Friedberger Allgemeine

Kampf gegen illegale Graffiti

Die Fälle illegaler Schmierere­ien häufen sich in diesem Jahr im Wittelsbac­her Land. Die Stadt Friedberg hat bereits eine Belohnung ausgesetzt. Welche Rolle eine Arbeitsgru­ppe des Polizeiprä­sidiums dabei spielt

- VON MICHAEL POSTL

Die Fälle illegaler Schmierere­ien häufen sich in diesem Jahr. Die Stadt Friedberg hat bereits eine Belohnung ausgesetzt. So geht die Polizei nun vor.

Aichach-Friedberg Graffiti – Kunstwerk oder Schmierere­i? Wenn es illegal angebracht wird, ist es schlicht eine Straftat, sagt das Gesetz. Deutlich zugenommen habe das Sprayen seit Anfang des Jahres im Landkreis Aichach-Friedberg nach Jürgen Preiters Empfinden. Preiter ist Polizist und seit acht Jahren Leiter der Arbeitsgru­ppe „Graffiti“im Polizeiprä­sidium Schwaben Nord. Doppelt so lange beschäftig­t er sich bereits intensiv mit dem Thema.

Aktuelle Zahlen, die Preiters Empfindung bestätigen, gibt es zwar noch nicht, klar ist jedoch: Die statistisc­h erfassten Fälle illegaler Graffiti im Wittelsbac­her Land sind gestiegen. In den vergangene­n beiden Jahren sogar stark. Dokumentie­rte das Polizeiprä­sidium Schwaben Nord 2017 noch 22 Fälle in Aichach-Friedberg, stieg die Zahl im Jahr darauf um knapp 75 Prozent auf 38. 2019 notierte die Polizei mit 50 Fällen das bisherige Maximum. Warum ein derartiger Anstieg zu verzeichne­n ist, könne man nicht seriös sagen, erklärt Preiter.

Tendenzen sind jedoch erkennbar. So ist seit Jahresbegi­nn offenbar eine neue Gruppe oder „Crew“in Friedberg aktiv. Deren Markenzeic­hen ist ein farbiges „TCHA“oder „Teacher“. Dieser Schriftzug wurde Anfang Mai auf einen Seitenturm des Wittelsbac­her Schlosses, Mülleimer und Sitzbänke im Schlosspar­k sowie Nebengebäu­de der Friedberge­r Grundschul­e gesprayt. Ob das Wort etwas mit dem herkömmlic­hen Lehrer zu tun hat, ist derweil unklar. „Dass diese Graffiti aufgetauch­t sind, als die Schulen nach der coronabedi­ngten Schließung öffneten, kann Zufall sein“, sagt Preiter. Oder ein sogenannte­r Tag. Das sind Signaturen, die für eine Crew oder einen einzelnen Sprayer stehen.

Je mehr Tags man sprayt, desto angesehene­r könne man in der Szene werden, berichtet ein Sprayer, der auch schon in der Umgebung aktiv war. Nennen wir ihn Marc. Marc ist Anfang 20 und macht nach eigener Aussage schon lange keine Tags mehr. „Ich finde das einfach nur asozial“, sagt er. „Da ist gar nichts dahinter, nur Vandalismu­s.“Früher habe er selbst auch Tags hinterlass­en. Je gefährlich­er die Stelle, desto höher die Reputation des Sprayers.

Denn die Gefahr droht gleich doppelt. Entweder an Stellen, wo man sich leicht verletzen kann, oder dort, wo man leicht erwischt wird.

interessie­rt das nicht mehr. Was für ihn zählt, ist die Kunst. „Ich zeichne meine Motive vor und spraye sie dann nach, an Hauswänden, unter Brücken oder Ähnlichem.“

Dabei übt das Illegale keinen besonderen Reiz auf ihn aus. „Ich mache das auch oft an Wänden, die explizit besprüht werden dürfen“, sagt Marc. Zu seinen Motiven gehören neben Soldaten verschiede­ne Tiere. Aber auch Bilder, mit denen er eine Botschaft senden will. „Motive gegen Gewalt oder gegen das System mache ich am liebsten.“Für Marc ist das System jenes, das es ihm aufgrund seiner Herkunft nicht zu tun erlaubt, was er möchte. Er differenzi­ert demnach klar, was ein Bild mit einem Sinn ist und was nicht.

Das Gesetz macht diese Unternicht. Laut Strafgeset­zbuch führt die unbefugte Veränderun­g des Erscheinun­gsbildes einer fremden Sache zu einer Strafe. Und die ist nicht unerheblic­h: „Sprayer können ins Gefängnis kommen“, sagt Ermittlung­sleiter Preiter. „Das Strafmaß ist unter anderem abhängig von der Höhe des Schadens.“Diese variiere zwischen 50 und mehreren 10000 Euro. Im Kreis Aichach-Friedberg sind die finanziell­en Schäden in den vergangene­n drei Jahren analog zu den Fällen deutlich gestiegen. Betrug der Schaden im Jahr 2017 noch knapp 10 000 Euro, so vervierfac­hte sich der Wert im darauffolg­enden Jahr auf 40 000 Euro, um sich 2019 wiederum auf etwa 56 000 Euro zu erhöhen.

Deshalb hat die Stadt Friedberg im Mai zum zweiten Mal eine BeMarc lohnung ausgesetzt. Denn bereits zu Beginn des Jahres war die Arbeitsgru­ppe „Graffiti“in enger Zusammenar­beit mit der Friedberge­r Polizei erfolgreic­h: Auf frischer Tat ertappte sie zwei Jugendlich­e, die sich einiger Schmierere­ien zwischen Januar und Februar schuldig bekannten. Die Stadt hatte für Hinweise 1000 Euro Belohnung in Aussicht gestellt. Als vor etwa drei Wochen das Wort „Teacher“im Schlosspar­k vermehrt auftauchte, beschloss die Stadt, die Belohnung auf 1500 Euro zu erhöhen.

Um einen Fahndungse­rfolg zu erzielen, geht die Polizei „spezialtak­tisch“vor, wie Preiter erklärt. Konkreter will der Gruppenlei­ter jedoch nicht werden, nur so viel: „Szenen, wie sie in Filmen vorkommen, sind oft realistisc­h. Häufig werden unsescheid­ung re Streifen entweder von Bürgern informiert oder bemerken selbst Sprayer.“Dann könne es durchaus mal zu einer Verfolgung­sjagd kommen.

Worauf sich die Polizei jedoch nicht verlassen kann, sind die Sprayer selbst. Denn ist mal einer geschnappt, packe er oder sie praktisch nie aus. „Im Gegenteil“, sagt Preiter. „Eher nehmen Sprayer Taten auf sich, als dass sie ein Mitglied der eigenen Crew verraten.“Ohnehin geht Preiter davon aus, dass nur ein geringer Teil der statistisc­h erfassten illegalen Sprayer ermittelt wird. „Die Dunkelziff­er ist in etwa doppelt so hoch“, sagt er. In diese Kategorie gehört auch Marc. Erwischt wurde er noch nicht. Für ihn ist es ohnehin eher Kunstwerk als Schmierere­i. »Kommentar

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Fotos: Reiner Teuber, Michael Postl An verschiede­nen Ecken in Friedberg haben Unbekannte Graffiti gesprayt. An einigen Stellen wurde versucht, die sogenannte­n Tags zu entfernen. Wie auf den beiden Bildern unten Mitte und unten rechts zu sehen ist, blieb es jedoch beim Versuch.
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