Moderne Schnitzeljagd
Geocaching ist vielseitig und eröffnet neue Eindrücke. Der Merchinger Marco Harth nimmt uns mit auf eine Tour durch den Hartwald
Merching/Mering Auch in CoronaZeiten sind Sport und Bewegung an der frischen Luft erlaubt. Natürlich müssen dabei die erforderlichen Regeln eingehalten werden: Bewegung nur mit Angehörigen des eigenen Hausstands, alternativ mit einer weiteren Person, aber nicht mit mehreren, und immer den Sicherheitsabstand einhalten.
Eine besondere Art, sich an der frischen Luft zu bewegen, ist Geocaching. Der Merchinger Marco Harth nimmt mich auf einen Kontrollgang mit – für eine Runde, die er selbst entworfen hat: „Wild im Wald“. Muggeln wollen wir dabei keinesfalls auffallen. Der Begriff ist ein wenig an „Harry Potter“angelehnt. Damit werden all die bezeichnet, die kein Geocaching betreiben.
Schnitzeljagd habe ich schon als Kind geliebt, draußen bin ich sowieso gerne – nur führen uns hier keine Pfeile zum Ziel, sondern Marcos kleines Navigationsgerät. So einfach, dass man sich punktgenau hinführen lassen kann, ist es aber nicht: Auf dem Gerät wird nur ungefähr angezeigt, wie weit man in etwa entfernt ist. Manche Caches sind so groß wie eine Brotzeitbox, andere gerade mal wie ein Fingernagel. Beim Verstecken sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, nur vergraben dürfen die Caches nicht sein.
Marco drückt mir sein Gerät in die Hand und wir laufen los zu einem sogenannten Traditional, bei dem die im Internet auf den bekannten Geocaching-Plattformen angegebenen Koordinaten zum Ziel führen. Wir laufen über die Felder auf den Meringer Hartwald zu. Ursprünglich wurde die Runde letzten Sommer für Kinder im Merchinger Ferienprogramm entwickelt, um die Waldbewohner näher kennenzulernen. Völlig unvermittelt signalisiert mir das Gerät abzubiegen, quer über eine Wiese. Marco erzählt mir, dass er dies mit dem Besitzer abgesprochen hat. Grundsätzlich verhalten sich Geocacher sehr bewusst in der Natur. Bei ihnen gilt ein Grundsatz: „Cache In Trash Out“, was so viel bedeutet, wie den Cache zu verstecken, aber Müll mitzunehmen und ordentlich zu entsorgen. Wieder werfe ich einen kleinen Kontrollblick auf das Gerät. Nur noch wenige Meter bis zu meinem ersten Cache. „Lass dich nicht irritieren, wenn viele Cacher da waren, führen dich die Fußspuren im feuchten Boden vielleicht am Ziel vorbei. Wir nennen das übrigens Cash-Autobahn.“Natürlich trampele ich vorbei und drehe etwas verlegen sofort um, als ich merke, dass die Entfernung wieder weiter wird. Doch dann entdecke ich den kleinen Holzkasten mit der Tierfigur sofort. Mein erster Cache!
Marco erzählt, dass seine Tochter Paula eifrig mitgeholfen hat, die hölzernen Cache-Behälter zu gestalten, die auf dieser Tour alle etwas mit Waldtieren zu tun haben. Darin befindet sich eine Box, die offiziell als Geocaching-Box registriert ist – mit Marcos Kennung, einem Logbuch, in dem ich mich mit meinem Namen eintragen darf. Besonders freut sich Marco, wenn Finder einen Kommentar hinterlassen, wie ihnen der Cache gefallen hat.
Für mich ist die Aufgabe noch nicht mit dem Aufspüren des Caches erledigt: Ich muss eine Frage zu Waldtieren beantworten, deren Lösung mir einen Buchstaben und eine Zahl beschert, die mir wiederum hilft, am Ende eine bestimmte Koordinate zu finden. Bei diesem sogenannten Multi-Cache werde ich – wie bei einer Schnitzeljagd – von einem zum nächsten geführt.
Weiter geht’s. Marco springt rasch voraus über einen Graben und zeigt mir einen Platz, wo sich gerne Wildschweine aufhalten. Kurz vor dem nächsten Cache-Fund entdecke ich einen Wildschädel im Dickicht. Marco ist begeistert: „Da kann man was draus machen.“
Mein persönliches Highlight neben der frischen Waldluft erlebe ich kurz darauf: Ein Dachsbau, der der Anlass für den nächsten Cash ist. Zudem hat auch Marco an diesem Punkt etwas Besonderes vor: Er hinterlässt einen „Travelbug“, einen Gegenstand mit Erkennungsmarke, den ein anderer von Cache zu Cache auf die Reise geschickt hat. Dieser hier stammt ursprünglich aus Frankreich und soll irgendwann ans Mittelmeer gelangen.
Geocaching ist vielseitig: Man kann auf dem Chiemsee nach Caches angeln oder im Meer nach ihnen tauchen, erzählt Marco. Er selbst genießt das Geochaching als seine Auszeit und da er gerne draußen sportlich aktiv ist, kann er beides miteinander verbinden. Denn Caches gibt es im Gebirge – natürlich mit einem besonderen Schwierigkeitsgrad, was das Gelände betrifft – ebenso wie mitten in der Stadt. „Nur den Muggeln sollte man eben nicht auffallen“, erinnert er mich augenzwinkernd. Zum Abschluss will mir Marco noch einen Cache zeigen, der etwas anders ist. Er heißt „Keine Peilung in Merching“und beginnt direkt am Schild des Wertstoffhofs. Bei dem Cache muss ich nicht vorwiegend meine Muskeln, sondern meine grauen Zellen bemühen: Rechnen, Kombinieren und Peilen ist dabei angesagt. In der kurzen Zeit, die wir noch haben, entdecke ich den Cache aber nicht mehr. Er ist wirklich sehr clever versteckt.
Ich verstehe gut, warum dieses Hobby so viele Anhänger hat – es ist vielfältig: Wer Geschichte mag, kann sich mit einer speziellen Tour durch Augsburg führen lassen und die Stadt auf eine ganz andere Art und Weise erkunden. Für HarryPotter-Fans hat ein Friedberger Caches entwickelt, bei der man seine Kenntnisse über Hogwarts einfließen lassen kann. Gemeinsam ist allen Arten, dass alles ein wenig in einer Parallelwelt spielt. Ich sage nur: „Achtung, Muggels!“
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Mein persönliches Highlight: Ein Dachsbau