Bier für die Tonne statt fürs Fass
Wegen der Corona-Pandemie wurden Feste abgesagt und Gaststätten geschlossen. Lokale Brauer stellt der sinkende Bierabsatz vor ein Problem. Einer braut fürs Erste nicht mehr. Wie die heimischen Erzeuger damit umgehen
Aichach 2500 Liter Bier. So viel hat der Aichacher Brauer Norbert Zandtner in den Abguss kippen müssen. 2500 Liter von seinem Hinterhof-Bräu. Er hatte keine Flaschen, keine Fässer mehr, um das Bier abzufüllen. „Und so ein Bier hat natürlich auch eine Haltbarkeit“, sagt Zandtner. Er klingt am Telefon resigniert, es ist ihm sehr schwergefallen, sein eigenes Bier wegzuschütten. „Aber eine andere Möglichkeit habe ich nicht mehr gesehen.“Damit so etwas nicht wieder vorkommt, hat er den nächsten Schritt gemacht: Er hat die Bierproduktion eingestellt. Bis nach Corona. Es sei wirtschaftlich nicht mehr zu tragen gewesen. „Eine Brauerei hat enorme laufende Kosten“, erklärt Zandtner. Er hat als Ersatz einen neuen Job begonnen, um finanziell durch die Monate ohne Brauerei zu kommen. Seine Kneipe will er dagegen weiterbetreiben. Wenn sein eigenes Bier aus ist, schenkt er dort Bier von anderen kleinen Brauereien ein. „Dann hält man zumindest zusammen.“
Beim Landhausbräu Koller in Hergertswiesen bei Eurasburg wurde die Produktion frühzeitig gestoppt, wie Brauer und Wirt Ludwig Koller am Telefon erzählt. Wegschütten musste er zum Glück nichts von seinem naturtrüben Bier. „Wir haben sofort die Notbremse gezogen, als am 17. März klar war, dass die Gastronomie schließen muss“, sagt Koller. Normalerweise sei das die Zeit, wo sein Lager voll ist. Denn im April beginnt in seinem Gasthaus, dem Biergarten und dem dazugehörigen großen Stadl normalerweise die Saison. „Grundsätzlich ist Bier zwar mehrere Monate haltbar, doch beim Bockbier hat man einen erhöhten Aufwand. Deshalb haben wir auf das ganz verzichtet.“
In der Zeit, als das Lokal geschlossen war, hat er sein hausgebrautes Naturtrüb in Flaschen oder im Fass auf telefonische Bestellung verkauft. Das konnten die Leute bei ihm abholen - selbstverständlich auf Abstand und mit Mundschutz. Togo-Essen gab es im Landhausbräu Koller nicht. „Wir sind ein Familienbetrieb und haben zum Glück auf Sicht agiert und können jetzt wieder langsam hochfahren mit der Bierproduktion“, ist Koller froh. Schritt für Schritt werde jetzt wieder nachgebraut. Die Besonderheit der Gasthausbrauerei: Es wird direkt vom Muttertank ausgeschenkt und ausschließlich naturtrübes Bier.
Zuerst war der Biergarten wieder geöffnet, jetzt auch der Innenbereich. Koller ist zuversichtlich: „Wir als Gastronomen und Braumeister waren von Anfang an stark betroffen. Doch selbst auf der Verliererseite gehören wir zu den Privilegierten, weil wir Platz im Hof haben und die Tische weit auseinander stellen können. Es ist eine schwierige Zeit. Auch wenn wir die Umsätze nicht haben, können wir zumindest die Bestuhlung halten.“Der Biergarten ist bislang gut angelaufen, insbesondere am Vatertag war viel los. Die Familie Koller ist zufrieden.
