Trotz Abriss: Reese-Retter geben noch nicht auf
Die Zeit läuft der Bürgerinitiative zum Erhalt von Kantine & Co. in Kriegshaber davon. Doch die Aktiven wollen noch mal auf die Stadträte zugehen – und fühlen sich von Baureferent Gerd Merkle (CSU) zu Unrecht abgekanzelt
Obwohl der Abriss der historischen Kasernengebäude auf dem ReeseAreal in Kriegshaber bereits läuft, hofft die Bürgerinitiative zum Erhalt der Gebäude doch noch auf einen Stopp der Arbeiten. Die Initiative setzt sich dafür ein, dass mehrere Gebäude erhalten bleiben – etwa die ehemalige „Kantine“, die KradHalle und mehrere frühere Mannschaftsgebäude, die aktuell teils noch von Künstlern des Kulturparks West genutzt werden. Die Chancen für einen Erhalt des historischen Areals schwinden jedoch. In der vorigen Woche bekräftigte der Stadtrat noch einmal mehrheitlich, dass die einstigen Kasernengebäude verschwinden und Platz machen sollen für neue Wohngebäude.
Alex Blümel, Sprecherin der Initiative „Augsburgs Erbe erhalten“, sagt: „Wir bedauern es, dass man unsere Argumente und die Expertisen von Fachleuten, die wir vorgetragen haben, offensichtlich nicht ernst nimmt.“Die Bürgerinitiative fühle sich abgekanzelt von Baureferent Gerd Merkle (CSU). Merkle hatte im Stadtrat ausführlich begründet, weshalb die Stadtverwaltung einen Abriss befürwortet. Er nannte dafür unter anderem die Kosten für die Beseitigung von Altlasten und den erforderlichen Platz für neuen Wohnraum. Außerdem, so argumentierte er, seien weder die aus der Wehrmachtszeit stammenden Bauten noch der große, versiegelte Exerzierplatz erhaltenswert.
Die Bürgerinitiative bedaure es, dass Merkle nicht bereit dazu sei, auf die Argumente einzugehen, sagt Blümel. Die Initiative hatte unter anderem eine Einschätzung von Stefan Lindl vom Lehrstuhl für Europäische Regionalgeschichte der Uni Augsburg vorgelegt. Er stellt fest, dass der Erhalt der Bestandsgebäude dem Viertel eine historische Komponente geben könne, die für dessen Identitätsbildung wichtig sei. In seinem Kurzgutachten heißt es: „Die baulichen Bestandsreste des ReeseKasernen-Areals ließen sich im Sinne einer Kultur der Nachhaltigkeit nutzen, um ein authentisches Stadtviertel zu schaffen, das völlig einzigartige Züge trägt.“Alex Blümel sagt, die Initiative werde darauf reduziert, dass es ihr angeblich darum gehe, Bauten aus der Nazi-Zeit zu erhalten. Blümel widerspricht: „Es geht um die Geschichte des 20. Jahrhunderts.“Wichtig seien die rund 50 Jahre der US-Armee in Augsburg, vergessen dürfe man auch nicht die kulturelle Nutzung der vergangenen rund 20 Jahre. Die Initiative kritisiert auch, die Stadtverwaltung agiere nicht transparent. Die Gutachten zur Schadstoffbelastung der Häuser etwa würden geheim gehalten. Nur Stadträte dürften sie einsehen, aber nicht darüber reden. Dass bei einem Erhalt der alten Häuser weniger Wohnungen entstehen könnten, glauben die Reese-Retter nicht. Blümel sagt, die Initiative wolle nun noch mal auf Stadträte zugehen und sie bitten, die Aussagen der Stadtverwaltung zu hinterfragen. Sie bekämen für ihr Engagement auch Zuspruch von ehemaligen US-Soldaten, die in Augsburg stationiert waren.
Die Initiative wolle auch noch einmal Beispiele aus anderen Städten aufzeigen, wo alte Kasernengebäude teils erhalten und neu belebt wurden. Etwa das sogenannte französische Viertel in Tübingen, wo in ehemaligen Mannschaftgebäuden ein Studentenwohnheim und barrierefreie Wohnungen entstanden seien. Die Initiative könnte sich ein lebendiges Stadtteilzentrum vorstellen, mit Kleingewerbe, Gastro und Läden. Der Exerzierplatz müsse nicht zwingend frei bleiben, er könne auch bebaut werden. Blümel sagt, es gebe keinen Grund, jetzt alles abzureißen. Man könne den Architektenwettbewerb abwarten, der ohnehin geplant sei. Wenn am Ende dieses Wettbewerbs doch ein Abriss stehe, könne man damit leben. Aber jetzt ohne Not Fakten zu schaffen sei ein großer Fehler.