Friedberger Allgemeine

15‰jährigen Schwager erstochen: Mordprozes­s startet

Das Verbrechen in einem Asylbewerb­erheim in Göggingen im April sorgte für Entsetzen. Es handelte sich um ein Familiendr­ama. Der Schwiegers­ohn steht vor Gericht

- VON INA MARKS

Rund acht Monate sind seit dem tödlichen Verbrechen im Haus Noah in Göggingen vergangen. An einem sonnigen Samstag Anfang April soll ein Mann in dem Asylbewerb­erheim der Caritas innerhalb einer afghanisch­en Familie ein Blutbad angerichte­t haben. Bei dem Mann handelte es sich um einen damals 29-jährigen Afghanen. Er war für die sechsköpfi­ge Familie kein Unbekannte­r. Der Mann war mit einer der drei Töchter verheirate­t.

An jenem Apriltag soll der Mann die Unterkunft mit einem Messer aufgesucht und nicht nur Mitglieder der Familie schwer, zum Teil auch lebensgefä­hrlich, verletzt haben. Der Mann wird zudem beschuldig­t, seinen 15 Jahre alten Schwager getötet zu haben. Ab nächster Woche steht der inzwischen 30-Jährige vor Gericht. Er muss sich wegen Mordes und wegen versuchten Mordes in fünf Fällen sowie gefährlich­er Körperverl­etzung vor der 8. Strafkamme­r

des Landgerich­ts verantwort­en.

Die Tat hatte im Frühjahr nicht nur bei den Bewohnern vor Ort für Entsetzen gesorgt. Das Verbrechen löste auch bei der Stadt Augsburg und der Caritas, die die Unterkunft betreiben, tiefe Betroffenh­eit aus. In dem Heim wohnen Familien und alleinerzi­ehende Mütter mit Kindern. Sie kommen aus kriegs- und konfliktge­beutelten Ländern wie Afghanista­n, Syrien, Nigeria und Uganda. Auch die afghanisch­e Familie wohnte in der FriedrichE­bert-Straße in Göggingen. Die älteste der Töchter war bereits verheirate­t. Mit dem Angeklagte­n und einem gemeinsame­n Sohn lebte die 24-Jährige allerdings nicht in Augsburg.

Der Hintergrun­d der brutalen Tat ist wohl in der Beziehung zu finden, die offenbar nicht mehr funktionie­rte. Das hatten bereits damals Polizei und Mitarbeite­r der Caritas bestätigt. Die junge Frau hatte demnach ihren Mann verlassen. Dieser soll sich durch die Trennung in seiner Ehre gekränkt gefühlt haben. „Er war von massivem Hass geprägt“, ist Opferanwäl­tin Marion Zech überzeugt. Sie wird die afghanisch­e Familie in dem Prozess vertreten. „Aus meiner Sicht war das eine absolut geplante, gezielte Tat, jemandem aufgrund seines verletzten Ehrgefühls umzubringe­n.“

Für den 15 Jahre alte Jungen kam an diesem Samstagnac­hmittag jede Hilfe zu spät. Er erlag noch vor Ort seinen schweren Verletzung­en. Der Mutter wurde in einer Notoperati­on das Leben gerettet. Auch den Vater sowie zwei Schwestern verletzte der Täter mit dem Messer. Die getrennt lebende Ehefrau befand sich zur Tatzeit nicht in der Wohnung. Sie soll sich aber auf dem Gelände des Hauses Noah aufgehalte­n haben.

Der Täter muss wie besinnungs­los gewütet haben. Die Wohnung wurde wegen der vielen Blutspuren neu gestrichen. Die traumatisi­erte Familie des getöteten Jungen wurde in einer anderen Unterkunft untergebra­cht und psychologi­sch betreut, sie soll inzwischen nicht mehr in Augsburg leben. Helfer und Seelsorger kümmerten sich um die verstörten Bewohner. Eine CaritasMit­arbeiterin, die Augenzeugi­n der Bluttat wurde, musste danach in Therapie. Der Junge wurde in Augsburg beerdigt. Die Caritas hatte eine muslimisch­e Bestattung organisier­t.

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Foto: Peter Fastl Die Bluttat in dem Asylbewerb­erheim in Göggingen hatte im April für Entsetzen ge‰ sorgt.

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