Stadtratssitzung mit zwei Meter Abstand
Das Gremium tagt heute in der Schulmensa. Die Vorbereitung ist ein organisatorischer Kraftakt, wichtigster Tagesordnungspunkt die Finanzsituation in Krisenzeiten. Und eine Frau wird Stadträtin für eine Sitzung
Unter den besonderen Bedingungen der Corona-Krise findet am Donnerstag die letzte Sitzung des alten Stadtrats statt.
Friedberg Maskenpflicht wird es bei der letzten Stadtratssitzung dieser Periode in Friedberg nicht geben. Doch eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen macht sie zu einer logistischen Herausforderung: Die 30 Stadträte sitzen in der Schulmensa in je zwei Metern Abstand voneinander an Einzelplätzen. Auf das übliche Aufgebot an Experten verzichte man bewusst, kündigte Bürgermeister Roland Eichmann an. „Wir können selbst so nur begrenzt Zuschauer zulassen.“Man werde alle Sicherheitsregeln einhalten. Dazu gehören auch Aspekte wie Getränke für die Stadträte.
Flaschen mit Wasser und Apfelschorle auf den Tisch zu stellen, sei das kleinere Problem. Doch man will den Räten auch ihren Kaffee nicht vorenthalten. Es dürfe aber
nur eine Person an die Maschine, betont Eichmann.
Die ein oder andere Dosis Koffein dürfte willkommen sein angesichts des Pensums von 30 öffentlichen Tagesordnungspunkten, die ab 19 Uhr diskutiert werden. Ein Großteil betrifft Bauangelegenheiten, da auf Drängen der Fraktionsvorsitzenden eine Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses und eine Stadtratssitzung abgesagt worden waren. Man halte sich nun an die Maßgaben des bayerischen Innenministeriums, erläutert Eichmann. Auf die Agenda kommen nur Themen, die unverzichtbar sind (etwa eine Rechtsprüfung oder Bauanträge), und wichtige Vorhaben, die man ohne große Diskussion zum Abschluss bringen könne, etwa der Einzug des Kulturparks West in das Kegelcenter. Das habe er mit den Fraktionsvorsitzenden per Mail abgestimmt.
Ein Thema sticht aus der Routine heraus: Die Debatte über die Finanzsituation, die sich durch die Corona-Krise eklatant verschlechtert hat, da Einnahmen aus Gewerbeund Einkommensteuer in Millionenhöhe wegbrechen. Die Grünen hatten einen Dringlichkeitsantrag eingereicht, demzufolge der Stadtrat eine Priorisierung von Projekten vornehmen soll. Die CSU hatte eine sofortige Haushaltssperre gefordert. Die Verwaltung hat mittlerweile eine Liste mit Einsparmöglichkeiten von neun Millionen Euro ausgearbeitet. In der Sitzungsvorlage wird erläutert, welche Handlungsmöglichkeiten es nun aus Sicht der Verwaltung gibt:
● Ausgaben-Moratorium bis 28. Mai; das ist das Datum der ersten „echten“Sitzung des künftigen Gremiums. Dafür spräche, dass bis dahin Stichtag für Gewerbesteuerimmer vorauszahlungen und Steuerschätzungen des Bundes ist.
● Antrag auf Stundung der Kreisumlage für Mai und Juni (3,2 Millionen Euro).
● Haushaltswirtschaftliche Sperre (diese betrifft nicht Pflichtaufgaben).
● Im Nachgang dazu ein Nachtragshaushalt, in dem Einnahmen und Ausgaben neu festgelegt werden. Das Innenministerium weist in einem Schreiben darauf hin, dass Kommunen den Ausgleich zwischen ihrer eigenen Finanzlage und der Bewahrung der örtlichen Wirtschaft vor Schaden im Auge haben sollen.
Bevor es um diese Punkte geht, steht die Vereidigung einer neuen Stadträtin an. Christina Götz wird das Amt für eine einzige Sitzung übernehmen, als Nachrückerin für den verstorbenen Thomas Treffler (CSU). Laut Eichmann hat sich die
Stadt dazu nach Rücksprache mit dem Bayerischen Gemeindetag entschieden, um Rechtssicherheit zu haben. Götz, mittlerweile aus der CSU ausgetreten, sagt: „Ich mache das Thomas Treffler zuliebe, um sein Amt in Würde für ihn zu beenden.“Auch wolle sie der Verwaltung ersparen, nach einer Absage weiter herumfragen zu müssen. Die Rechtsanwältin hat sich intensiv auf die Sitzung vorbereitet, sich durch den „überwältigenden Papierwust“gearbeitet und an der CSU-Fraktionssitzung teilgenommen. „Wenn ich etwas mache, mache ich es richtig“, sagt die 45-Jährige.