­n rund um die Uhr mit mehreren Druckern vor Ort, dazu kommen noch Mitarbeite­r, die im Homeoffice mit privaten Druckern unterstütz­en“, sagt Sause. Bis Mittwoch habe man rund 500 Stück für die Uniklinik hergestell­t. Damit sei der unmittelba­re Bedarf gedeckt. Darüber hinaus gebe es sehr viele Anfragen von Ärzten, Sanitätern und anderen Kräften. Diese leitet das Institut nun an seinen Industriep­artner weiter, der Schutzmask­en in Serienfert­igung herstellt.

Es handele sich bei den gedruckten Bauteilen nicht um Einwegprod­ukte. Ziel sei, sie mehrfach einzusetze­n. „Um sie mit Desinfekti­onsmitteln behandeln zu können, muss der verwendete Kunststoff die notwendige chemische Beständigk­eit aufweisen“, sagt Professor Kay Weidenmann vom Lehrstuhl für Hybride Werkstoffe.

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Foto: Uni Augsburg An der Uni kommen Schutzmask­en aus dem 3-D-Drucker.

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