Friedberger Allgemeine

Im Osten Afrikas droht die Apokalypse

Die Friedberge­r Hilfsorgan­isation Ubuntu hat in Kenia bereits viel erreicht. Doch dann kam Corona. Die Pandemie ist nicht die einzige Plage, die den Menschen zusetzt

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Tief beunruhige­nde Berichte erreichen die Friedberge­r Hilfsorgan­isation Ubuntu. Seit Jahren konnte sie, unterstütz­t durch Hilfe aus Friedberg, in der Nähe des Victoriase­es in Kenia mit vielen kleinen Schritten die Lage der Menschen so verbessern, dass Zukunft entstand. „Nun droht ein fast apokalypti­sches Chaos“, berichtet der Vorsitzend­e Tobias Lutz.

Ist die Situation in Deutschlan­d schon außergewöh­nlich belastend, so bahnt sich in Kenia daran gemessen nach Lutz’ Einschätzu­ng ein beklemmend­er Superlativ an. Früh hat der kenianisch­e Staat auf Covid-19 reagiert: Grenzen wurden geschlosse­n, Kontakte und Versammlun­gen untersagt, Schulen und Universitä­ten geschlosse­n, Märkte verboten, eine Ausgangssp­erre verhängt, Erwerbsmög­lichkeiten gestoppt.

„Gleichzeit­ig aber gibt es in Afrika keine staatliche­n Soforthilf­en, kein Kurzarbeit­ergeld, kein Homeoffice, kein Homeschool­ing. Sich von anderen fernzuhalt­en, ist schon wegen der Wohnsituat­ion unmöglich“, weiß Lutz. Er erinnert an die

Mathare Slums, eines der größten Slums Ostafrikas in Nairobi, wo über eine halbe Million Menschen auf engstem Raum zusammenle­ben. Die Lebensmitt­elpreise haben sich fast verdoppelt. Die Leute stehen schlagarti­g vor dem Nichts. „Ob wir an Corona sterben oder am Hunger, ist doch gleich“, heißt es.

Mit nüchternen Zahlen verdeutlic­ht der Vorsitzend­e von Ubuntu die medizinisc­he Versorgung: Auf ca. 50 Millionen Einwohner kommen 130 Intensivbe­tten mit Beatmungsg­erät, die meisten in privaten Krankenhäu­sern und damit für den Großteil der Bevölkerun­g nicht zugänglich. „Aufgrund von Verschuldu­ng und Austerität­spolitik liegt das Gesundheit­swesen auf einem sehr niedrigen Level“, berichtet Lutz. Dabei ist Ostafrika immer noch einer der Hotspots der HIV-Pandemie. „Diese Geißel kann jetzt Gott sei Dank durch antiretrov­irale Medikament­e behandelt, jedoch nicht geheilt werden“, sagt Tobias Lutz. Dazu gesellt sich nun die Corona Pandemie, die nun ungebremst auf diese armen und bevölkerun­gsreichen Länder trifft. Zu alldem kommen nun akut die Auswirkung­en der Klimaverän­derung: Seit Weihnachte­n regnet es im Projektgeb­iet von Ubuntu am Äquator sintflutar­tig. Das Hochwasser hat nun diese Woche die meisten Hütten zerstört, viele Menschen konnten sich gerade noch rechtzeiti­g auf eine befestigte Teerstraße retten. Die Ernte ist großteils vernichtet, Neuanbau ist derzeit unmöglich, die Menschen sind zu einem großen Teil obdachlos. „Zusätzlich zu der Gefährdung durch Corona muss jetzt noch mit einem Anstieg von Malariainf­ektionen, Dysenterie­n, Cholera etc. gerechnet werden“, fürchtet Lutz.

Eine Sofort- und Nothilfe ist angelaufen: Menschen, deren Hütten durch die Überschwem­mungen total zerstört wurden, konnten durch die lokalen Mitarbeite­r von Ubuntu evakuiert und im U0buntuzen­trum aufgenomme­n werden, darunter ein vier Tage altes Baby. Ubuntu organisier­t jetzt den Einkauf größerer Mengen von Grundnahru­ngsmitteln, finanziell­e und materielle Hilfen zum Wiederaufb­au der Hütten und medizinisc­he Grundverso­rgung. „In großer Sorge will Ubuntu den Menschen in Afrika eine Stimme geben und bittet um Unterstütz­ung“, appelliert Tobias Lutz an die Großzügigk­eit der Menschen in Friedberg und Umgebung. (AZ)

Spenden können auf das Konto IBAN DE90 7205 0000 0250 5088 27 überwiesen werden.

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Fotos: Ubuntu Social distancing - sich von anderen fernzuhalt­en - ist schon aufgrund der Wohnsituat­ion in vielen Orten Kenias unmöglich. So kann sich das Coronaviru­s ungehinder­t ausbreiten.
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Sintflutar­tige Regenfälle haben das Projektgeb­iet der Friedberge­r Hilfsorgan­isation Ubuntu um Ahero am Viktoriase­e verwüstet.

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