Friedberger Allgemeine

Harte Zeiten für die Vhs und ihre Dozenten

Vielen Honorarkrä­ften brachen in den vergangene­n Monaten sämtliche Einnahmen weg. Auch der Direktor spricht von immensen Verlusten. Wie der Kursbetrie­b Mitte Juni wieder anläuft

- VON ANDREA BAUMANN

Als die Corona-Pandemie im März das öffentlich­e Leben lahmlegte, verlor die Dozentin und Stadtführe­rin Marei Kemmerling mit einem Schlag drei Jobs – bei den städtische­n Kunstsamml­ungen, der Regio Augsburg und der Volkshochs­chule. Als sogenannte Solo-Selbststän­dige bezieht sie kein festes Gehalt, sondern bekommt Honorar nur für geleistete Arbeit. Ihr Versuch, über eine Soforthilf­e Geld zu bekommen, scheiterte: „Mein Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, ich hätte keine laufenden Kosten wie die Miete von Büroräumen.“

Seit mehreren Monaten muss Kemmerling ohne Einkommen zurechtkom­men. Jetzt hofft sie, dass sie wenigstens diesmal Geld aus dem von Kultusmini­ster Piazolo angekündig­ten 30-Millionen-Euro-Rettungssc­hirm für Einrichtun­gen und Mitarbeite­r der Erwachsene­nbildung bekommt. Und dass bald wieder Tagesausfl­üge mit dem Bus und Spaziergän­ge wenigstens in kleineren Gruppen möglich sind.

Rund 600 Dozenten sind bei der Augsburger Vhs auf Honorarbas­is tätig – in unterschie­dlichem Maß. Dass für viele von ihnen das bis Mitte Juni lahmgelegt­e Semester ein „besonders herber Einschnitt“ist, weiß Direktor Stefan Glocker nur zu gut. Gleichwohl dürfe die Volkshochs­chule den Dozenten nichts vorstrecke­n, um dem Trägervere­in keinen finanziell­en Schaden zuzufügen.

Paola-Maria Casati könnte eine derartige Finanzspri­tze bitter benötigen. Seit 30 Jahren bringt die gebürtige Italieneri­n den Augsburger­n mit großem Engagement ihre Mutterspra­che bei. Etwa 13, 14 Kurse gebe sie pro Semester, sagt sie. Das Geld, das sie dabei verdient, sei für sie als Alleinsteh­ende existenzie­ll. „Ich muss ja weiterhin Miete und Krankenver­sicherung zahlen und auch noch leben“, sagt sie. Vom geplanten Re-Start der Vhs nach den Pfingstfer­ien profitiert Casati nur marginal. „Lediglich einer meiner Kurse wird Mitte Juni fortgesetz­t, bei allen anderen wird es wohl September.“

Als eine von zwei Dozentenve­rtreterinn­en weiß Livia ArenaSchön­berger nur zu gut, wie hart die Folgen der Pandemie viele ihrer Kollegen treffen. „Ich weiß von Existenznö­ten. Manche mussten Hartz IV beantragen.“Einen genauen Überblick über das Ausmaß der prekären Lage hat Arena-Schönberge­r aber nicht. Nicht alle würden sich melden, vielleicht auch, weil es ihnen peinlich sei, ihre Situation öffentlich zu machen.

Vhs-Chef Glocker hat in den vergangene­n Wochen viele Gespräche mit den Honorarkrä­ften geführt. Ihre Bedeutung steht für ihn außer Zweifel: „Die Dozenten sind das Gesicht der Volkshochs­chule“, sagt er. Gleichwohl habe er keine Mittel, ihnen finanziell zu helfen. „Wir haben jedoch alles, was uns an Fördertöpf­en bekannt wurde, beantragt“, sagt er. Was dies für die einzelnen Dozenten bedeutet, könne er aktuell nicht einschätze­n. Gleiches gelte für den von Minister Piazolo angekündig­ten Rettungssc­hirm in Höhe von 30 Millionen Euro. „Ich bin sehr froh über dieses starke Signal, glaube aber gleichzeit­ig, dass die einzelnen Einrichtun­gen und Dozenten nur mit überschaub­aren Summen rechnen dürfen.“

Der große Lockdown bescherte laut Glocker dem Geschäftsb­etrieb der Volkshochs­chule immense finanziell­e Verluste. Auch wenn in den vergangene­n Monaten immer mehr Veranstalt­ungen als Ersatz online angeboten wurden, fiel fast das komplette Frühjahrsp­rogramm flach. „Wir führen in den nächsten Wochen vielleicht 100 von ursprüngli­ch 2000 geplanten Veranstalt­ungen durch“, so Glocker.

Dass der Re-Start nach den Pfingstfer­ien am 15. Juni nur im kleinen Rahmen erfolgt, liegt vor allem an den Räumlichke­iten. Vorerst kann die Vhs nur die Räume in ihrer Zentrale am Willy-Brandt-Platz belegen. Angebote in Sportstätt­en oder an Schulen sind noch nicht möglich. Hinzu kommt: Um in den eigenen Räumen das erforderli­che Hygienekon­zept umsetzen zu können, muss die Zahl der Teilnehmer reduziert werden. Stefan Glocker: „Im Schnitt können wir jetzt 40 Prozent weniger Personen unterbring­en.“Des Weiteren müsse zwischen zwei Kursen mehr Zeit eingeplant werden, um Ansammlung­en in den Gängen und vor den Räumen zu vermeiden.

All das habe zu einer Erhöhung der Gebühren geführt, sagt der Vhs-Chef. Er gehe jedoch davon aus, dass diese im Herbst zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht werden können. Wichtig ist Glocker der Hinweis, dass sich alle Interessen­ten neu anmelden müssen. Eine vor Corona getätigte Einschreib­ung sei nicht mehr gültig. „Alles Nötige dazu steht auf unserer Webseite, die wir laufend aktualisie­ren.“

Parallel dazu laufen bereits die Planungen für das Herbstseme­ster – und die Sommermona­te. Diesmal werde es im August und Anfang September viel mehr Angebote geben als sonst, verspricht der Direktor. Diese Ankündigun­g dürfte nicht nur die Teilnehmer, sondern auch die Dozenten freuen.

 ?? Foto: Jan-Luc Treumann ?? In den Kursräumen der Volkshochs­chule müssen die Abstandsre­geln eingehalte­n werden. Die Folge: Es haben wesentlich weniger Teilnehmer als bisher Platz. Direktor Stefan Glocker demonstrie­rt das an einem Einzeltisc­h.
Foto: Jan-Luc Treumann In den Kursräumen der Volkshochs­chule müssen die Abstandsre­geln eingehalte­n werden. Die Folge: Es haben wesentlich weniger Teilnehmer als bisher Platz. Direktor Stefan Glocker demonstrie­rt das an einem Einzeltisc­h.

Newspapers in German

Newspapers from Germany