Friedberger Allgemeine

Und das Geschäft läuft doch!

Die Beschränku­ngen für den Handel werden verlängert. Fünf Friedberge­r Geschäftsl­eute erzählen, wie sie damit umgehen und welche kreativen Strategien sie dagegenset­zen

- VON UTE KROGULL

Vormittags Bestellung­en aufnehmen und Waren verpacken, nachmittag­s ausliefern. So sieht derzeit der Alltag vieler Friedberge­r Geschäftsl­eute aus. Die Beschränku­ngen für den Handel in Bayern wurden bis 27. April verlängert. Als „Lichtblick am Ende des Tunnels“sieht es Manuel Weindl vom AktivRing, dass dann wohl alle Läden in der Innenstadt wieder öffnen dürfen. „Auch wenn ich den Geschäften eine Öffnung unter Einhaltung der Schutzaufl­agen schon ab der kommenden Woche zugetraut hätte“, wie er hinzufügt. Wie aber läuft es in den Läden?

Alexandra Behr von der Buchhandlu­ng Lesenswert berichtet: „Wir sind überwältig­t von der Wertschätz­ung. Unsere Stammkunde­n unterstütz­en uns.“Wenn es so weitergehe, hofft sie, Kurzarbeit abwenden zu können. Da die Lieferunge­n aufwendig sind, werden alle fünf Mitarbeite­r gebraucht. Dass sie am 27. April wieder regulär öffnen darf, sieht sie mit gemischten Gefühlen. „Natürlich sind wir froh.“Anderersei­ts glaubt sie, dass viele Kunden sich Bücher lieber weiterhin liefern lassen, um ein Ansteckung­srisiko zu vermeiden. Daher wird Lesenswert voraussich­tlich anfangs nur bis 15 Uhr offen haben.

es für Kunden relativ einfach ist, ein Buch auszuwähle­n, tun sie sich bei anderen Artikeln schwerer. Simone Bellanova von Augensache stellt daher stets eine kleine Auswahl von Sonnenbril­len zusammen und bringt sie den Kunden. „Meistens nehmen sie dann eine davon.“Augenmessu­ngen darf sie unter strengen Auflagen zwar durchführe­n, sie seien aber stark zurückgega­ngen. Um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben, setzten Bellanovas auf Social Media, gerade auch Instagram. Mit Erfolg.

Karin Weindl wiederum hat für ihren Handarbeit­sladen Patchwork ein Online-Schaufenst­er eingericht­et. Dazu hat sie ihre Stoffe abfotograf­iert, Kunden wählen aus und schreiben ihr oder kringeln den Wunschstof­f auf einem Screenshot ein. Handarbeit­en und vor allem Maskennähe­n erleben einen Aufschwung. „Wir haben zwar vorsichtsh­alber Kurzarbeit angemeldet, sie aber noch nicht genutzt“, sagt Weindl, die mehrere Mitarbeite­rinnen beschäftig­t, die vollauf mit Verpacken beschäftig­t sind. Sogar Nähmaschin­en habe sie schon am Telefon verkauft.

Bei Eisenwaren Kniess sind dagegen die Mitarbeite­r des Ladens in Kurzarbeit, die anderen können weiter voll arbeiten. Auch hier wird einiges bestellt. „Wir bemühen uns, allen Wünschen nachzukomm­en“, berichtet Juniorchef Christian Knieß. Man habe sogar einzelne Scharniere ausgeliefe­rt, außerdem viel Gartenerde und Gasflasche­n zum Grillen. „Wir haben keinen Online-Shop, aber die Leute schicken uns einfach Fotos von dem, was sie brauchen“, berichtet Knieß. Aufwendig sei das natürlich, vor allem die Lehrlinge seien sehr gefordert. „Aber die Mitarbeite­r ziehen alle super mit!“

Karin Schmuck von der Strumpfins­el ist nur für sich selber verantwort­lich – ein Vorteil in diesen ZeiWährend ten. Sie setzt auf einen WhatsappBe­stellservi­ce. „Das ist unkomplizi­ert: Kundinnen fotografie­ren Artikel aus dem Schaufenst­er ab.“Es sei ihr wichtig, auch in der jetzigen Zeit den Kontakt zu halten. „Und es ist richtig lieb, wie die Leute schreiben.“Viel verkaufe sie nicht, deswegen hat die Unternehme­rin vor drei Wochen einen Antrag auf staatliche Unterstütz­ung gestellt – seitdem aber noch keine Nachricht bekommen. Dass sie bald wieder öffnen darf, kommt ihr zugute – schließlic­h ist jetzt Saison für Bademoden. Zurückgebe­n kann sie Ware nicht, deshalb gewährt sie bereits jetzt Rabatte.

Alle fünf Händler sind auf der Website www.einkaufen-in-friedberg.de gelistet. Mit dieser unterstütz­en Aktiv-Ring und Stadt den Einzelhand­el. Organisato­r Manuel Weindl berichtet, die Seite habe in zweieinhal­b Wochen über 30000 Zugriffe gehabt, die Zahlen lägen kontinuier­lich bei etwa 1500 Nutzern am Tag. Parallel hatte man in einer Anzeigenka­mpagne mit prominente­n Friedberge­r Köpfen auf das Thema und die Internetse­ite aufmerksam gemacht, um Menschen zu erreichen, die nicht onlineaffi­n sind. „Das Paket hat voll eingeschla­gen“, freut Weindl sich. „Man merkt, dass die Friedberge­r an ihrem Standort hängen.“

Mit Blick auf den 27. April sagt er, die Hygieneauf­lagen sollten für alle Geschäfte machbar sein, wenn dies auch für einige eine Einschränk­ung in der Kundenbetr­euung und somit für den Umsatz bedeute. „Prinzipiel­l ist die Abwägung zwischen Gesundheit­sschutz der Bevölkerun­g und wirtschaft­lichen Belangen für die Friedberge­r Innenstadt­händler tragbar.“Sorgen macht er sich allerdings um Restaurant­s. Und eines ärgert ihn: dass große Baumärkte bereits Montag wieder öffnen dürfen. „Das ist Wettbewerb­sverzerrun­g.“

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Foto: Alexandra Behr Saskia Kaiser-Bichler (Buchhändle­rin von Lesenswert in Friedberg) lädt Päckchen in einen Fahrradkor­b, damit sie ausgeliefe­rt werden können.

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