Friedberger Allgemeine

Milde Nächte machen Kröten Beine

Natur Die Amphibien wandern dieses Jahr sehr früh und sehr zahlreich zu ihren Laichplätz­en. Amphibienz­äune schützen sie. In Ried tragen Helfer sie aber nicht über die Straße – aus einem cleveren Grund

- VON GERLINDE DREXLER UND MANUELA KRÄMER

Aichach-Friedberg Kröten, Frösche und Lurche erwachen aus ihrer Winterstar­re. Schon seit Mitte März wandern sie zu ihren Laichgründ­en. Krötenzäun­e und Tunnel sollen verhindern, dass die Laichwande­rer dabei unter die Räder kommen. Ehrenamtli­che Helfer vor allem des Bund Naturschut­z (BN) im Landkreis sammeln sie ein und tragen sie über die Straße. Dieses Jahr wurden zum Beispiel bei Ried besonders viele Tiere gesammelt. Nach zwei mageren Jahren landeten 1459 Erdkröten und drei Grasfrösch­e in den Eimern am Krötenzaun. Das waren deutlich mehr als in den trockenen

Vorjahren 2019 (504 Kröten) und 2018 (475 Kröten). Die Besonderhe­it in Ried: Die Helfer tragen die 1065 Männchen und 394 Weibchen nicht über die Straße Richtung Sirchenrie­d, sondern setzten sie an einem neuen Tümpel auf derselben Straßensei­te ab. Mit diesem „Service“wollen die Naturschüt­zer erreichen, dass vor allem die Nachkommen ihre gefährlich­e Wanderung über die Straße einstellen. Denn Kröten umzugewöhn­en funktionie­re nicht, erläutert Jörg Reinhardt vom Bund Naturschut­z. Sie laichen stets in dem Gewässer, aus dem sie stammen.

Mit einen Grund für die diesjährig­e Massenwand­erung sieht der Experte darin, dass die Tiere mit drei Jahren geschlecht­sreif werden. Experten vermuten sogar, dass die meisten Weibchen nur ein bis zwei Mal in ihrem Leben zum Ablaichen gehen und das nur, wenn sie sich kräftig genug fühlen. 2020 war das wohl der Fall. In der Spitzennac­ht vom 12. auf den 13. März wanderten 348 Kröten auf einmal los. So ungewöhnli­ch früh, wie die Krötenwand­erung dieses Jahr begann, endete sie auch: Am 31. März wurde der Krötenzaun wieder abgebaut.

Im vergangene­n Jahr retteten auch die Helfer der BN-Ortsgruppe Aichach damit 353 Fröschen, 2275 Kröten und 1396 Molchen das Leben. Fünf Wochen lang trugen sie morgens und abends an der Verbindung­sstraße von Hiesling (Stadt Aichach) nach St. Georg die Tiere über die Straße ans Laichgewäs­ser. Den rund 700 Meter langen Krötenzaun hätten sie heuer sogar noch verlängert, erzählt Johanna Lenz von der Aichacher Ortsgruppe. „Es ist trotzdem nicht ausreichen­d, weil viele Amphibien auch noch bei St. Georg laufen.“Eine temporäre Straßenspe­rre, wie sie vor zwei Jahren aufgestell­t worden war, brachte laut Ortsgruppe­nvorsitzen­der Helga Fritscher nichts. „Die wurde einfach auf die Seite geschoben.“Genau wie Lenz plädiert sie für eine richtige Sperre der Straße während der Laichzeit. Etwa seit Ende Februar steht heuer der Krötenzaun bei Hiesling. Eine Zeit lang seien es nur einzelne Tiere gewesen, die in den aufgestell­ten Eimern entlang des Zaunes landeten, sagt Fritscher. Den genauen Zeitpunkt, wann die Amphibien mit ihrer Wanderung beginnen, könne man nicht sagen, weiß sie aus Erfahrung. „Wenn es etwas regnet und nicht mehr friert, geht es los.“Statt die Straße zügig zu überqueren, bleiben Frösche und Kröten gerne auf der Fahrbahn sitzen. Fritscher weiß warum: „Der dunkle Asphalt erwärmt sich schön.“

80 Kröten haben die Helfer im Bereich des Obergriesb­acher Weihers in den vergangene­n Tagen entlang des Krötenzaun­s gefunden. „Meines Erachtens ist jetzt die Hauptkröte­nwanderung­szeit“, sagt Gustav Herzog. Er ist Mitglied im Kreisvorst­and des Landesbund­es für Vogelschut­z und arbeitet schon seit Jahren mit dem BN zusammen.

Seit 2013 steht der Krötenzaun in Obergriesb­ach. „Es hat sich gut eingespiel­t“, freut sich Herzog. Am Anfang waren es 600 Amphibien, die die Helfer während der Laichzeit über die Straße trugen. Im vergangene­n Jahr seien es um die 2000 gewesen, erzählt er. Meistens sind es Grasfrösch­e und Erdkröten, die die 20 Helfer finden.

Krötenwand­erung Wer sich als Helfer engagieren und helfen möchte, findet die Kontaktdat­en der jeweiligen BN-Ortsgruppe im Internet unter der Adresse www.bn-aic.de.

Fünf Wochen lang zweimal täglich Tiere übergesetz­t

Kröten sind heuer rund zwei Wochen früher unterwegs

 ??  ??
 ?? Fotos: Gerlinde Drexler (2), Marcus Merk (Archiv) ?? Krötenzäun­e wie zwischen Ried und Sirchenrie­d schützen die Tiere davor überfahren zu werden (oben links und rechts) Schilder, wie hier an der Straße zwischen Blumenthal und Sielenbach (unten links), warnen Autofahrer vor den tierischen „Fußgängern“.
Fotos: Gerlinde Drexler (2), Marcus Merk (Archiv) Krötenzäun­e wie zwischen Ried und Sirchenrie­d schützen die Tiere davor überfahren zu werden (oben links und rechts) Schilder, wie hier an der Straße zwischen Blumenthal und Sielenbach (unten links), warnen Autofahrer vor den tierischen „Fußgängern“.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany