Ein bisschen Plärrer mitten im Wohnviertel
Wann wieder Volksfeste gefeiert werden können, weiß zurzeit niemand. Deshalb verkaufen jetzt einige Schausteller ihre Waren in den Stadtteilen. Die Stadt diskutiert derweil, was man Betrieben anbieten kann
Uni spendet Rechenpower für Corona-Forschung
Der Campus der meisten Universitäten in Deutschland ist momentan weitgehend leer, Studierende werden online unterrichtet. Im Gegenzug bleiben an den Hochschulen viele Computer ungenutzt. Die Universität Augsburg hat nun damit begonnen, diese brach liegende Prozessorleistung zu spenden. Wissenschaftler rund um den Globus können die Rechenpower für Forschungsprojekte zum Coronavirus einspannen. Diese ist sehr gefragt. In der Liste der momentan im Tagesschnitt weltweit größten Spender liege die Universität Augsburg aktuell in den Top 150, sagt Alexander Krammer, EDV-Beauftragter der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.
Plärrer, Dult oder Gögginger Frühlingsfest sind nicht nur wegen Bierzelten und Fahrgeschäften beliebt, sondern auch wegen der Leckereien: Geröstete Mandeln, süß und knackig, Crêpes, aus denen der Käse quillt, würziges Magenbrot, Zuckerwatte in vielen Farben – um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Doch wer für diese Süßigkeiten brennt, musste dieses Jahr aufgrund der Absage von Dult und Plärrer verzichten. Ein wenig Hoffnung gibt es nun aber für alle, die ohne diese volksfest-typischen Snacks nicht können.
Über das gesamte Stadtgebiet verteilt finden sich derzeit sieben Beschicker und Schausteller mit ihren Wagen, von denen aus sie die klassischen Volksfest-Süßigkeiten anbieten. Einer davon steht in einem Gewerbegebiet in Lechhausen. Ein Schriftzug in Weiß und Rot verrät, was Kunden hier finden: „Erlinger’s Bonbonnière“. Wagen und Grundstück gehören der Familie Erlinger, seit Generationen Schausteller und im Süßwarengeschäft tätig. Seit dem Dienstag nach Ostern finden Volksfestfreunde hier Leckereien wie Popcorn, gebrannte Nüsse aller Art, Bonbons und andere Zuckerwaren. Sandra Erlinger teilt sich die Schichten mit anderen Mitgliedern ihrer Familie. Sie sagt, in Lechhausen habe man viele Stammkunden.
„Wir sind vor Ort und müssen in der Not das Beste daraus machen.“Um die volksfestfreien Monate zu überstehen, haben Erlingers einen Lieferservice gegründet und werben nicht nur auf Flyern, sondern auch über soziale Medien für ihr Angebot. „Den ersten Schock haben wir überwunden – aber wie soll es weitergehen in diesem Jahr?“
Das hat sich auch die Stadt München gefragt – dort geht es mit dem Ausfall des diesjährigen Oktoberfestes um Milliardenverluste für Stadt, Schausteller und Beschicker. Der Münchner Stadtrat hat nun ein Konzept mit dem Arbeitstitel „Sommer in der Stadt“vorgelegt: Statt der Wiesn sollen die vom Ausfall von Oktoberfest und Co. Betroffenen mit kleinen, dezentralen Veranstaltungen unterstützt werden. An vielen Orten Münchens könnten einzelne Stände oder kleinere Fahrgeschäfte aufgebaut werden. Auch in Augsburg gibt es Überlegungen in diese Richtung.
Ekkehard Schmölz, Leiter von Augsburg Marketing, erklärt, auf Initiative seiner Organisation habe es bereits Gespräche zwischen dem Ordnungsreferat und der Ordnungsbehörde, Augsburg Marketing sowie dem Marktamt gegeben. Es gehe darum, wie man zumindest einigen Augsburger Schaustellerbetrieben und gleichzeitig der Innenstadt helfen könne. Ein „MiniPlärrer“sei allerdings nicht geplant.
Sandra Erlinger steht mit ihrem Süßwarenstand jetzt im Gewerbegebiet Lechhausen, Am Mittleren Moos.
„Es wird derzeit untersucht, ob es an vier oder fünf Innenstadtstandorten möglich ist – unter Einhaltung der geltenden Hygieneverordnungen und Abstandsregeln –, Fahrgeschäfte sowie ein bis zwei Süßwarenstände für fünf oder sechs Wochen zuzulassen.“Schmölz könne sich dabei auch ein Kinderfahrgeschäft und einen Süßigkeitenstand am Moritzplatz oder ein Kettenkarussell am Rathausplatz vorstellen.
Dies sei zwar nur ein „Trostpflaster“für die Schausteller, aber vor allem auch ein Angebot für alle Augsburger Familien und Besucher mit Kindern aus dem näheren Umland. Schmölz: „Grundlage des Ganzen ist aber sicherlich das Übereinkommen, dass in diesem Fall nicht die normalen Sondernutzungsgebühren aufgerufen werden – da es sich ja sonst für die Schausteller nicht rentiert.“Wichtig sei eine zeitnahe Realisierung, solange noch das Verbot von Großveranstaltungen gelte. Das gilt vorläufig bis 31. August.
Davon wäre auch der Herbstplärrer betroffen, der traditionell in den letzten Augusttagen startet. Markus Weiss, Beschicker und in einer Schaustellerfamilie aufgewachsen, will den Herbstplärrer aber noch nicht ganz aufgeben. „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“Um die dramatischen Umsatzeinbußen durch das
Coronavirus abzumildern, haben er und seine Familie auf dem eigenen Grundstück in der Firnhaberau zwei Buden aufgebaut. Inmitten von Einfamilienhäusern ducken sich nun die zwei Stände – der eine grellbunt, der andere in Holzoptik. Hier gibt es Süßes wie Crêpes und Churros (ein spanisches Fettgebäck), am Wochenende auch Steaksemmeln oder Bratwürste.
Markus Weiss sagt, er wolle sich nicht ausmalen, wie es seiner Familie gehe, wenn die gesamte Saison ausfalle – für die Branche endet das Geschäft nach dem Christkindlesmarkt. „Wir Schausteller sind Stehaufmännchen, das merkt man gerade jetzt. Wir helfen uns untereinander.“Lange könne es aber nicht so bleiben. Auch Weiss hat Werbung für seinen Stand gemacht, nun hofft er laut eigener Aussage auf ein gutes Geschäft über die kommenden Feiertage – und eine gute Initiative durch die Stadt.
Sandra Erlinger schwebt da bereits eine konkrete Idee vor: eine Art Freizeit-Park-Modell für den Plärrer. „Unter Einhaltung der Hygieneund Abstandsregeln, und ohne Bierzelte, könnte ein Plärrerbesuch ähnlich wie im Legoland doch vielleicht möglich sein.“Vorerst richten sich Erlingers aber darauf ein, ihren Stand in Lechhausen zu betreiben. Wie lange, sagt die Unternehmerin, komme auf die Stadt an.