Friedberger Allgemeine

Wie Seniorenhe­ime sich wappnen

Nach dem Tod zweier Bewohnerin­nen des AWO-Heims in Aichach steigt auch die Anspannung in anderen Pflegeeinr­ichtungen im Landkreis

- VON NICOLE SIMÜLLER UND ANJA DONDL

Aichach-Friedberg Nach dem Tod zweier Bewohnerin­nen des AWOSeniore­nheims in Aichach sind die dortigen Mitarbeite­r hoch motiviert, die Situation zu meistern. Sie krempelten die Ärmel hoch, sagte Dieter Egger, Vorstandsv­orsitzende­r der AWO Schwaben, am Donnerstag.

Wie berichtet, sind zwei Heimbewohn­erinnen im Alter von 86 und 91 Jahren gestorben. Laut AWO stehen die Todesfälle „wohl im Zusammenha­ng mit der Corona-Pandemie“. Nach Angaben des Gesundheit­samts vom Mittwoch ist nicht klar, ob die beiden „mit oder an Covid-19“gestorben sind. Die 86-Jährige starb im Heim; sie war positiv getestet. Die 91-Jährige war mit akuter Atemnot ins Krankenhau­s gebracht worden und starb dort an den Symptomen. Ein Test zeigte, dass auch sie das Virus in sich trug.

Egger sagte, nun sei es wichtig, dass alle Bewohner und Beschäftig­ten getestet würden und die negativ Getesteten schnell aus der Quarantäne kämen. Laut Landratsam­t sind vier Bewohner und eine im Heim beschäftig­te Person positiv getestet. Von den weiteren Verdachtsf­ällen mit typischen Symptomen ist einer getestet – negativ. Im Landkreis haben sich bislang 158 Menschen infiziert. Davon sind 48 wieder gesund. In den Kliniken an der Paar werden zwölf Corona-Patienten stationär behandelt; davon eine Person, die auf der Intensivst­ation liegt und beatmet wird.

AWO-Vorstandsv­orsitzende­r Egger hält es nun vor allem für wichtig, Ruhe im Heim in Aichach zu verbreiten. „Emotionale Probleme sind schlecht fürs Immunsyste­m.“Wichtig sei vor allem, dass die den Bewohnern vertrauten Mitar

bald wieder einsetzbar seien. Über Telefon oder Skype werde versucht, den Kontakt zwischen Bewohnern und Familien zu halten.

Das Berufsetho­s der Mitarbeite­r sei immens, ebenso die Solidaritä­t im Verband mit den vom Coronaviru­s betroffene­n Häusern. Wo Personal ausfällt, helfen Egger zufolge andere Häuser aus. Schutzausr­üstung sei ausreichen­d vorhanden. Was Egger Sorgen macht: „Wenn Menschen über Wochen kein Wochenende und keine Freizeit mehr haben, zehrt das an den Kräften und an der Psyche. [...] Wie lange hält man dieses hohe Motivation­slevel durch?“

Am Dienstag traf das Gesundheit­samt Regelungen für das Heim, die laut einer Mitteilung Grundlage einer Anordnung sind, die nun für alle stationäre­n Alten- und Pflegeeinr­ichtungen im Landkreis getroffen wird. Darin werden detaillier­t die Vorsorgema­ßnahmen und das Vorgehen im Fall der Fälle geregelt.

Im Haus an der Paar in Aichach verfolgt man die Lage mit Sorge. 83 Bewohner werden laut Heimleiter­in Lolita Höpflinger derzeit betreut. Zweimal täglich wird bei ihnen und den Beschäftig­ten Fieber gemessen, wie es auch im AWO-Heim geschieht. „Wir desinfizie­ren rauf und runter.“Sicherheit­sabstände würden, wo es möglich ist, eingehalte­n. Jüngst bekam das Heim Schutzkitt­el, Desinfekti­onsmittel und Masken vom Landratsam­t geliefert. Woran es mangle, seien dreilagige OP-Masken. Um die Mitarbeite­r zu motivieren, dürfen sie im Dienst kostenlos im Heim mitessen. Höpflinger: „Alle halten zusammen.“

Das Karl-Sommer-Stift in Friedberg hatte bisher keinen Verdachtsf­all. Einrichtun­gsleiter Jakob Alaskiewit­sch erzählt, dass sich der Pflegebere­ich vom Betreuten Wohnen abgeschott­et habe. Der Träger, das Diakonisch­e Werk, habe einen Aufnahmest­opp verhängt. Der Einrichbei­ter tungsleite­r macht sich hauptsächl­ich Sorgen über mögliche Isolierung­smaßnahmen: „Wir haben 70 Prozent Doppelzimm­er.“Einzelne Personen zu isolieren, stelle eine große Herausford­erung für die kleine Einrichtun­g dar. Man arbeite an Ausweichmö­glichkeite­n.

Auch im Caritas-Seniorenze­ntrum St. Agnes in Mering wurden noch keine Verdachtsf­älle verzeichne­t. Leiter Klaus Mayinger ist optimistis­ch: „Wir arbeiten immer so, dass sich Infektione­n nicht verbreiten können.“Die Mitarbeite­r würden genau instruiert. Aber es gebe zu wenig Schutzklei­dung und Masken. Um den Bewohnern die Kontaktspe­rre zu erleichter­n, habe man eine Sprechstel­le eingericht­et. Über Kopfhörer könnten sie durch die geschlosse­ne Glastür mit ihren Angehörige­n sprechen und sie sehen. „Das kommt so gut an, dass wir nun über eine zweite Sprechstel­le nachdenken.“

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