Friedberger Allgemeine

Coronaviru­s: Aichacher Schreiner packt an

Viktor Reger stellt Spuckschut­zwände her. Die kommen in Geschäften zum Einsatz und sollen vor Ansteckung schützen

- VON SEBASTIAN RICHLY

Aufgrund der Corona-Krise hatte Schreiner Viktor Reger erst weniger zu tun. Die Auftragsbü­cher werden leerer, immer wieder sagen ihm Kunden für Montage-Arbeiten ab, melden sich in vielen Fällen auch gar nicht mehr beim 39-Jährigen. Das änderte sich aber, denn seit Kurzem stellt der Oberbernba­cher in seiner Werkstatt in Aichach Spuckschut­zwände aus Plexiglas her. Die sollen Angestellt­e in Banken, Apotheken und im Handel vor dem Coronaviru­s schützen.

„Die ersten 20 Stück waren innerhalb von wenigen Stunden ausverkauf­t“, berichtet Viktor Reger, der anfangs gar nichts von der Idee gehalten hat: „Ein Lieferant hat so etwas gesehen und gefragt, ob ich Plexiglas brauche für so eine Konstrukti­on. Ich habe abgelehnt und nicht weiter darüber nachgedach­t.“

Doch schon bald bekam der Aichacher einen Anruf aus Großaiting­en (Kreis Augsburg). Die Brüder Christian und Andreas Häring meldeten sich. Schnell war klar – Reger, der früher unter deren Vater Bernhard Häring in dessen Schreinere­i in Schwabmünc­hen gearbeitet hatte, macht es doch.

Der Aichacher produziert die Plexiglasw­ände, die es in zwei verschiede­nen Größen gibt, in seiner kleinen Schreinere­i in Aichach. Die gängige Variante mit Holzfüßen wird einfach auf die Theke gestellt und muss nicht festgeschr­aubt werden. „Wer wenig Platz hat, für den haben wir auch eine Variante mit Schnüren an der Decke. Um Bestellung­en und Auslieferu­ngen kümmern sich die Härings. Rund eine Stunde benötigt Reger und seine Handwerker für eine Spuckschut­zwand. „Da wir gerade ohnehin nicht so viel zu tun haben, passt das gut rein.“

Die Plexiglass­cheiben werden fast ausschließ­lich in die Region Augsburg ausgeliefe­rt. Banken und Tankstelle­n gehören unter anderem zum Kundenkrei­s. Auf die Idee kam Christian Häring beim Einkauf am vergangene­n Wochenende. „Man fragt sich, was man machen kann, wie man helfen kann. Die Verkäufer müssen ja raus zur Arbeit in der Bäckerei, in der Metzgerei oder in der Bank. Dann dachten wir uns, okay, wir machen Plexiglass­cheiben.“Am Montag baute das Trio den ersten Prototyp. Die Nachfrage sei zwar da, doch sie könnte laut Reger größer sein: „Wir waren nicht die ersten, und die größeren Ketten – gerade bei Supermärkt­en – beziehen ihre deutschlan­dweit. Unsere Kunden sind in erster Linie kleine Unternehme­n wie der Metzger oder die Bäckerei. Die kaufen vielleicht zwei oder drei“, so Reger, der hinzufügt: „Wir haben uns erst schwergeta­n, das nötige Material zu bekommen. Aber jetzt läuft es. Wer bei uns morgens bestellt, bekommt abends meist noch seine Wand.“Auch wenn das Geschäft mit den Spuckschut­zwänden weiter zunehSchut­zwände men sollte, so kann Reger damit kaum seine Verluste decken, die er durch die Corona-Krise erlitten hat beziehungs­weise noch zu erleiden hat.

„Die Ausgangssp­erre hat für uns finanziell­e Auswirkung­en. Ich kann zwar Möbel vorproduzi­eren, doch die Montage fällt weg, denn ich darf ja nicht zu den Kunden nach Hause“, so der 39-Jährige, der aber auch sagt: „Mir ist es lieber, wir setzen jetzt die harten Maßnahmen durch und hoffen, dass es bald wieder besser wird. Das ist zwar hart, aber richtig.“

Immerhin kann der Aichacher Schreiner der Situation auch etwas Positives abgewinnen. Denn der leidenscha­ftliche Läufer hat aktuell mehr Zeit, seinem Hobby nachzugehe­n. „Meine Frau und ich laufen derzeit so viel wie noch nie. Bei vier Läufen kommen wir auf 70 bis 80 Kilometer pro Woche.“

 ?? Foto: Christian Häring ?? Die Spuckschut­zwände vom Aichacher Schreiner Viktor Reger sind vielseitig einsetzbar, so wie hier in einer Tankstelle.
Foto: Christian Häring Die Spuckschut­zwände vom Aichacher Schreiner Viktor Reger sind vielseitig einsetzbar, so wie hier in einer Tankstelle.
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Viktor Reger

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