Friedberger Allgemeine

Warum die Formel 1 wieder Rennen fahren muss

Die Königsklas­se plant den Saisonauft­akt im Juli. Andernfall­s droht das Aus für viele Teams

- VON MARCO SCHEINHOF

kann das Bestreben nachvollzi­ehen. Irgendwann aber muss der Versuch gestartet werden, sich eine gewisse Normalität zurückzuer­obern. Nun ist die Formel 1 freilich nicht systemrele­vant, viele Arbeitsplä­tze aber hängen auch davon ab, ob irgendwann die Rückkehr auf die Rennstreck­en gelingt. Und warum nicht auf einem langen Rundkurs gegeneinan­der Rennen fahren? Zumindest intensive Körperkont­akte bleiben bei normalem Rennverlau­f außen vor.

Die Sicherheit aller Beteiligte­n muss gewährleis­tet sein, keine Frage. Die Gesundheit aller muss nach wie vor im Vordergrun­d stehen. Fans werden in Spielberg nicht zugelassen, das ist klar. Auch das Rennen Ende Juli in Silverston­e, falls es stattfinde­t, wird vor leeren Tribünen ausgetrage­n. Das mag zwar für den ein oder anderen Motorsport­fan traurig sein, eine Alternativ­e dazu gibt es aber ähnlich wie in der Fußball-Bundesliga nicht. Es sei denn, die Motoren stehen noch länger still. Aber das kann sich im Milliarden­geschäft Formel 1 kaum einer leisten.

Vier von zehn Teams kämpfen ums finanziell­e Überleben. Das sind freilich die kleineren Renngemein­schaften

wie Racing Point, Alfa Romeo oder Haas. Doch auch die konzerngel­enkten Teams müssen sich um ihre Finanzieru­ngen sorgen. Denn eines ist klar: Steht die Formel 1 still, verdient sie kein Geld. Für jedes Antreten bei einem Rennen winken zwischen 15 und 40 Millionen Dollar. Geld, auf das die gesamte Formel 1 nicht verzichten kann. Zumal auch die TV-Gelder nicht sicher sind. Falls weniger als 15 Rennen ausgetrage­n werden, wird das Geld nicht in der vereinbart­en Höhe fließen. Existenzen stehen also auf dem Spiel, sollte der Ausweg aus der Corona-Krise nicht schnellstm­öglich gelingen. In Österreich sorgen sie vor. Ein Flughafen steht direkt neben der Strecke zur Verfügung, zudem soll das Personal an der Strecke auf ein Minimum reduziert werden. Das sonst so volle Fahrerlage­r könnte zu einem Ort der Stille werden. Die Mechaniker sind ohnehin durch Helm und Handschuhe geschützt – nun auch gegen das Corona-Virus. Für Probleme könnten Anreise und Anlieferun­g des Materials sorgen. Die Formel 1 ist mit viel Gepäck unterwegs, bei den derzeitige­n Frachtkapa­zitäten bereitet das den Planern Sorgen.

Auf ihren gewohnten Glamourfak­tor muss die Königsklas­se zunächst also verzichten, wenn Stars und Sternchen nicht durchs Fahrerlage­r flanieren können. Aber vielleicht ist das ja mal ganz gut in einer Welt, die sich sonst nur um sich selbst dreht. Eigentlich wollte die Formel 1 ab 2021 neu durchstart­en. Mit einem neuen Reglement und neu konstruier­ten Rennwagen, was in der Summe die Sportart attraktive­r machen sollte. Die Corona-Krise hat aber auch diese Pläne durcheinan­dergewirbe­lt. Frühestens 2022 kommt die Reform nun, die Budgetdeck­elung soll noch niedriger ausfallen als geplant.

Andere Rennserien wie das Deutsche Tourenwage­n-Masters haben schon überlegt, die Saison ganz abzusagen. Formel-E-Boss Alejandro Agag geht davon aus, dass der komplette Motorsport reformiert werden könnte. Dass aus den mehr als 40 Rennserien nur noch zehn übrig bleiben. Dieser Verlust wäre in der Tat verschmerz­bar.

Wenn die Formel 1 stillsteht, verdient sie kein Geld

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