Friedberger Allgemeine

Warum mehr Müll weggeworfe­n wird

Plastikbec­her und Pizzakarto­ns: Immer wieder fallen derzeit übervolle Abfallbehä­lter in Straßen und Parks auf. Was das mit Corona zu tun hat und warum Augsburgs Umweltrefe­rent nicht an eine baldige Besserung glaubt

- VON INA MARKS

Es ist ein Montagmorg­en und der Abfalleime­r am Geländer des Lechkanals in der Altstadt quillt über. Was an leeren Kaffee- und Eisbechern, durchsicht­igen Plastikbec­hern, in denen noch Strohhalme stecken und Papiertüte­n nicht mehr hineingepa­sst hat, wurde darunter abgestellt. Zu den Pizzaschac­hteln. Diese Müll-Momentaufn­ahme ist kein Einzelfall. Sie hat vor allem mit der Corona-Situation zu tun.

„Wahnsinn was wir an Müll produziere­n“, kommentier­t Leserin Claudia Würfl das Foto des übervollen Abfalleime­rs, das unsere Redaktion im sozialen Netzwerk Facebook veröffentl­icht hat. Innerhalb kurzer Zeit haben knapp hundert Leser dieses Bild kommentier­t. Viele kritisiere­n das Verhalten der Konsumente­n. Andere bemängeln, dass in Zeiten von Corona die Mülleimer nicht oft genug geleert werden. Nicht nur am Vorderen Lech in der Altstadt wird das hohe Müllaufkom­men sichtbar. Dabei steht eines fest: Die Hygienemaß­nahmen im Zuge der Corona-Pandemie in den vergangene­n Wochen hat das Konsumverh­alten der Menschen verändert. Das hat erkennbare Auswirkung­en, wie Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne) auf Nachfrage berichtet.

„Da viele Bürger in den vergangene­n Wochen vermehrt daheim waren aber auch die Gastronomi­e nur Essen zum Mitnehmen anbot, hat sich das Abfallaufk­ommen deutlich erhöht“, sagt Erben. Vor allem im Innenstadt­bereich und an den großen Naherholun­gsgebieten, wie etwa an Wertach oder Lech sei dies der Fall. An diesen Schwerpunk­ten würden die Abfallkörb­e mehrmals am Tag geleert. Das ließ sich am Freitag nach dem Vatertag bestätigen.

Im Siebentisc­hpark etwa standen Mülleimer bereits am frühen Morgen schon für den nächsten Abfall parat, obwohl sich am Vortag dort noch so viele Menschen aufhielten. Laut Erben würden in den Sommermona­ten generell bei Bedarf in Grünanlage­n zusätzlich­e Abfallkörb­e aufgestell­t. Er weist bei der Gelegenhei­t darauf hin, dass sich Bürger mit Vorschläge­n für neue Standorte an den Abfallwirt­schafts- und Stadtreini­gungsbetri­eb (AWS) wenden können.

Dieser prüfe vor Ort den Bedarf und stelle weitere Abfallkörb­e auf. „Das ist zuletzt zum Beispiel am

Provinopar­k geschehen – unabhängig von er aktuellen Corona-Pandemie“, so Erben. Auch wenn Biergärten und Restaurant­s ihre Außengastr­onomie inzwischen wieder öffnen durften, glaubt der Umweltrefe­rent nicht an einen Rückgang des Einweg-Mülls.

„Ein Großteil der Gastronomi­e wird auch in Zukunft ein ausgeweite­tes To-Go-Angebot anbieten“, ist der Umweltrefe­rent überzeugt. Er weist auf einen weiteren Faktor hin. „Die Schutzausr­üstung und vor allem die vorgeschri­ebenen Masken werden das Abfallaufk­ommen auch in den kommenden Wochen erhöhen.“

Dass Menschen ihren Mund- und Nasenschut­z achtlos auf die Straße werfen, darüber haben sich schon einige Leser gegenüber unserer Redaktion empört. Christian Hahn, Mitarbeite­r im Umweltrefe­rat, bestätigt dass der Müll wegen Mundschutz­en massiv angestiege­n ist. Man könne an die Bürger nur appelliere­n, wiederverw­endbare Masken zu benutzen. „Aber der städtische Einfluss darauf ist nun einmal leider gering.“Die Einwegmask­en werden übrigens über den Restmüll entsorgt und verbrannt.

Nicht nur in Augsburgs Stadtbild hat der Abfall zugenommen, sondern auch in den Privathaus­halten. Das verwundert nicht. Schließlic­h hielten sich die Menschen in den vergangene­n Wochen mehr in ihren eigenen vier Wänden auf und arbeiteten teils von zu Hause. Hausverwal­tungen hätten vor allem Sonderleer­ungen der Restmüllto­nnen angeforder­t, berichtet Erben.

Im vergangene­n Jahr wurden in einer durchschni­ttlichen Woche in Augsburg 816 Tonnen Restmüll, 396 Tonnen Bioabfälle und 395 Tonnen Papier und Pappe an Abfall entsorgt. Wie der Durchschni­tt in diesem Jahr ausfallen wird, bleibt abzuwarten. Der Umweltrefe­rent appelliert jedenfalls an die Bürger, im Freien anfallende­n Müll in die circa 2000 Abfallkörb­e der Stadt zu entsorgen. Ganz allgemein habe er die Bitte, gerade in diesen Zeiten, aktiv zu Umwelt- und Klimaschut­z beizutrage­n. Oliver Hüttenmüll­er, der die Kulperhütt­e an der Wertach betreibt, hat trotz Corona ein Auge auf die Müllproble­matik.

Zwar leere die Stadt dort täglich die Abfalleime­r, aber auch er und sein Team gingen täglich über das Areal und sammelten Müll ein. Eigentlich sei er kein To-Go-Betrieb, betont der Gastronom. Aber ganz ohne komme er in Zeiten von Corona nun auch nicht aus. Nussecken oder Brezen würden nur mit Serviette herausgege­ben, Kaffee in ÖkoEinweg-Pappbecher ohne Deckel und mit Holzstäbch­en zum Umrühren. Plastiksch­alen und Aluboxen für Speisen kommen für ihn nicht in Frage. Derzeit sehe er sich nach einer umweltvert­räglichere­n Alternativ­e um.

Auch Mundschutz­masken werden weggeworfe­n

 ?? Foto: Ina Marks ?? Die Corona-Pandemie hat das Konsumverh­alten der Menschen verändert, auch, weil es Speisen und Getränke lange nur noch zum Mitnehmen gab. Dies wirkt sich auf die Müllmengen aus.
Foto: Ina Marks Die Corona-Pandemie hat das Konsumverh­alten der Menschen verändert, auch, weil es Speisen und Getränke lange nur noch zum Mitnehmen gab. Dies wirkt sich auf die Müllmengen aus.

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