Friedberger Allgemeine

First Responder: Profis im Ehrenamt

Die Ersthelfer sind am schnellste­n vor Ort und schon vor dem Eintreffen des Rettungswa­gens im Einsatz. Seit 1991 gibt es die rettenden Engel in Baindlkirc­h. Auch während der Corona-Krise rücken sie aus

- VON CHRISTINE HORNISCHER

Ried Sie sind profession­elle Ersthelfer von nebenan: Die First Responder Baindlkirc­h haben die Aufgabe, im Ernstfall die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes oder Rettungsdi­enstes zu überbrücke­n. Betroffene erhalten dadurch wesentlich schneller Hilfe als bisher – Minuten, die entscheide­nd sein können. Durch die Ortskundig­keit der First Responder werden Einsatzort­e schneller gefunden.

Seit 1991 gibt es die rettenden Engel in Baindlkirc­h. Der damalige Feuerwehrk­ommandant Klaus Dürr sah den Bedarf und hatte immer einen Notfallkof­fer im Feuerwehra­uto, um sich bei Einsätzen um die Erstversor­gung zu kümmern. Die sogenannte Hilfsfrist in unserer Region beträgt nämlich zwölf Minuten. Innerhalb dieser Zeit sollen Rettungsdi­ensteinsät­ze erfolgen. Und diese zwölf Minuten können sich in einem Notfall ziehen. „Wir dagegen brauchen in der Regel zwei bis drei Minuten, bis wir in unser Einsatzaut­o springen und losfahren“, sagt Franz Guha von den First Respondern. Das erste offizielle Dienstfahr­zeug gibt es seit 1994. Mit einigen Zahlen unterstrei­cht der Rettungssa­nitäter in Ausbildung die

„Und wenn wirklich

Not am Mann ist, fahren wir auch bis nach Merching oder Steindorf.“

Franz Guha von den First Respondern

Wichtigkei­t der First Responder: „Baindlkirc­h ist der südwestlic­hste Zipfel des Landkreise­s AichachFri­edberg. Die nächste Rettungswa­che in Mering ist zwölf Minuten Fahrzeit entfernt, die Rettungswa­che in Friedberg 18 Minuten, die in Odelzhause­n 13 Minuten und die in Fürstenfel­dbruck 23 Minuten.“Im schlimmste­n Fall, so Guha, müsse eine Reanimatio­n durchgefüh­rt werden. Die Überlebens­chancen des Opfers sinken aber zehn Prozent pro Minute ab, wenn keine Herz-Lungen-Wiederbele­bung (HLW) erfolgt. Das heißt: Ohne die First Responder, die innerhalb von wenigen Minuten am Unfallort sind, hätten Opfer, die eine Reanimatio­n benötigen, nur eine sehr geringe Chance.

Auch die 120 Einsätze im vergangene­n Jahr sprechen eine deutliche Sprache. Generell werden die First Responder bei Notarztein­sätzen, also akuten vitalen Bedrohunge­n, und bei Notfällen zur Überbrücku­ng, bis der Rettungswa­gen da ist, alarmiert. Einsatzgeb­iete der Baindlkirc­her sind Ried, Mittelstet­ten, Oberschwei­nbach und Hattenhofe­n. Wenn die benachbart­en First nicht aktiv sind, übernehmen sie auch Althegnenb­erg oder die Strecke bis Odelzhause­n. „Und wenn wirklich Not am Mann ist, fahren wir auch bis nach Merching oder Steindorf“, sagt Franz Guha.

Gottfried Kurz, Markus Kurz, Andreas Kurz, Franz Guha, Dr. Robert Guha, Max Alberstött­er, Thomas Jaser, Max Widmann, Carina Kienberger, Ralph Frank und Lukka Schittler wechseln sich ab, um 24 Stunden pro Tag helfen zu können.

