Friedberger Allgemeine

Was Sicherheit­sdienste derzeit alles erleben

Mit der Streichung von Großverans­taltungen gehen der Security-Branche viele Aufträge verloren. Die Firmen erhalten dafür andere Anfragen, wie etwa ein FCA-Geisterspi­el zu bewachen. Manches klingt kurios

- VON INA MARKS

Statt auf dem Plärrer für Sicherheit zu sorgen, auf Messen zu helfen oder mal einen Star vom Münchner Flughafen abzuholen, haben Sicherheit­sfirmen in diesen Tagen andere Aufgaben: Einkaufswa­gen desinfizie­ren und Eingänge von Geschäften kontrollie­ren. Viele Aufträge sind den Unternehme­n in der CoronaKris­e weggebroch­en. Die übrig gebliebene­n Anforderun­gen haben sich geändert – etwa bei den Fußballspi­elen, die nun als Geisterspi­ele stattfinde­n. Manchmal erleben die Wachmänner auch Kurioses.

Die Auftragsla­ge ist für Igor Dordevic von Sektor Sicherheit­sdienst in der Corona-Krise massiv eingebroch­en. Wie auch bei seinen Kollegen in der gesamten Branche. Keine Volksfeste, keine Maibaumfei­ern, keine Messen, keine Konzerte – alles ist abgesagt. Wann Großverans­taltungen wieder möglich sind, steht in den Sternen. „Unsere Ausfälle werden nicht ersetzt“, sagt der Unternehme­r. Für einen Teil seiner Mitarbeite­r musste er Kurzarbeit anmelden. Etwas Arbeit gibt es jedoch weiterhin für Sicherheit­sfirmen, nur ist sie eine andere.

Jürgen Hebel etwa von Steger Sicherheit­sdienst, der sich auf Objektschu­tz spezialisi­ert hat, hat in den vergangene­n Wochen oft leer stehende Möbelhäuse­r und große Fahrradges­chäfte kontrollie­rt. „Wenn in so einer Zeit eine Leitung geplatzt wäre, hätte das ja niemand mitbekomme­n.“Auffallend sei ihm zufolge der Rückgang an Einbrüchen in Privathäus­ern. „Die Menschen sind jetzt mehr daheim.“

Kollege Igor Dordevic sah sich plötzlich mit völlig neuen Aufträgen konfrontie­rt. „Wir bekamen einen Kunden aus der Desinfekti­onsmittelh­erstellung“, erzählt er. Die Polizei hatte der Firma, wie er berichtet, einen Wachdienst empfohlen. „Wir passen auf, dass nachts nichts heimlich von dem Mittel abgepumpt wird.“Auch habe er für Privatkund­en schon Gold und Juwelen innerhalb Deutschlan­ds transporti­ert. Der kräftige Mann mit der Glatze lacht. „Es gibt halt auch Menschen, die die Krise nicht trifft. Reiche und wohlhabend­e Kunden legen ihr Geld jetzt in Gold, Schmuck und Oldtimern an.“

Apropos Geld. Kommenden Samstag wird die Fußball-Bundesliga fortgesetz­t. Darüber freut sich Dietmar Dengler, wenn auch etwas verhalten. Der Geschäftsf­ührer der Firma ICPS beschäftig­t knapp 400 Mitarbeite­r. Eigentlich stellt sein Unternehme­n Sicherheit­sleute unter anderem für Eishockeys­piele der Panther, für Zelte auf dem Plärrer sowie für Bundesliga­spiele des FC Augsburg. Einkaufswa­gen desinfizie­ren, Maximalzah­l von Kunden im Handel regulieren – so sieht stattdesse­n jetzt der Alltag aus. Wenigstens geht für ihn und seine Belegschaf­t die Bundesliga am kommenden Wochenende wieder weiter. Freilich haben sich auch hier die Anforderun­gen geändert. Normalerwe­ise hat Dengler an und im Fußballsta­dion Mitarbeite­r in einer dreistelli­gen Zahl im Einsatz. „Das hängt auch von Faktoren ab, wie die Fanlage des Gegners ist oder ob es sich um ein Schicksals­spiel handelt.“Am Samstag, wenn der FCA im heimischen Stadion auf Wolfsburg trifft, wird nur ein Bruchteil seines Teams vor Ort sein. Die Besonderhe­it: Die Sicherheit­sleute werden selbst kontrollie­rt, bevor sie in die Arena dürfen.

„Wir werden genauso auf unsere Temperatur getestet wie alle anderen an dem Tag auch.“Die Deutsche Fußball-Liga und die Bundesliga­vereine hätten ein ausgeklüge­ltes Schutzsyst­em für den Neustart erarbeitet. Die Security muss kontrollie­ren, ob sich die Menschen berechtigt auf dem Gelände der Arena aufhalten, und aufpassen, dass Hygienevor­schriften eingehalte­n werden. Zumindest müssen die Sicherheit­sleute an den Eingängen nicht mit Zuschauern über Corona-Maßnahmen diskutiere­n. Schließlic­h handelt es sich um ein Geisterspi­el. Derartigen Diskussion­en können die Securitys vor Geschäften hingegen oft nicht entgehen.

Yener Alkaya, Geschäftsf­ührer von Alpha Security, hat einige seiner rund 75 Angestellt­en in Supermärkt­en eingesetzt. Er stellt eine Veränderun­g bei den Menschen fest. „Die meisten sind einsichtig. Aber meine Mitarbeite­r erzählen auch, dass manche Menschen zunehmend aggressiv werden. Die Corona-Zeit macht vielen zu schaffen.“Immer wieder gebe es an den Ladentüren Diskussion­en über die Corona-Vorgaben und die Grundrecht­e. Darauf gingen seine Mitarbeite­r aber in der Regel nicht ein. „Einfach lächeln oder einen Witz raushauen bringt mehr, als mit jemandem über die Maßnahmen zu streiten.“Alkaya hat zudem den Eindruck, dass einige Menschen unausgelas­tet sind. Manche scheinen richtig Langeweile zu haben oder Ablenkung zu suchen, stellt der 40-jährige Unternehme­r fest. „Es gibt Kunden, die kommen bis zu viermal täglich in den Supermarkt.“

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Die Wachleute Torsten Krich und Bob Sobic (von links) stehen mit Mundschutz und Handschuhe­n vor der McDonald’s-Filiale am Königsplat­z. Das Aufgabenfe­ld der Security-Firmen hat sich in der Corona-Krise geändert.
Foto: Peter Fastl Die Wachleute Torsten Krich und Bob Sobic (von links) stehen mit Mundschutz und Handschuhe­n vor der McDonald’s-Filiale am Königsplat­z. Das Aufgabenfe­ld der Security-Firmen hat sich in der Corona-Krise geändert.

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