Friedberger Allgemeine

Abstandsre­geln im Drehbuch

Die Filmwelt muss sich neu sortieren. Ein Gespräch mit Babelsberg-Chef Carl Woebcken, wie Dreharbeit­en aussehen könnten

- Interview: Julia Kilian, dpa

Herr Woebcken, die Corona-Pandemie hat die internatio­nale Filmwelt lahmgelegt. Wie ist das bei Ihnen? Carl Woebcken: Studio Babelsberg hatte Anfang des Jahres eine hervorrage­nde Ausgangssi­tuation, weil wir das erste Mal in der jüngsten Geschichte bereits im Frühjahr zwei Großproduk­tionen parallel im Studio hatten. Das sind beides sehr große Projekte, die Mitte März die Produktion schließen mussten.

Welche Filme sind das?

Woebcken: Es handelt sich um ein Sony- und ein Warner-Bros.-Projekt. Ich darf Ihnen offiziell die Titel nicht sagen.

Medienberi­chten zufolge sind das die Videospiel-Verfilmung „Uncharted“und der Blockbuste­r „Matrix 4“. Woebcken (lacht): Dem Vernehmen nach ja.

Wissen Sie schon, wie es weitergeht?

Woebcken: Wir haben für diese Produktion­en sehr aufwendige Kulissen gebaut – und beide Projekte waren kurz vor Drehbeginn. Deswegen haben sich beide entschloss­en, auf Pause zu stellen. Das heißt, die Sets und viel Equipment sind in den Studios geblieben, um abzuwarten, wie sich die Krise entwickelt. Wir haben jetzt eine Situation, bei der wir guter Hoffnung sind, dass wir mit beiden Produktion­en hoffentlic­h ab Mitte Juni weiter produziere­n können.

Ihr Vorteil könnte also sein, dass die Kulissen schon fertig waren und die Produktion­en deswegen vielleicht nicht abwandern, sondern zurückkomm­en? Woebcken: Richtig. Das ist eine Sondersitu­ation, über die wir sehr glücklich sind. Denn in der gegenwärti­gen Situation ist es so, dass viele Produktion­en, die unabhängig finanziert sind, keinen Versicheru­ngsschutz bekommen. Die großen Studioprod­uktionen können das auch alleine stemmen, die brauchen nicht unbedingt eine Versicheru­ng. Aber andere Produktion­en schon. Und das ist ein riesiges Problem in unserer Branche.

Können Sie das mal erklären?

Woebcken: Unabhängig produziert­e Filme oder auch größere Fernsehpro­duktionen müssen eine Fertigstel­lungsversi­cherung abschließe­n, die einspringt, wenn das Projekt unterbroch­en oder abgebroche­n werden muss und deswegen die Kosten steigen. Die Versicheru­ng muss dann für die Fertigstel­lung garantiere­n. Und das machen Versichere­r gegenwärti­g nicht.

Wie könnte ein Filmdreh derzeit aussehen?

Woebcken: Man muss natürlich zusehen, dass die Crew nicht zu eng aufeinande­r ist. Die Abstandsre­geln sind im Studiobere­ich einfach einzuhalte­n, wenn es um Mitarbeite­r geht, die um das Set herumwirbe­ln, um zum Beispiel die Beleuchtun­g bereitzust­ellen. Aber bei Schauspiel­ern, Regisseur, Kamerateam: Da muss man extrem auf die Hygiene achten. Insbesonde­re bei den Hauptdarst­ellern. Denn wenn einer ausfällt, steht das ganze Projekt still.

Wie kann man das machen? Woebcken: Gegenwärti­g denken viele darüber nach, die Drehbücher so zu ändern, dass man Abstand hält. Das geht natürlich nicht bei Liebesszen­en

oder Kampfszene­n. In solchen Fällen ist dann das Testen extrem wichtig. Wir haben uns bereits Angebote eingeholt für eine Massentest­ung, bei der wir einmal in der Woche alle Mitarbeite­r kontrollie­ren könnten. Alle am Set müssen Masken tragen. Hinzu kommt die Händedesin­fektion: Wir haben 5000 Liter Desinfekti­onsmittel bestellt. Viel wichtiger ist allerdings, mit dem anderen Szenario umzugehen: Was machen wir, wenn doch jemand infiziert sein sollte?

Wenn es im Juni tatsächlic­h weitergehe­n sollte bei Ihnen: Kommt dann Keanu Reeves?

Woebcken(lacht):

Ich glaube schon.

Carl W. Woebcken, arbeitete früher als Unternehme­nsberater und leitet jetzt das Studio Babelsberg in Potsdam. 63,

 ?? Foto: dpa ?? Zwei große Hollywoodf­ilme sind im Studio Babelsberg in Potsdam derzeit auf Eis gelegt.
Foto: dpa Zwei große Hollywoodf­ilme sind im Studio Babelsberg in Potsdam derzeit auf Eis gelegt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany