Neue Krawalle in den USA
Warum Donald Trump in einem Bunker Schutz suchte
Washington Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd kommen die USA nicht zur Ruhe: Präsident Donald Trump musste angesichts der Straßenkrawalle nach übereinstimmenden Medienberichten zeitweise in einem unterirdischen Bunker im Weißen Hauses Schutz suchen. Demonstranten hatten sich zuvor vor dem Haus versammelt, einige von ihnen stießen Barrikaden um, Flaschen und Steine flogen. Nach knapp einer
Stunde habe Trump den Bunker wieder verlassen können, meldete der Fernsehsender CNN.
Trump lobte den Einsatz seiner Sicherheitskräfte als professionell und „sehr cool“. Auf Twitter schrieb er: „Ich war drinnen, beobachtete jede Bewegung und hätte mich nicht sicherer fühlen können.“Niemand habe auch nur annähernd den Zaun des Weißen Hauses durchbrechen können. „Wenn sie es getan hätten, wären sie von den bösartigsten Hunden und den bedrohlichsten Waffen begrüßt worden, die ich je gesehen habe.“
Auch am Wochenende versammelten sich wieder Demonstranten vor dem Weißen Haus. Sicherheitskräfte hielten sie jedoch weiter auf Abstand und drängten sie frühzeitig zurück. Auslöser der Proteste in zahlreichen amerikanischen Städten ist der Tod von Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis.
Berlin/Washington Der alljährliche Gipfel von sieben großen Industrienationen – bekannt als G7 – hängt endgültig in der Schwebe. Erst hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr persönliches Erscheinen in den USA abgesagt – offiziell wegen der Covid-19-Pandemie. Doch gleichwohl gehen Beobachter davon aus, dass die Regierungschefin dem US-Präsidenten Donald Trump nicht als Wahlkampfstaffage dienen, sprich keine werbewirksamen Fotos von einem Gipfeltreffen liefern mag. Trump wiederum schlug am Wochenende vor, das Treffen zu verschieben und auch andere Staaten wie Russland einzuladen. Das Format G7 sei „überholt“. Eine Kehrtwendung, die seinerseits wahlkampftaktisch motiviert sein dürfte: Je später im Jahr der Gipfeltermin, desto näher liegt er am Wahltag im November und desto eher könnten die schlimmsten Pandemie-Folgen überwunden sein.
Der Reihe nach: Die Geschichte der G7 reicht ins Jahr 1975 zurück. Nach dem Ende des Kalten Kriegs wurde die Runde der westlichen Staats- und Regierungschefs um
Russland erweitert. Wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim ist Moskau seit 2014 in dem Kreis aber nicht mehr dabei. Die G7-Staaten – USA, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Japan, Italien und Deutschland – wechseln sich jedes Jahr als Gastgeber ab. In diesem Jahr sind die USA an der Reihe. Trump wollte anfangs auf einem seiner Grundstücke in Florida tagen. Dann war das Treffen für Mitte Juni auf dem Landsitz des Präsidenten in Camp David geplant. Corona sorgte im März für eine Absage: Es sollte nur eine Videoschalte geben. Dann sprach sich Trump doch wieder für einen richtigen Gipfel aus – als Signal dafür, dass sich die Welt von der Corona-Krise erholt. Bei den anderen Staats- und Regierungschefs stieß dies in der vergangenen Woche jedoch auf wenig Zustimmung. Merkel dankte Trump schließlich am Samstag für die Einladung und ließ erklären: „Stand heute kann sie in Anbetracht der Pandemie-Gesamtlage ihre persönliche Teilnahme, also eine Reise nach Washington, nicht zusagen.“Aktuell gelten coronabedingt noch strenge Reisebeschränkungen zwischen den USA und Europa.
Öffentliche Unterstützung bekam der US-Präsident nur von Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Daraufhin kam er am Samstag an Bord seines Präsidentenflugzeugs vor Journalisten mit einem neuen Vorschlag: ein Treffen im September oder auch erst nach der Wahl, in geänderter Besetzung. Begründung: Er habe nicht das Gefühl,
dass die „sehr veraltete Gruppe“der G7 das Geschehen auf der Welt richtig abbilde. Als mögliche weitere Teilnehmer neben Russland nannte er Südkorea, Australien und Indien – nicht aber China.
Trump wirft China vor, die Ausbreitung des Coronavirus nicht verhindert zu haben. Die USA sind von der Pandemie besonders schwer getroffen. Eine Sprecherin des Weißen Hauses kündigte ergänzend an, es solle auch über den Umgang mit China diskutiert werden.
Trump hatte sich schon bei den beiden jüngsten G7-Gipfeln dafür eingesetzt, die Gruppe wieder um Russland zu erweitern – ohne Erfolg. Inzwischen hat er mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin dazu gesprochen. Das teilte der Kreml am Montag in Moskau nach einem Telefonat der beiden Politiker mit. Zuvor hatte der Kreml noch „viele Fragen“zu der Initiative des US-Präsidenten gesehen. Nach dem Telefonat hieß es von russischer Seite, es sei die Bedeutung hervorgehoben worden, den Dialog zwischen Moskau und Washington zu aktivieren. Das sei auf dem Gebiet der „strategischen Stabilität“und bei „Vertrauensmaßnahmen im militärischen Bereich“wichtig. Weitere Einzelheiten wurden nicht mitgeteilt.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), verurteilte Trumps Pläne als „in Form und Inhalt inakzeptabel“. Röttgen wörtlich: „Weder die Zusammensetzung noch die Terminplanung des Treffens der führenden westlichen Industriestaaten unterliegen den persönlichen Neigungen oder Wahlkampfüberlegungen von Herrn Trump.“
Die US-Zeitung Politico berichtete unter Berufung auf informierte Kreise, europäische Regierungschefs seien besorgt, dass Trump den Gipfel vor allem als Fototermin im Wahlkampf nutzen wolle – und als Botschaft, dass die Corona-Krise dank ihm überstanden sei. Es habe bislang kaum inhaltliche Vorbereitungen für ein Treffen gegeben. Ein Regierungssprecher in Berlin bestätigte lediglich, dass es vor Pfingsten ein Telefonat zwischen Trump und Merkel gegeben habe – ohne Details zu nennen.