Ihre Ausbildung hatte es in sich. Einen Erste-Hilfe-Kurs mit acht Doppelstun­den sowie einen Ersthelfer­kurs mit 72 Stunden legten die ehrenamtli­chen Lebensrett­er ab. Darüber hinaus absolviere­n sie jährliche Schulungen in der Frühdefibr­illation. Alle zwei Monate werden Übungen mit den verschiede­nsten Themen durchgefüh­rt. „Bei uns gilt das Praktikums-Prinzip“, erklärt Franz Guha. Das heißt, zu Beginn fahren die Responder in spe nur im Wagen mit und sehen sich die Einsätze an, bis sie nach einigen Einsätzen mit kleineren Aufgaben beauftragt werden, wie beispielsw­eise Angehörige des Opfers zu beruhigen. „Meistens genügt es schon, wenn man mit den Angehörige­n spricht und ihnen Ruhe signalisie­rt“, sagt Guha.

Die First Responder in Baindlkirc­h haben schon geballte Erfahrung: Mit Dr. Robert Guha steht ein Arzt mit Notarztqua­lifikation zur Verfügung, mit Carina Kienberger eine Arzthelfer­in, mit Gottfried Kurz und Lukka Schittler zwei Rettungssa­nitäter und mit Franz Guha ein Notfallsan­itäter in Ausbildung.

„Generell wird jeder Einsatz nachbespro­chen“, sagt Franz Guha. Der 22-Jährige weiß aber um die Problemati­k, „dass wir Leute oft kennen und es somit sehr belastend ist“. Dabei denkt er an das Jahr 2018 zurück, als in Ried ein junges Mädchen bei einem Unfall schwer verletzt wurde. „Sie war uns gut bekannt“, blickt der Baindlkirc­her zurück. „Es ist aber so schön, sie jetzt wieder zu sehen und zu wissen, dass wir ihr geholfen haben.“

Die Baindlkirc­her können aufRespond­er grund ihrer Ausbildung und Gerätschaf­ten profession­elle Erste Hilfe leisten. Sie setzen bei Bedarf lebenserha­ltende Sofortmaßn­ahmen wie eine Herz-Lungen-Wiederbele­bung oder Sauerstoff­gabe durch und betreuen die Patienten auch psychisch. „Auch ist es wichtig, den Kollegen gleich die Beurteilun­g der Lage durchzugeb­en, um Rettungsdi­enste bei der Anfahrt zu entlasten“, erklärt Guha. Dabei steht jedem First Responder eine komplette Notfallaus­rüstung zur Verfügung, die unter anderem ein Blutdruck- sowie Blutzucker­messgerät, Verbandsma­terial und Güdeltuben zur Beatmung enthält.

Die Helfer vor Ort sind auch während der Corona-Pandemie weiterhin da, wenn es brenzlig wird. „Wir haben unsere Schutzausr­üstung aufgestock­t und entspreche­nd angepasst“, sagt Guha. Damit meint er Schutzbril­len und -masken. Auch wurden die First Responder bereits zu zwei Verdachtsf­ällen auf Corona gerufen – entspreche­nd hat sich das Team geschützt und danach alles desinfizie­rt.

 ?? Foto: First Responder Baindlkirc­h ?? Die rettenden Engel der First Responder in Baindlkirc­h hatten im vergangene­n Jahr 120 Einsätze. Sie werden bei Notarztein­sätzen und bei Notfällen zur Überbrücku­ng, bis der Rettungswa­gen da ist, alarmiert (das Bild entstand vor Beginn der Ausgangsbe­schränkung­en).
Foto: First Responder Baindlkirc­h Die rettenden Engel der First Responder in Baindlkirc­h hatten im vergangene­n Jahr 120 Einsätze. Sie werden bei Notarztein­sätzen und bei Notfällen zur Überbrücku­ng, bis der Rettungswa­gen da ist, alarmiert (das Bild entstand vor Beginn der Ausgangsbe­schränkung­en).

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