So schützen sich Sanitäter vor Corona
Bayernweit müssen Rettungsdienste derzeit deutlich mehr Fahrten mit Infizierten abwickeln. Das bedeutet für die Rettungssanitäter viel zusätzlichen Aufwand. Warum sich die Helfer auch die Bärte rasieren müssen
Bartträger haben es im Rettungsdienst derzeit nicht leicht. Was nicht unter der Schutzmaske verschwindet, muss radikal ab. Ansonsten macht Covid-19 den Mitarbeitern im Rettungsdienst vor allem jede Menge Arbeit. Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) in Augsburg hat sogar mehr Rettungsfahrzeuge beschafft, damit Zeit bleibt, die Fahrzeuge zwischen den Einsätzen gründlich zu reinigen. Und die Patienten müssen sich an Sanitäter mit Schutzbrille und Maske gewöhnen, sagt der Hygienebeauftragte des BRK, Philipp Eschenlohr.
„Normalerweise habe ich auch mehr Haare im Gesicht“, sagt Eschenlohr. Nur ein schmaler Bart an Kinn und Oberlippe ist noch stehen geblieben. Denn Masken der Kategorie FFP2, die wirksamen Schutz vor dem Virus bieten, gehören ebenso wie die an Taucherbrillen
erinnernden Schutzbrillen derzeit bei jedem Einsatz zur Standardausrüstung. Und wenn ein infektiöser Patient transportiert werden soll, klebt sich der Rettungssanitäter, wie die meisten seiner Kollegen, die Maske mit Tape im Gesicht fest.
Zum Schutz der BRK-Mitarbeiter betritt derzeit nur ein Sanitäter die Wohnung eines Patienten, bei dem nicht klar ist, woran er leidet. Der Kollege wartet mit der Ausrüstung an der Türe, so Eschenlohr. Über Fragen nach den Krankheitssymptomen wird festgestellt, ob es sich womöglich um einen CoronaFall handelt. Dann schlüpfen die Sanitäter noch in einen Einweganzug, der Schutz vor Viren und Flüssigkeiten bietet. Alle Patienten bekommen eine Gesichtsmaske, damit sie keine infektiösen Tröpfchen weitergeben.
Eigentlich sind die CoronaTransporte für die Sanitäter nichts
Außergewöhnliches, erklärt der Leiter des BRK-Rettungsdienstes, Lothar Ellenrieder. Schließlich wüssten die Retter nie, wen sie transportieren und müssten immer mit ansteckenden Krankheiten rechnen. Deshalb werde standardmäßig nach jedem Patienten der Rettungswagen gereinigt, die Trage neu bezogen und alle Flächen und Gegenstände, die mit dem Patienten
in Kontakt gekommen sind, desinfiziert. Rund 15 Minuten dauert dieser „Rüstzeit“genannte Vorgang, bevor das Fahrzeug wieder zum nächsten Einsatz aufbrechen kann. Sehr viel mehr Aufwand muss betrieben werden, wenn ein infektiöser Patient im Wagen war. Das gilt übrigens auch bei einem Grippe-Patienten. Dann dauert die Reinigung zwischen 35 Minuten und einer Stunde, so Hygieneexperte Eschenlohr. Und das ist das Problem, mit dem der Rettungsdienst derzeit zu kämpfen hat.
Durch Corona ist die Zahl der Infektionsfahrten bayernweit in die Höhe geschnellt – um 230 Prozent seit Beginn der Krise, wie BRKPressesprecher Sohrab Taheri-Sohi bestätigt. Das bedeutet nicht nur einen erheblichen Mehraufwand für die Sanitäter, sondern auch viel Standzeit für die Fahrzeuge durch Reinigungsarbeiten. Das BRK in Augsburg hat reagiert und drei zusätzliche Rettungswagen in Dienst gestellt. „Wir haben weniger Einsätze, aber mindestens genauso viel zu tun“, sagt Lothar Ellenrieder. Die üblichen Einsätze seien stark zurückgegangen. So gebe es naturgemäß derzeit kein „Partyvolk“in der Innenstadt, das am Wochenende versorgt werden müsse. Auch diejenigen Zeitgenossen, die den Rettungsdienst ohne echten Grund anrufen, hielten sich gerade auffallend zurück. Das beobachteten auch die Kollegen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser. Dort herrschten gerade fast optimale Zustände. „Die haben Angst, sich anzustecken und bleiben Zuhause“, vermutet er.
Statistisch deutlich mehr geworden sind Sportunfälle – was auf den gestiegenen Bewegungsdrang der Augsburger zurückzuführen sein dürfte, aber auch auf die geringere Gesamtzahl der Einsätze, so der Rettungsdienst-Chef.