Finanzmisere in Friedberg
Wegen Corona fehlen zehn Millionen Euro im Haushalt der Stadt Friedberg. Die ersten Projekte sind deshalb bereits gestoppt. Bürgermeister befürchtet „Bruchlandung“
Wegen der Corona-Krise fehlen zehn Millionen Euro im Haushalt der Stadt Friedberg. Die ersten Projekte sind bereits gestoppt. Wie es weiter geht.
Friedberg Geschätzt zehn Millionen weniger an Steuereinnahmen: Bürgermeister Roland Eichmann befürchtet, dass die Corona-Krise die Stadt stark schwächen und auf lange Sicht beschäftigen wird. Die Grünen-Fraktion im Stadtrat sieht das offenbar genauso und hat einen Antrag gestellt, dass der Stadtrat in seiner am 23. April geplanten Sitzung angesichts der dramatischen finanziellen Entwicklung eine Prioritätenliste erstellen soll. Dazu solle die Verwaltung eine Auflistung der bereits begonnenen und der vor der Vergabe stehenden Projekte vorlegen.
Laut Eichmann haben die einzelnen Referate und Abteilungen bereits begonnen, den Etat zu durchforsten. Erste Projekte wurden bis auf Weiteres gestoppt, eine halbe Million Euro Einsparpotenzial sei gefunden. Ihm ist aber klar, dass das bei Weitem nicht reichen wird. Die Zuführung vom Verwaltungs- zum
Selbst ohne Investitionen fehlen drei Millionen Euro
Vermögenshaushalt betrüge – ohne Corona berechnet – sieben Millionen. Das ist Geld, das die Kommune investieren kann. Selbst wenn man Investitionen auf Null setzt, fehlen drei Millionen. Eichmann hat bereits mit vielen Unternehmen telefoniert, um die Lage zu sondieren. Außerdem liegen die Rückerstattungen für Gewerbesteuervorauszahlungen bereits jetzt bei drei Millionen Euro.
Hinzu kommen Einnahmenverluste aus der Einkommenssteuer, wenn Friedberger in Kurzarbeit gehen oder gar arbeitslos werden. Eichmann hat daher bereits erste Projekte gestoppt, darunter das millionenteure Erdaushublager im neuen Baubetriebshof. Hier laufen, bis die Lage klar ist, nur noch Planungen. Auch die Sanierung der Bahnhofstraße, die kommendes Jahr endlich starten sollte, steht auf der Kippe. „Hier brauchen wir bald eine Entscheidung, denn es geht darum, ob wir in die Ausschreibung gehen.“
Grundsätzlich ist Eichmann ausnahmsweise einig mit den Grünen: Es brauche eine Prioritätenliste. Doch am Termin Ende April hegt er Die Verwaltung, gehandicapt durch Homeoffice, Osterfeiertage und Ferien, müsste die Vorlage für die Sitzung bis 16. April erstellen. „Es ist nicht sicher, ob das in der gebotenen Tiefe und Qualität dargebracht werden kann.“Es werde jedoch sicherlich Einzelentscheidungen geben müssen. „Generell müssen wir sehr vorsichtig sein“, so Eichmann, der eine „ungeahnte Bruchlandung“befürchtet, wie sie noch nie da gewesen sei.
Das verschärft die Frage, wie die Stadt in einer derart unsicheren Phase handlungsfähig bleibt. Eine Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses und eine Stadtratssitzung wurden bereits abgesetzt – unter anderem, weil Stadträte sich auf ihre Vorbildfunktion besannen und nicht tagen wollten, während alle anderen ihre Versammlungen absagen müssen. Nachdem Eichmann eine Handreichung des Ministeriums zu dieser Problematik erhalten hat, geht er jedoch davon aus, dass der Termin am 23. April gehalten werden kann.
Die Sitzung ist in der Schulmensa geplant – mit entsprechend großen Abständen. Plätze für Presse und andere Zuhörer sind vorgesehen. Denn der Freistaat hat betont, dass Stadtund Gemeinderäte wegen der Öffentlichkeit in Präsenz-Sitzungen zusammenkommen müssen. VideoChats zwischen Räten oder schriftliche Abstimmungen vom heimischen Sofa aus sind also zum Beispiel nicht möglich. Eine andere Lösung wäre ein Ferienausschuss, wie ihn zum Beispiel der Augsburger Stadtrat hat.
Dieses kleine Gremium kann in sitzungsfreien Phasen – normalerweise den Sommerferien – drängenZweifel. de Beschlüsse fassen, damit Projekte nicht stagnieren. Einen solchen Ausschuss gibt es in Friedberg noch nicht, der Bürgermeister strebt ihn allerdings für die nächste Periode an.
Diese beginnt mit zwei konstituierenden Sitzungen am 7. und 14. Mai, die erste Arbeitssitzung folgt am 28. Mai. Was am 23. April überhaupt auf die Tagesordnung kommt, steht noch nicht fest. Die Vorgabe des Ministeriums ist es laut Eichmann, die Sitzung möglichst kurz zu halten. Angesetzt werden, in Absprache mit den Fraktionsvorsitzenden, deshalb Themen, die haushalterisch von Belang sind, die dringend eine Entscheidung benötigen oder die bereits so lange diskutiert wurden, dass sie ohne Debatte im Schnellverfahren abgestimmt werden können.