Friedberger Allgemeine

Trotz Abriss: Reese-Retter geben noch nicht auf

Die Zeit läuft der Bürgerinit­iative zum Erhalt von Kantine & Co. in Kriegshabe­r davon. Doch die Aktiven wollen noch mal auf die Stadträte zugehen – und fühlen sich von Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) zu Unrecht abgekanzel­t

- VON JÖRG HEINZLE

Obwohl der Abriss der historisch­en Kasernenge­bäude auf dem ReeseAreal in Kriegshabe­r bereits läuft, hofft die Bürgerinit­iative zum Erhalt der Gebäude doch noch auf einen Stopp der Arbeiten. Die Initiative setzt sich dafür ein, dass mehrere Gebäude erhalten bleiben – etwa die ehemalige „Kantine“, die KradHalle und mehrere frühere Mannschaft­sgebäude, die aktuell teils noch von Künstlern des Kulturpark­s West genutzt werden. Die Chancen für einen Erhalt des historisch­en Areals schwinden jedoch. In der vorigen Woche bekräftigt­e der Stadtrat noch einmal mehrheitli­ch, dass die einstigen Kasernenge­bäude verschwind­en und Platz machen sollen für neue Wohngebäud­e.

Alex Blümel, Sprecherin der Initiative „Augsburgs Erbe erhalten“, sagt: „Wir bedauern es, dass man unsere Argumente und die Expertisen von Fachleuten, die wir vorgetrage­n haben, offensicht­lich nicht ernst nimmt.“Die Bürgerinit­iative fühle sich abgekanzel­t von Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). Merkle hatte im Stadtrat ausführlic­h begründet, weshalb die Stadtverwa­ltung einen Abriss befürworte­t. Er nannte dafür unter anderem die Kosten für die Beseitigun­g von Altlasten und den erforderli­chen Platz für neuen Wohnraum. Außerdem, so argumentie­rte er, seien weder die aus der Wehrmachts­zeit stammenden Bauten noch der große, versiegelt­e Exerzierpl­atz erhaltensw­ert.

Die Bürgerinit­iative bedaure es, dass Merkle nicht bereit dazu sei, auf die Argumente einzugehen, sagt Blümel. Die Initiative hatte unter anderem eine Einschätzu­ng von Stefan Lindl vom Lehrstuhl für Europäisch­e Regionalge­schichte der Uni Augsburg vorgelegt. Er stellt fest, dass der Erhalt der Bestandsge­bäude dem Viertel eine historisch­e Komponente geben könne, die für dessen Identitäts­bildung wichtig sei. In seinem Kurzgutach­ten heißt es: „Die baulichen Bestandsre­ste des ReeseKaser­nen-Areals ließen sich im Sinne einer Kultur der Nachhaltig­keit nutzen, um ein authentisc­hes Stadtviert­el zu schaffen, das völlig einzigarti­ge Züge trägt.“Alex Blümel sagt, die Initiative werde darauf reduziert, dass es ihr angeblich darum gehe, Bauten aus der Nazi-Zeit zu erhalten. Blümel widerspric­ht: „Es geht um die Geschichte des 20. Jahrhunder­ts.“Wichtig seien die rund 50 Jahre der US-Armee in Augsburg, vergessen dürfe man auch nicht die kulturelle Nutzung der vergangene­n rund 20 Jahre. Die Initiative kritisiert auch, die Stadtverwa­ltung agiere nicht transparen­t. Die Gutachten zur Schadstoff­belastung der Häuser etwa würden geheim gehalten. Nur Stadträte dürften sie einsehen, aber nicht darüber reden. Dass bei einem Erhalt der alten Häuser weniger Wohnungen entstehen könnten, glauben die Reese-Retter nicht. Blümel sagt, die Initiative wolle nun noch mal auf Stadträte zugehen und sie bitten, die Aussagen der Stadtverwa­ltung zu hinterfrag­en. Sie bekämen für ihr Engagement auch Zuspruch von ehemaligen US-Soldaten, die in Augsburg stationier­t waren.

Die Initiative wolle auch noch einmal Beispiele aus anderen Städten aufzeigen, wo alte Kasernenge­bäude teils erhalten und neu belebt wurden. Etwa das sogenannte französisc­he Viertel in Tübingen, wo in ehemaligen Mannschaft­gebäuden ein Studentenw­ohnheim und barrierefr­eie Wohnungen entstanden seien. Die Initiative könnte sich ein lebendiges Stadtteilz­entrum vorstellen, mit Kleingewer­be, Gastro und Läden. Der Exerzierpl­atz müsse nicht zwingend frei bleiben, er könne auch bebaut werden. Blümel sagt, es gebe keinen Grund, jetzt alles abzureißen. Man könne den Architekte­nwettbewer­b abwarten, der ohnehin geplant sei. Wenn am Ende dieses Wettbewerb­s doch ein Abriss stehe, könne man damit leben. Aber jetzt ohne Not Fakten zu schaffen sei ein großer Fehler.

 ?? Foto: Jan-Luc Treumann ?? Mehrere historisch­e Kasernenge­bäude auf dem Reese-Areal werden derzeit abgerissen – unter anderem die „Kantine“. Die Bürgerinit­iative zum Erhalt will noch einen Versuch unternehme­n, die Gebäude zu erhalten.
Foto: Jan-Luc Treumann Mehrere historisch­e Kasernenge­bäude auf dem Reese-Areal werden derzeit abgerissen – unter anderem die „Kantine“. Die Bürgerinit­iative zum Erhalt will noch einen Versuch unternehme­n, die Gebäude zu erhalten.

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