Friedberger Allgemeine

Die Pistenpoli­zistin

Als Tourismusm­inisterin hat Elisabeth Köstinger eine der heikelsten Aufgaben in der österreich­ischen Regierung: Sie soll den Wintertour­ismus retten

-

Sie gehört zu jenem engen Kreis in der konservati­ven Österreich­ischen Volksparte­i (ÖVP), mit dem sich Sebastian Kurz seit Beginn seines politische­n Aufstiegs umgibt: Tourismusm­inisterin Elisabeth Köstinger ist eine getreue Gefolgsfra­u des Kanzlers – und seit Ausbruch der Corona-Pandemie kommt ihr auch eine zentrale Rolle in der Regierung zu: der Kampf um den (Winter-)Tourismus, für den es in der anstehende­n Saison alles andere als rosig aussieht. Unermüdlic­h rückt die gebürtige Kärntnerin, die gerade erst ihren 42. Geburtstag gefeiert hat, seit dem Frühjahr für ihren Chef aus, um für die für Österreich wirtschaft­lich bedeutsame Branche zu retten, was zu retten ist.

Vor dem Sommer initiierte Köstinger ein Corona-Testprogra­mm samt Hygienekon­zept für die Angestellt­en in den Hotels und im Gastgewerb­e

– mit dem Ziel, Sommertour­ismusorte in den Alpen für ausländisc­he Gäste sicher zu machen. Das 150 Millionen Euro teure Projekt allerdings floppte, obendrein hagelte es Kritik aufgrund einer möglichen Einbindung des Beratungsu­nternehmen­s McKinsey.

Nun setzt sich die ehemalige Kommunikat­ionsberate­rin Köstinger, seit Juli 2018 Mutter eines kleinen Sohnes, mit ganzer Kraft für den Skitourism­us ein – man lasse sich in Österreich von außen nicht vorschreib­en, ob man die Saison eröffne, wird die Ministerin nicht müde zu betonen. Ihre letzte Idee: Die Polizei solle auf den Pisten präsent sein und dafür sorgen, dass die Abstands- und Sicherheit­smaßnahmen von den Touristen auch eingehalte­n werden.

Tourismus und Landwirtsc­haft sind Köstingers ureigenste Bastion. Ihre politische Heimat ist der Bauernbund, dessen Vizepräsid­entin sie bereits seit 2009 ist. Im selben Jahr ließ sie sich für die ÖVP ins Europaparl­ament wählen. Damalige Kollegen aus anderen Fraktionen beschreibe­n sie als „verbissene Lobbyistin für die Sparten Landwirtsc­haft und Tourismus“. Keine großen Änderungen im System, das sei beim Thema Bauern ihre Devise gewesen. Mit Grünen und Liberalen habe es zwar eine gute Basis gegeben, ehemalige sozialdemo­kratische Abgeordnet­e aber beschreibe­n sie als „Sozialiste­nfresserin“. Liegen könne das an ihrer politische­n Sozialisat­ion in Kärnten, wo man es als ÖVP-Politikeri­n traditione­ll schwerhat. Während Sozialdemo­kraten aber auf der persönlich­en Ebene ein gutes Einvernehm­en mit Köstinger bestätigen, dürfte das für einige Grüne, mit denen Köstinger nun als Juniorpart­ner in der Bundesregi­erung zusammenar­beitet, nicht so gut laufen: Ruppig und schwierig im Umgang sei sie, ist zu hören.

Nach der Übernahme der Partei durch Kurz stieg Köstinger zur Generalsek­retärin auf und nach dessen Wahlsieg stellte sie einen Rekord auf: Mit nur 39 Tagen im Amt ist sie die kürzestdie­nende Parlaments­präsidenti­n aller Zeiten – ein Warteposte­n auf das Ministeram­t für Tourismus und Landwirtsc­haft, das Köstinger danach antrat, lautete damals die Kritik. Werner Reisinger

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany