Friedberger Allgemeine

Ein Feind schleicht sich in die Stadt

Nach dem Ende des Dreißigjäh­rigen Krieges raffte die Pest in Friedberg 20 Menschen dahin. Wie die Obrigkeit gegen die Ausbreitun­g der Krankheit vorging / Serie (Schluss)

- VON REGINA NÄGELE

Friedberg Endlich war im Oktober 1648 der Frieden eingeläute­t. Der Dreißigjäh­rige Krieg war zu Ende. Die Friedberge­r versuchten, sich einzuricht­en in einer Stadt, die im Herbst 1646 erneut von den Feinden angezündet worden war. Zwei Mal flüchteten zwischen 1646 und 1648 die Bewohner Friedbergs aus Furcht vor dem Feind. Erst im April 1648 konnten sie endgültig sicher zurückkehr­en. Bereits ein Jahr später begann sich ein neuer, gefährlich­er Feind in die ausgebrann­te Stadt einzuschle­ichen. Zuerst war es nur ein Verdacht. „Suspecta de peste fuit“(sie war der Pest verdächtig). So schrieb der Friedberge­r Stadtpfarr­er Jakob Preß zum Tod einer Frau im August 1649 ins Totenbuch. Bald darauf raffte die Pest noch im gleichen Jahr etwa 20 Menschen dahin.

Es ist anzunehmen, dass die an der Pest Verstorben­en wie im schlimmen Pestjahr 1599 auf dem außerhalb der Stadt liegenden Friedhof bei St. Stephan beerdigt wurden. 1599 war eine Beerdigung der Opfer auf dem ältesten Friedhof der Stadt vor der Stadtpfarr­kirche polizeilic­h verboten worden. Das Kirchlein St. Stephan war durch den ersten Schwedenei­nfall 1632 zerstört worden und stand bis zum Wiederaufb­au gegen Ende des 17. Jahrhunder­ts als Ruine da.

In den Behausunge­n, wo es im Jahr 1649 Pesttote gegeben hatte, wurden durch den Barbierer Joseph Schmidt die Räume ausgeräuch­ert, heute würde man sagen desinfizie­rt. Barbierer rasierten nicht nur die Herrenwelt, sondern ihre Arbeit wurde in Verbindung mit Chirurgie oder Wundarznei in Verbindung gebracht. Sie lebten also auch vom Aderlassen, Schröpfen und Zahnziehen, wozu vielleicht auch Wund- und Frakturbeh­andlungen hinzukamen. So waren Barbierer, wie hier Joseph Schmidt, sehr wichtig für die Behandlung Kranker, denn die Zahl der Ärzte und Apotheker blieb allgemein bis ins 19. Jahrhunder­t hinein sehr gering. 1650 gab es keine Pestfälle mehr in Friedberg. Doch in anderen Gegenden war um die Jahresmitt­e die Krankheit wieder aufgeflack­ert. Die beiden Torwarte, einer am Oberen oder Münchner Tor, der andere am Augsburger Tor, bekamen vom Rat der Stadt den Befehl, vor allem keine verdächtig­en Bettelleut­e in die Stadt zu lassen. Die beiden bekamen dafür ab September wöchentlic­h eine extra Geldzulage. Man beurteilte die Lage nicht so dramatisch wie im Pestjahr 1649, als man zusätzlich noch eigene Torwächter bestellte. Diese Kosten glaubte man, angesichts der katastroph­al wenigen Geldmittel der Stadt, sich sparen zu können. Der Magistrat änderte allerdings seine Haltung abrupt im Oktober.

Drei Orte, einer davon im

Landgerich­t Landsberg und zwei im Landgerich­t Aichach, wurden „bannisiert“. Dort begann die Pest weiter um sich zu greifen und auf andere Orte überzuspri­ngen. Wer aus diesen Orten kam, durfte nicht in die Stadt. Jetzt wurden eigens wieder zwei „Inspektion­s“-Wächter bestellt. Die beiden Bürger erhielten dafür jede Woche einen Gulden. Einer von den beiden, der als Wächter zum Münchner Tor bestimmt wurde, war der Seiler Hans Merckhl. Er lieferte der Stadt für zehn Kreuzer einen dringend benötigten Zug-strick für die Stadttorsc­hranken. So konnten die Schranken jetzt schnell vors Tor gezogen werden vor verdächtig­en Leuten, die sich anschickte­n, durch das Tor hindurch zu gehen.

An Silvester 1650 wurde den beiden zusätzlich­en Wächtern das letzte Mal ihr „Deputat“gezahlt. Man benötigte sie nicht mehr, weil die „böse Sucht“so gut wie vorüber war.

***

Regine Nägele ist Vorsitzend­e des Friedberge­r Heimatvere­ins. In einer kleinen Serie beleuchtet sie, wie die Stadt früher von Seuchen heimgesuch­t wurde.

 ??  ??
 ?? Foto: Meseum im Wittelsbac­her Schloss ?? In den Beständen des Friedberge­r Museums befindet sich ein geschnitzt­es und bemaltes Pestkreuz mit später aufgenagel­ten Dachbrette­rn.
Foto: Meseum im Wittelsbac­her Schloss In den Beständen des Friedberge­r Museums befindet sich ein geschnitzt­es und bemaltes Pestkreuz mit später aufgenagel­ten Dachbrette­rn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany