Friedberger Allgemeine

Raus aus dem Alltag

Mit Mikroabent­euern Erholung finden

- VON JOHANNES NEUDECKER

Es hört sich simpel an: Einfach spontan auf das Fahrrad setzen und losfahren. Ohne Ziel und Plan. Bewusst aus dem Alltag ausbrechen und etwas unternehme­n, was man sonst nicht machen würde: Manche nennen so etwas Mikroabent­euer. Dabei geht es nicht darum, die nächste minuziös geplante Bergwander­ung in Angriff zu nehmen – sondern um den Sturz ins Ungewisse, in die Natur.

Der Brite Alastair Humphreys war einer der ersten, die dem Freizeitab­enteuer einen Namen gaben: Microadven­ture. Er schnappte sich einen Freund und wanderte zum Beispiel um den Autobahnri­ng M25, der Großbritan­niens Hauptstadt London umgibt. „Jeder hat seine eigene Definition von Mikroabent­euer“, sagt Christo Foerster. Alles von Wandern über Paddeln bis Radfahren falle darunter. Hauptsache ist das Abenteuer durchbrech­e das alltäglich­e Muster, erklärt der 42-Jährige, der als Motivation­strainer und Autor in Hamburg lebt. Es gehe darum, etwas draußen zu machen.

Von Deutschlan­d nach Dänemark schwimmen

„Kurz, einfach, lokal, günstig und trotzdem aufregend“, so fasst Foerster das Mikroabent­euer zusammen. Es gebe Tausende Möglichkei­ten dafür, etwas zu tun, was man noch nie „auf dem Zettel“hatte – wie den höchsten Berg des eigenen Bundesland­es erklimmen. Eine Tour, die man auch in einem Tag schaffen könne. Foerster selbst schwamm zum Beispiel mit einem Freund von Deutschlan­d nach Dänemark, an einer Stelle, an der die Länder nur einen guten Kilometer auseinande­rliegen. Für ein Mikroabent­euer brauche es nicht immer die beste Ausrüstung. Im Gegenteil: „Je schlechter die Ausrüstung ist, desto größer ist das Abenteuer“, betont der Experte. Für Körper und Geist kann so etwas gesund sein. Wandern und Spazieren sorgen für merkliche Entspannun­g bei den Abenteurer­n, denn dabei sinke das Stresshorm­on Kortisol, erklärt die Münchener Psychologi­n Anja Kluge. Außerdem tue dem Körper die Bewegung gut. „Alles ist besser als am Computer zu sitzen.“Ein Mikroabent­euer bedeutet, etwas Neues zu machen. „Das ist gut, damit das Gehirn flexibel bleibt“, erläutert die Expertin. Das Gehirn baut sich demnach jede Nacht um und verstärkt das, was man am Tag gebraucht hat und baut ab, was man nicht gebraucht hat. „Wenn man ab und zu etwas Neues macht, dann muss das Gehirn wieder neue Verbindung­en schaffen. Das ist auch im Alter gut, um flexibel zu bleiben“, sagt Kluge.

Die eigentlich simple Idee hat in Deutschlan­d schon Tausende Anhänger gefunden. Online inspiriere­n sich Mikroabent­eurer mit Tipps für Trips und

Kurzausflü­ge. Diese Menschen kommen nach Christo Foersters Einschätzu­ng überwiegen­d aus dem urbanen Raum – und sie haben eine Sehnsucht nach „Draußen“. Statt nach acht Stunden im Büro wieder nach Hause zu fahren, kann das Mikroabent­euer auch nach dem Feierabend starten – zum Beispiel mit einer Übernachtu­ng im Wald. Wer sein Mikroabent­euer dorthin verlegt, sollte trotz aller Erlebnislu­st ein paar Regeln beachten.

Man muss sich an Vorgaben halten

Eine Nacht unter freiem Himmel zu schlafen ist zwar grunsätzli­ch möglich. Kommt jedoch ein Zelt ins Spiel, sollte man sich vorher informiere­n. Denn in Wäldern und Naturschut­zgebieten sei das Zelten verboten, erklärt der Rechtsanwa­lt Swen Walentowsk­i. Auch für Lagerfeuer gibt es Einschränk­ungen: „Feuer ist im Wald und bis zu einem Abstand von hundert Metern vom Waldrand grundsätzl­ich nur auf speziell gekennzeic­hneten Flächen erlaubt“, erklärt der Jurist. Müll zurücklass­en ist in der freien Natur ebenfalls verboten, damit handelt sich der Übeltäter ein Bußgeld ein.

Folgt man Foersters Auffassung von Mikroabent­euern, sollte das aber ohnehin nicht vorkommen. Eine der Spielregel­n sei folgende: „Alles wieder so verlassen, wie ich es vorgefunde­n habe.“

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Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/tmn Einfach mal spontan und ohne Plan raus in die Natur – das ist die Idee hinter einem Mikroabent­euer.

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