Friedberger Allgemeine

Spukt es in diesem Laden am Obstmarkt?

Teehändler­in Angelika Holaschke glaubt nicht an Geister, aber in ihrem Geschäft passieren seltsame Dinge

- VON INA MARKS

Eigentlich ist nicht die richtige Zeit für Spukgeschi­chten. Halloween ist vorbei und ohnehin ist die Realität in diesen Tagen gruselig genug. Doch es gibt einen Laden in Augsburg, in dem seit Jahren Sonderbare­s passiert, das sich niemand erklären kann. Zudem hat eine Wissenscha­ftlerin Erstaunlic­hes aus der Vergangenh­eit herausbeko­mmen.

Angelika Holaschke ist eine bodenständ­ige, fleißige Einzelhänd­lerin. Seit knapp 20 Jahren führt sie einen Teefachhan­del am Obstmarkt in der Innenstadt. Bis vor rund 14 Jahren nutzte Holaschke noch die Räumlichke­iten im Erdgeschos­s, in denen heute das Musicland untergebra­cht ist. Doch dann übernahm der Platten-, CD- und Bücherlade­n die oberen Räume und die Händlerin zog mit ihren großen Teedosen nach unten in den Keller. Dort lebt sie vorwiegend von Stammkunde­n. Laufkundsc­haft kommt schließlic­h keine vorbei. Man muss schon wissen, dass sich da unten ein Teehandel verbirgt, der über den Hinterhof zugänglich ist. Holaschke, die auch Lokale mit Tee beliefert, ist zufrieden mit ihrem Kellergesc­häft. Allerdings passiert dort immer wieder Sonderbare­s. Manchmal, wenn sie am Morgen ihren Laden betritt, stehen ein paar der großen Teedosen offen, erzählt sie. „Ich weiß aber hundertpro­zentig, dass ich sie am Vorabend zugemacht hatte. Denn offene Teedosen sind ein absolutes No-Go, weil sonst das Aroma verfliegt“, sagt die 55-Jährige. Ihr Blick wandert zum Holzregal, in denen die wuchtigen Gefäße stehen. Seltsam finde sie es. Und dann ist da noch die Sache mit dem Teppich.

Es ist eine Art Schmutzfan­gmatte, die in dem Kellerraum liegt, schwer und rutschfest. Seit Jahren aber wandere der Teppich immer wieder durch den Raum. Am nächsten Tag liege er an anderer Stelle, sei manchmal umgeschlag­en, so die Händlerin. Angelika Holaschke muss kurz lachen, während sie davon berichtet. Die Einzelhänd­lerin sagt, sie finde diese Beobachtun­gen selbst absurd, aber sie seien nun einmal da. Während Holaschke von den für sie unerklärli­chen Vorkommnis­sen erzählt, ist sie nicht alleine. Tanja

Krapf vom Musicland und ihre Mitarbeite­rin Susanne Wosnitzka, die über dem Teeladen arbeiten, stehen neben ihr und hören zu. Oft schon haben sich die Frauen darüber unterhalte­n und sich den Kopf zerbrochen. Für Wosnitzka waren auch Holaschkes Schilderun­gen der Anlass, in der Historie des Obstmarkte­s zu stöbern.

Neben dem Job im Musicland ist das Forschen nämlich ihr eigentlich­er Beruf. Wosnitzka hat Musikwisse­nschaft, europäisch­e Ethnologie/Volkskunde, klassische Archäologi­e und Kunstgesch­ichte studiert. Die Augsburger­in betreibt seit Jahren Stadtgesch­ichtsforsc­hung. Was den Laden am Obstmarkt angeht, ist sie auf Folgendes gestoßen.

An der Stelle, wo sich heute Musikund Teegeschäf­t befinden, stand einst ein Hotel mit den Namen „Eisenhut“. Wie Susanne Wosnitzka recherchie­rt hat, trafen sich dort in den 1840er-Jahren auch Kulturgese­llschaften, Sänger und Jodler, um gemeinsam zu musizieren. „Vor dem Eisenhut ging auch der Stellwagen, eine Art Omnibus per Pferd, nach Donauwörth ab. Da gab es die Eisenbahns­trecke über Oberhausen noch nicht.“Im Eisenhut sollen die Schneckenn­udeln besonders beliebt gewesen sein – aber das nur am Rande. Denn im Jahr 1842 hatten sich im Hotel zwei Todesfälle ereignet.

„Es starb ein Gast im Bett“, erzählt die Wissenscha­ftlerin und fügt hinzu: „Allerdings soll er schon leidend angekommen sein.“Der weitere Todesfall mutet dramatisch­er an. Eine Magd stürzte in die Senkgrube. Sie schaffte es aus der Abwassergr­ube nicht mehr heraus und starb. Die drei Frauen scherzen: „Vielleicht war diese Grube genau hier unter diesem Keller?“An eine spukende Magd oder weitere ruhelose Seelen, die Teedosen heimlich öffnen oder den Teppich verschiebe­n, glauben sie freilich nicht. Aber seltsam finden sie die Vorkommnis­se schon – und unerklärli­ch.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Dieser Teppich in dem Geschäft gibt Rätsel auf.

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