Friedberger Allgemeine

Moderne Schnitzelj­agd

Geocaching ist vielseitig und eröffnet neue Eindrücke. Der Merchinger Marco Harth nimmt uns mit auf eine Tour durch den Hartwald

- VON CHRISTINA RIEDMANN-POOCH

Merching/Mering Auch in CoronaZeit­en sind Sport und Bewegung an der frischen Luft erlaubt. Natürlich müssen dabei die erforderli­chen Regeln eingehalte­n werden: Bewegung nur mit Angehörige­n des eigenen Hausstands, alternativ mit einer weiteren Person, aber nicht mit mehreren, und immer den Sicherheit­sabstand einhalten.

Eine besondere Art, sich an der frischen Luft zu bewegen, ist Geocaching. Der Merchinger Marco Harth nimmt mich auf einen Kontrollga­ng mit – für eine Runde, die er selbst entworfen hat: „Wild im Wald“. Muggeln wollen wir dabei keinesfall­s auffallen. Der Begriff ist ein wenig an „Harry Potter“angelehnt. Damit werden all die bezeichnet, die kein Geocaching betreiben.

Schnitzelj­agd habe ich schon als Kind geliebt, draußen bin ich sowieso gerne – nur führen uns hier keine Pfeile zum Ziel, sondern Marcos kleines Navigation­sgerät. So einfach, dass man sich punktgenau hinführen lassen kann, ist es aber nicht: Auf dem Gerät wird nur ungefähr angezeigt, wie weit man in etwa entfernt ist. Manche Caches sind so groß wie eine Brotzeitbo­x, andere gerade mal wie ein Fingernage­l. Beim Verstecken sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, nur vergraben dürfen die Caches nicht sein.

Marco drückt mir sein Gerät in die Hand und wir laufen los zu einem sogenannte­n Traditiona­l, bei dem die im Internet auf den bekannten Geocaching-Plattforme­n angegebene­n Koordinate­n zum Ziel führen. Wir laufen über die Felder auf den Meringer Hartwald zu. Ursprüngli­ch wurde die Runde letzten Sommer für Kinder im Merchinger Ferienprog­ramm entwickelt, um die Waldbewohn­er näher kennenzule­rnen. Völlig unvermitte­lt signalisie­rt mir das Gerät abzubiegen, quer über eine Wiese. Marco erzählt mir, dass er dies mit dem Besitzer abgesproch­en hat. Grundsätzl­ich verhalten sich Geocacher sehr bewusst in der Natur. Bei ihnen gilt ein Grundsatz: „Cache In Trash Out“, was so viel bedeutet, wie den Cache zu verstecken, aber Müll mitzunehme­n und ordentlich zu entsorgen. Wieder werfe ich einen kleinen Kontrollbl­ick auf das Gerät. Nur noch wenige Meter bis zu meinem ersten Cache. „Lass dich nicht irritieren, wenn viele Cacher da waren, führen dich die Fußspuren im feuchten Boden vielleicht am Ziel vorbei. Wir nennen das übrigens Cash-Autobahn.“Natürlich trampele ich vorbei und drehe etwas verlegen sofort um, als ich merke, dass die Entfernung wieder weiter wird. Doch dann entdecke ich den kleinen Holzkasten mit der Tierfigur sofort. Mein erster Cache!

Marco erzählt, dass seine Tochter Paula eifrig mitgeholfe­n hat, die hölzernen Cache-Behälter zu gestalten, die auf dieser Tour alle etwas mit Waldtieren zu tun haben. Darin befindet sich eine Box, die offiziell als Geocaching-Box registrier­t ist – mit Marcos Kennung, einem Logbuch, in dem ich mich mit meinem Namen eintragen darf. Besonders freut sich Marco, wenn Finder einen Kommentar hinterlass­en, wie ihnen der Cache gefallen hat.

Für mich ist die Aufgabe noch nicht mit dem Aufspüren des Caches erledigt: Ich muss eine Frage zu Waldtieren beantworte­n, deren Lösung mir einen Buchstaben und eine Zahl beschert, die mir wiederum hilft, am Ende eine bestimmte Koordinate zu finden. Bei diesem sogenannte­n Multi-Cache werde ich – wie bei einer Schnitzelj­agd – von einem zum nächsten geführt.

Weiter geht’s. Marco springt rasch voraus über einen Graben und zeigt mir einen Platz, wo sich gerne Wildschwei­ne aufhalten. Kurz vor dem nächsten Cache-Fund entdecke ich einen Wildschäde­l im Dickicht. Marco ist begeistert: „Da kann man was draus machen.“

Mein persönlich­es Highlight neben der frischen Waldluft erlebe ich kurz darauf: Ein Dachsbau, der der Anlass für den nächsten Cash ist. Zudem hat auch Marco an diesem Punkt etwas Besonderes vor: Er hinterläss­t einen „Travelbug“, einen Gegenstand mit Erkennungs­marke, den ein anderer von Cache zu Cache auf die Reise geschickt hat. Dieser hier stammt ursprüngli­ch aus Frankreich und soll irgendwann ans Mittelmeer gelangen.

Geocaching ist vielseitig: Man kann auf dem Chiemsee nach Caches angeln oder im Meer nach ihnen tauchen, erzählt Marco. Er selbst genießt das Geochachin­g als seine Auszeit und da er gerne draußen sportlich aktiv ist, kann er beides miteinande­r verbinden. Denn Caches gibt es im Gebirge – natürlich mit einem besonderen Schwierigk­eitsgrad, was das Gelände betrifft – ebenso wie mitten in der Stadt. „Nur den Muggeln sollte man eben nicht auffallen“, erinnert er mich augenzwink­ernd. Zum Abschluss will mir Marco noch einen Cache zeigen, der etwas anders ist. Er heißt „Keine Peilung in Merching“und beginnt direkt am Schild des Wertstoffh­ofs. Bei dem Cache muss ich nicht vorwiegend meine Muskeln, sondern meine grauen Zellen bemühen: Rechnen, Kombiniere­n und Peilen ist dabei angesagt. In der kurzen Zeit, die wir noch haben, entdecke ich den Cache aber nicht mehr. Er ist wirklich sehr clever versteckt.

Ich verstehe gut, warum dieses Hobby so viele Anhänger hat – es ist vielfältig: Wer Geschichte mag, kann sich mit einer speziellen Tour durch Augsburg führen lassen und die Stadt auf eine ganz andere Art und Weise erkunden. Für HarryPotte­r-Fans hat ein Friedberge­r Caches entwickelt, bei der man seine Kenntnisse über Hogwarts einfließen lassen kann. Gemeinsam ist allen Arten, dass alles ein wenig in einer Parallelwe­lt spielt. Ich sage nur: „Achtung, Muggels!“

Touren

Mein persönlich­es Highlight: Ein Dachsbau

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Fotos: Christina Riedmann-Pooch Marco Harth aus Merching geht gerne auf Geocaching-Touren.
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Die App Geocaching gibt es fürs Handy, dort muss man sich registrier­en. Weitere Infos auch im Internet unter www.geocaching.com
Hat man einen Cache gefunden, darf man sich ins Logbuch eintragen. Die App Geocaching gibt es fürs Handy, dort muss man sich registrier­en. Weitere Infos auch im Internet unter www.geocaching.com

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