Bayern startet eigene Corona-Studie
In München wollen Wissenschaftler 3000 Haushalte auf das Virus untersuchen. Das soll klären, wie viele Menschen sich angesteckt haben – ohne es womöglich bemerkt zu haben
Zwei-Sterne-Koch kocht für Mitarbeiter der Uniklinik
Seit über 30 Jahren führt Christian Grünwald sein Restaurant August in Augsburg. Seit 2008 erhält er Jahr für Jahr zwei Michelin-Sterne für seine Kreationen. Über seine Küche dürfen sich während der Coronakrise nun die Mitarbeiter der Augsburger Uniklinik freuen. „Sie sind in dieser Ausnahmesituation besonders beansprucht. Ich wollte ihnen eine Freude machen und einfach tolle Gerichte auf den Gaumen zaubern“, sagt Grünwald. Die Aktion kommt bei den Mitarbeitern sehr gut an. Kein Wunder bei Gerichten wie Risotto Milanese mit Spargel aus der Region, Safran und Bärlauch.
406 Autos zerkratzt – Student muss in Haft
Weil er hunderte Autos zerkratzt hat, muss ein junger Mann in Unterfranken für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Schweinfurt verurteilte den 26-Jährigen wegen Sachbeschädigung. Nach 24 Verhandlungstagen sah es die Große Strafkammer als erwiesen an, dass der Student insgesamt 406 Autos mit einem spitzen Gegenstand zerkratzt und dabei einen Schaden von rund 440000 Euro angerichtet hatte. Zu seinem Motiv wurde nichts bekannt. Eine Sonderkommission namens „Lackkratzer“hatte wochenlang nach dem Täter gesucht. Schließlich konnte der Angeklagte im April 2018 auf frischer Tat gefasst werden. Eine Anwohnerin hatte nachts Kratzgeräusche gehört und die Polizei gerufen. Beamte trafen auf den 26-Jährigen. Er soll eine Schraube dabei-gehabt haben.
Im Kampf gegen das Coronavirus will Bayern verstärkt auf wissenschaftliche Daten setzen. Deshalb startet der Freistaat eine groß angelegte Studie. Ab Sonntag wird ein aus 50 Medizinern und 70 Studenten bestehendes Forscherteam um den Tropenmediziner Professor Michael Hölscher in München 3000 zufällig ausgewählte Haushalte auf den Corona-Erreger untersuchen. Ihr Ziel: Herausfinden, wie viele Menschen schon mit dem Virus infiziert sind, vielleicht sogar, ohne es zu wissen. Fakten seien gerade in der aktuell sehr emotionalen Situation auch für politische Entscheidungen wichtig, sagte Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU): „Wir müssen das Virus in seiner Verbreitung verstehen, damit wir es besiegen können.“
Michael Hölscher, Leiter der Abteilung Infektions- und Tropenmedizin am Klinikum der Universität München, erklärte das Vorhaben am Freitag so: Der Großteil der Menschen, die sich mit Corona anstecken, entwickeln keine Sympto
„Die Dunkelziffer der Infizierten liegt zwischen einem und zehn Prozent der Bevölkerung“, sagte er. Weil die Werte aber so weit auseinanderlägen, wisse niemand genau, wie weit sich Corona schon in der Bevölkerung verbreitet habe.
Um auch ohne Impfungen eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen – also einen Zustand, in dem ein Großteil der Bevölkerung immun ist gegen Covid-19 und sich der
Erreger deshalb nicht weiter verbreiten kann –, müssen sich etwa 80 Prozent der Bevölkerung mit Corona angesteckt haben. Die Münchner Studie soll dabei helfen, Modelle zu erstellen, wie lange es dauern könnte, diese Herdenimmunität zu erreichen, erklärt Hölscher. Eine wichtige Information, auch wenn es darum geht, wie eine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen einmal aussehen könnte, ergänzte Sibler. Denn diese Lockerungen müssten auf Basis von wissenschaftlichen Daten diskutiert werden. Wie also geht das Forscherteam in München vor? Wissenschaftler sollen – jeweils begleitet von einem Polizisten – 3000 zufällig ausgewählte Haushalte in München untersuchen. Den Probanden werden drei Milliliter Blut abgenommen. Dieses Blut wird auf Antikörper gegen das Coronavirus untersucht. Weil die jetzigen Antikörper-Tests aber noch nicht sehr präzise sind, werde es – sobald bessere Tests verfügbar seien – neu untersucht, um so herauszufinden, wie viele Menschen sich mit Corona angesteckt haben, ohne es zu bemerken. Die Blutabnahme soll alle drei Wochen wiederholt werden. Angelegt ist die Untersuchung auf ein Jahr. Die ersten Ergebnisse sollen schon in wenigen Wochen veröffentlicht werden.
Doch das Projekt ist nur die Spitze des Eisbergs. In Bayern befassen sich Forscher landauf, landab mit Corona. Einige Beispiele: Das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz an der Uniklinik Würzburg untersucht, wie Patienten mit einem schwachen Herzen auf die Infektion reagieren. An der Uniklinik Regensme. burg werden Testverfahren auf Corona entwickelt und mögliche Therapieformen untersucht. In Erlangen laufen Impfstoff-Forschungen. Zwei inzwischen genesene CovidPatienten überließen den Wissenschaftlern dort Blutspenden, aus denen die Gene von mehreren tausend Antikörpern identifiziert werden konnten. 20 bis 50 Prozent davon seien voraussichtlich gegen das Virus gerichtet. Diese sollen nun gentechnisch hergestellt werden. Auch an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) wird an einem Impfstoff geforscht.
Das Münchner Klinikum rechts der Isar ist eines von derzeit vier deutschen Zentren, die an einer Zulassungsstudie des als vielversprechend geltenden Medikaments Remdesivir arbeiten. Das Mittel war ursprünglich zur Behandlung von Ebola entwickelt worden. Auch die München Klinik Schwabing, die deutschlandweit die längste Erfahrung mit Corona-Patienten hat, weil dort im Januar die ersten erkrankten Mitarbeiter der Firma Webasto behandelt wurden, nimmt an dieser Studie teil.
Forscher arbeiten mit der Polizei zusammen