Auch bei größeren Brauereien ist der Bierabsatz rückläufig. Bei der Schlossbrauerei Unterbaar geht der Absatz im Mai um die 30 Prozent zurück. Laut Brauereichef Franz Freiherr Groß von Trockau ist bereits seit März die Produktion zurückgegangen. Und auch bei der Brauerei Kühbach wurde die Produktion frühzeitig zurückgefahren, wie Chef Umberto Freiherr von
berichtet: „Um etwa 30 Prozent. Es gab auch Wochen, in denen wir gar keinen Sud eingekocht haben. Gott sei Dank mussten wir so kein Bier wegschütten.“Stattdessen ließ sich die Brauerei allerhand Aktionen einfallen: „Wir haben Maßkrüge oder Weizengläser den Kästen beigelegt oder Verlosungen gemacht.“
Mit dem Flaschenverkauf ist Beck-Peccoz zufrieden, aber er betont: „Das kann die Ausfälle aber bei Weitem nicht auffangen.“Dennoch bleibt der Kühbacher Brauereichef optimistisch: „Die Bestellungen ziehen seit Öffnung der Biergärten wieder an. Ich hoffe, dass sich der Absatz bald wieder normalisiert.“Nur ein Bier wird es in diesem Jahr nicht mehr geben: „Da alle Feste abgesagt werden, brauen wir auch kein Festbier.“
Manfred Fritsch von Berabecka Boandl-Bräu in Oberbernbach (Aichach) hat, während die Kneipen geschlossen waren, sein Bier im Fass per Fahrrad ausgeliefert. „Wenn der Gast nicht mehr in die Kneipe kommen kann, muss eben der Wirt zum Gast kommen“, sagt Fritsch und lacht. Am Osterwochenende habe er mit seinem Ausfahrservice für frisches Fassbier angefangen. Ab dann fuhr er an Wochenenden durch Aichach und die Stadtteile Oberbernbach und Ecknach. Auch in der Richtung von Schrobenhausen waren Fritsch oder seine Mitarbeiter unterwegs. Laut Fritsch kamen ihm gerade in den ersten Wochen nur freundliche Gesichter entgegen. Den Bier-Lieferservice hat Fritsch inzwischen eingestellt, er hat nur so lange funktioniert, wie die Leute auch zu Hause waren. Er ist aber froh darum, wie gut es in den letzten Wochen gelaufen ist. „Die Leute waren sehr großzügig, die haben das Bier auch aus Solidarität gekauft“, sagt Fritsch. Jetzt startet die Wiedereröffnung der Kneipen. Allerdings laut Fritsch „mit angezogener Handbremse“. Die Kunden seien im Moment noch eher verhalten, hätten wahrscheinlich noch Angst.
Um die Zeit ohne Gastwirtschaft zu überbrücken, hat die CanadaWeißbierbrauerei in ObermauerBeck-Peccoz bach (Stadt Aichach) Bier aus der Flasche angeboten. „Wir mussten ja irgendwas machen“, sagt Brauereichef Rainer Knauer. Sie haben alle Flaschen, die sie dahatten, per Hand befüllt und verkauft. Als die Flaschen aus waren, mussten sie immer wieder darauf warten, dass die Leute ihre Flaschen bringen.
Wegschütten mussten sie nichts, aber auch die Brauerei muss ihre Produktion zurückfahren. „Wenn es zu viel wird, dann braut man halt ein paar Wochen nicht“, so Knauer. Sie hätten sowieso einen eher überschaubaren Verkauf außerhalb der eigenen Wirtschaft. Wichtiger sei für ihn finanziell die Gastwirtschaft, die jetzt wieder anläuft. „Die Leute unterstützen uns toll“, sagt Knauer. Aber durch die Beschränkungen seien sie ziemlich schnell voll. „Meistens sind weniger als 50 Prozent der üblichen Plätze besetzt.“Ohne zu wissen, wie es mit den Corona-Regelungen weitergeht, sei es schwer zu planen. Trotzdem bleibt der Wirt optimistisch: „Man muss das Beste daraus machen. Irgendwas geht immer!“